Quartierleben
Ein Praktikant für alle Fälle
Vor knapp sieben Jahren titelte diese Zeitung über Fabian Egger: «Influencer in Ausbildung». Heute ist er Profi auf diesem Gebiet und kann eine stolze Followerzahl vorweisen. Der «Höngger» hat nach seinem Erfolgsrezept gefragt.
18. Januar 2025 — Dagmar Schräder
Dass der Höngger Fabian Egger seine Ziele erreicht hat, beweisen die sechs Jungs, die ihn an diesem Vormittag während des Interviews mit dem «Höngger» im Café belagern: Ein Selfie hätten sie gerne – kriegen sie natürlich. Mit ihm befreundet sein auf Snapchat, das wollen sie auch – auch diesen Wunsch erfüllt Egger ihnen. Und zum Schluss noch ein Gruppenbild für diese Zeitung – die Kinder sind happy.
2018 berichtete der «Höngger» bereits einmal über Egger und sein Vorhaben, Influencer zu werden. Damals, so erinnert sich der 26-Jährige, stand er noch ganz am Anfang seiner Karriere und fragte in der Redaktion an, ob es möglich wäre, ein Porträt über ihn zu verfassen. Heute ist es umgekehrt. Rund 300 000 Follower hat «Der Praktikant», wie er sich öffentlich nennt, mittlerweile auf Instagram, Youtube und Tiktok. Und deshalb geschieht das Interview nun auf Wunsch der Redaktion.
Fabian Egger, du lebst von und für die sozialen Medien. Woher kommt diese Faszination und wie bist du auf die Idee gekommen, diese Tätigkeit zu deinem Beruf zu machen?
Fabian Egger: Die Medien haben es mir schon immer angetan. Schon als kleiner Junge habe ich begonnen, mit dem Ipod Videos aufzunehmen. Nach der Matur habe ich angefangen, meine Ziele beruflich zu verfolgen und in unterschiedlichen Medienunternehmen Praktika absolviert. In diesem Zusammenhang entstand auch die Idee für meinen Social-Media-Account: Der «Praktikant» war geboren, als welcher ich 2018 die ersten Kurzvideos auf Youtube hochlud. Parallel dazu habe ich an der ZHAW in Winterthur Kommunikation studiert und dieses Studium 2022 mit der Bachelorarbeit abgeschlossen.
Und seither ist Influencer dein Hauptberuf. Was sind das für Videos, die du auf deinem Kanal veröffentlichst?
Hauptsächlich stelle ich in meinen Videos Freizeitaktivitäten vor. Ich besuche die unterschiedlichsten Orte in der ganzen Schweiz und zeige meinen Followerinnen, was man alles unternehmen kann. Dann gibt es auch noch die Rubrik «Praktikant für einen Tag», in der ich in den verschiedenen Unternehmen einen Tag lang als Aushilfe tätig bin.
Die Videos kommen gut an: Die Zahl deiner Followerinnen auf den verschiedenen Kanälen steigt stetig an. Mittlerweile hast du gemeinsam mit deiner Frau eine GmbH gegründet. Was ist euer Erfolgsrezept?
Ich glaube, das A und O in diesem Bereich ist es, einfach dranzubleiben. Ich habe mir damals vorgenommen, jeden Tag ein Video zu veröffentlichen, von den Dingen, die ich unternehme. Das habe ich durchgezogen, egal was die Leute dazu sagten. Dennoch hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich auf so eine grosse Anzahl Follower gekommen bin. Aber die Kontinuität und Verlässlichkeit haben sich bezahlt gemacht. Wichtig ist es mir gleichzeitig aber auch, die Community immer wieder aufs Neue zu überraschen. Ausserdem achte ich darauf, Dinge zu tun, die mir selber Spass machen – das merkt man den Videos an, denke ich. Und als Erkennungsmerkmal dient auch meine ganz eigene Moderationsart, die sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt hat. Damit habe ich sozusagen meinen Personal Brand aufgebaut. Auch wenn sich manche darüber aufregen, wie ich spreche, ist das für die Bekanntheit gar nicht schlecht. Solange es niemanden verletzt oder beleidigt, ist kontroverses Verhalten durchaus erwünscht.
Wie kommst du auf die Ideen für deine Videos?
Aktivitäten gibt es wie Sand am Meer. Immer neue Angebote schiessen aus dem Boden, das ist ein Thema, das sich nie erschöpft. Und mittlerweile ist es oft so, dass mich die Unternehmen anschreiben und mich fragen, ob ich nicht mal vorbeikommen kann. Dann schreiben mir zum Beispiel die Lernenden: «Der Chef hat gesagt, wir sollen viral gehen, kannst du uns nicht mal besuchen?»
Wie suchst du denn bei all den Anfragen aus, was du machst? Gibt es auch Angebote, die du ablehnst?
Wie gesagt, ich mache hauptsächlich das, was mir selber Spass macht. Aber bei Glücksspielen und Casinos sage ich nein. Oder bei Unternehmen, wo es um Schönheitsoperationen geht. Ich achte auch immer darauf, dass ich nicht nur Aktivitäten präsentiere, die super teuer sind, sondern immer auch Gratisangebote vorstelle, die sich alle leisten können. Es ist mir wichtig, da die Balance zu halten.
Wie läuft die Produktion eines Videos ab, wie muss man sich das vorstellen?
Wenn ein Video auf Auftrag erstellt wird, bespreche ich zuerst mit der Kundschaft, was gewünscht ist. Manchmal wird ein Storyboard erwartet von dem, was wir planen, oft kann ich auch ganz spontan tun, was mir gerade so einfällt, das mag ich am liebsten. Die Moderation mache ich in den meisten Fällen spontan, da lass ich mir auf keinen Fall vorschreiben, was ich zu sagen habe. Wenn es jemand doch versucht, antworte ich ihm: Je mehr der Text der Firma oder dem Chef gefällt, desto weniger mag ihn die Community. Es geht mir um Authentizität und Glaubwürdigkeit bei meinen Präsentationen. Danach schneide ich das Video und schicke es zunächst der Kundschaft zu. Deshalb dauert es nach dem Dreh mittlerweile doch so ein, zwei Wochen, bis das Video online ist. Um meinen Anspruch zu erfüllen, jeden Tag ein Video hochzuladen, brauche ich also einen ziemlich guten Posting-Plan.
Nun gibt es nicht nur den «Praktikanten», sondern auch die «Praktikantin». Wer führt diesen Kanal?
Das ist meine Frau Natalie, die ich während des Lockdowns kennengelernt habe. Sie ist durch mich dazu gekommen, Videos zu produzieren und zu posten. Und weil sie aus Vietnam stammt, moderiert sie ihre Videos auf Englisch. Das ist eine andere Community, die ihr folgt. Viele Expats sind dankbar für die Tipps, die sie gibt. Und auch die Reichweite ist viel grösser – die englischen Videos werden auf der ganzen Welt geschaut. Allerdings veröffentlicht sie nicht ganz so häufig Videos wie ich. Sie braucht ab und zu auch mal eine Pause und etwas Zeit für sich. Ich dagegen könnte eigentlich immer unterwegs sein und Neues veröffentlichen. Wir ergänzen uns da, glaub ich, sehr gut.
0 Kommentare