Ein Tässchen Hund gefällig?

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, wie wenig Achtung wir vor anderen Lebewesen haben.

Dagmar Schräder bringt ihre Gedanken aufs Papier. (Foto: dad)

Kürzlich bin ich wieder einem dieser äusserst bedenklichen Auswüchse menschlicher Überheblichkeit begegnet. Bei einer Internetrecherche bin ich über «Teacup-Hunde» gestolpert. Das sind Hunde, die so klein sind, dass sie – zumindest als Welpen – in einer Teetasse Platz haben. Das erreicht man als tüchtige Züchterin ganz einfach, indem man die kleinsten und schwächsten Exemplare eines Zwerghundewurfs nimmt und diese miteinander verpaart.

So erhält man über mehrere Generationen immer winzigere Tiere. Und die sind dann besonders niedlich, weil sie mit ihren riesigen Augen immer im Babylook bleiben. Und ausserdem bequem in jede Handtasche passen. In den sozialen Medien sind sie sehr beliebt. Es gibt «tolle» Fotos, so ein Hündchen in der Kaffeetasse.

Für die Tiere selber ist das allerdings nicht ganz so lustig. Denn sie sind kaum fähig, ein normales Leben zu führen. Der kleine Kopf hat oft keinen Platz mehr fürs Gehirn, sodass es zu einem Wasserkopf kommen kann. Manchmal wachsen auch die Fontanellen nicht zu und das Gehirn kann nicht ausreichend durch Knochen geschützt werden. Weiter ist das Skelett so schwach, dass die Beinchen gerne brechen, wenn sich die Tiere zu schnell bewegen.

Soziale Interaktionen mit anderen Hunden sind deswegen auch keine gute Idee. Klingt völlig absurd, oder? Ist aber Realität. In der Schweiz ist die Zucht mit Hunden, die weniger als 1,5 Kilogramm wiegen, zwar verboten. Aber wer einen solchen Hund sucht, wird im Internet fündig. Und auch Hunde mit geringfügig mehr Gewicht haben die gleichen Probleme.

Natürlich sind dies bei Weitem nicht die einzigen Lebewesen, die von uns malträtiert, misshandelt und nach unserem Modegeschmack geformt und deformiert werden. Ist auch nix Neues, ich habe das schon mehrmals thematisiert. Wir gehen mit Tieren so um, als seien sie unser Privatbesitz und hätten kein Anrecht auf ein gesundes und erfülltes Leben.

Mit all den Tieren, an denen wir ein wirtschaftliches Interesse haben, von denen wir profitieren und mit denen wir Geld verdienen können, mit den Hühnern, den Kühen, Schweinen und Pferden, machen wir das schon seit Jahrhunderten. Wir haben uns schon fast daran gewöhnt, dass sie nur existieren, um unsere Bedürfnisse nach Fleisch und Eier zu erfüllen.

Die «Teacups» sind einfach nur der neueste Auswuchs dieser fragwürdigen Tierliebe. Schliesslich kann man auch unsere treuen Begleiter und besten Freunde noch ein wenig optimieren, damit sie ihre Funktion noch besser erfüllen können: süss aussehen und als schmückendes Accessoire die Fotos noch gelungener machen. Für mehr müssen sie eigentlich nicht da sein.

Ethisch sind wir damit tatsächlich völlig auf den Hund gekommen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wer da noch argumentiert, dass es sich dabei ja «nur» um Tiere handelt: Ich glaube, wer so mit Tieren umgeht, kann auch kein wahrer Menschenfreund sein.

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