Quartierleben
«Ein Tag für das Volk»
Einmal im Jahr öffnet das Waidspital Tür und Tor für die Quartierbevölkerung und gewährt spannende Einblicke in seinen familiären Betrieb.
6. September 2016 — Redaktion Höngger
So viele fröhliche Kinder bekommt das Spital wohl selten zu sehen. Ob beim Reanimieren eines Dummies mit Darth-Vader-Ausrüstung, beim Feuerlösch-Spiel in der Auffahrt oder in der berühmten Teddy-Klinik: Die Kleinen packen mit an, probieren selber aus, wie es wäre Arzt zu sein, zeigen keine Angst vor riesigen Knochenfeilen und unheimlichen Schrauben, die die älteren Besucher auch schon mal an Frankensteins Monster erinnern. Natürlich darf auch dieses Jahr die Teddy-Klinik nicht fehlen: 300 plüschige Patienten werden von richtigen Ärzten untersucht, mit der Diagnose erst einmal zum Röntgen geschickt, dann auf den Operationstisch, wo genäht oder gepflastert wird, je nach Beschwerde kriegt ein Tierchen sogar einen richtigen Gips verpasst. Wie im richtigen Leben muss man auch hier warten, bis man an die Reihe kommt, aber in diesem Wartesaal verkürzt einem ein Zauberer die Zeit.
Blick hinter die Kulissen
Der Spitalrundgang führt als erstes hinunter in die Sterilgutversorgung, wo in mehreren Schritten Operationsbesteck sterilisiert wird, ganz zum Schluss kommt es bei 134 Grad für 18 Minuten in die sogenannte «Autoklave» ─ selbst hartnäckige Keime überleben hier nur wenige Minuten. In den Operationssälen versuchen sich die Gäste als Chirurgen und Orthopäden: Schlüsselloch Chirurgie nennt sich die Technik, bei der man lediglich ein paar Schnitte macht und mit Hilfe einer Kamera und zwei Werkzeugen via Bildschirm im Innern des Körpers operiert. Klingt nicht kompliziert genug? Wer sich an den Magen-Dummie wagt, merkt schnell, wie schwierig es ist, vor zweidimensionalem Hintergrund mit zwei spiegelverkehrt funktionierenden Greifzangen einen kleinen Stöpsel zu greifen und an einem anderen Ort abzulegen. «Das verlangt viel Übung, vor allem die fehlende Räumlichkeit bereitet Schwierigkeiten, weil man leicht umliegendes Gewebe verletzt», erzählt eine junge Operationstechnikerin. Ihre Kollegin arbeitet schon seit 2011 im Waidspital und ist noch immer fasziniert von der Komplexität und Vielseitigkeit ihres Berufs. Man müsse die gesamte Operation vorausplanen, jeden Schritt bedenken. In der Orthopädie sei es ausserdem wichtig, jeden Winkel genau zu berechnen, wenn man beispielsweise ein Implantat einsetze. Der kleinste Fehler könne für die betroffene Person zukünftigen Schmerz bedeuten, erzählt sie, dies sei auch die Herausforderung in diesem Beruf. «So wie in den Fernsehserien läuft das in der Realität nicht ab», lacht sie, «der Arzt sagt nicht einfach «Skalpell» und wir reichen es ihm. Wir wissen, was er wann braucht, müssen ihm also immer einen Schritt voraus sein».
Ohne Zentrale kein Betrieb
Zum ersten Mal im Rundgang vertreten sind auch die Zentralen Betriebsdienste. Seit fast 15 Jahren ist Jörg Widmer hier tätig und zählt auf, was alles nötig ist, um ein solches Spital am Laufen zu halten. Angefangen beim Empfangpersonal, das die Türen am Morgen aufschliesst und alle Mitarbeitenden kennt, über den Notfall, der die richtigen Prioritäten setzen muss bis hin zum Zentraleinkauf, der dafür verantwortlich ist, dass alles immer verfügbar und am richtigen Ort zu finden ist. «Einmal im Jahr gibt es einen Seitenwechsel, dann darf jeder einmal in einer anderen Abteilung mitlaufen. Das letzte Mal war ich bei den Anästhesisten und habe eine Operation im Saal mitgemacht. Das war unglaublich spannend», erzählt er begeistert.
Das Quartierspital
Hinter dem Waidspital mit Aussicht auf die Stadt hauen die Gäste «den Lukas», holen sich ein Autogramm bei den ZSC-Lions-Spielern Mathias Seger und Reto Schäppi oder versuchen mit verbundenen Augen einen Ball in ein Tor zu kicken. «Es soll ein Tag für die Bevölkerung sein, an dem wir auch etwas zurückgeben», sagt Silja Stofer, Leiterin Kommunikation und Marketing. «Natürlich nehmen wir auch Patientinnen und Patienten aus anderen Quartieren der Stadt auf, aber dem Kreis 10 fühlen wir uns schon sehr verbunden. Und dadurch, dass es ein relativ kleines Spital ist, ist auch das Verhältnis unter den Angestellten sehr familiär. All die Fachkräfte, die mithelfen, dass das Fest gelingt, haben sich freiwillig gemeldet». Dieser Enthusiasmus war am Tag der offenen Tür des Spitals auch für die Gäste gut zu spüren.
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