Ein Nachfahre von Maler Albert Welti erzählt

Der bekannte Maler Albert Welti, welcher vom 18. Februar 1862 bis zum 7. Juni 1912 lebte, wohnte zeitweise in Höngg – wo heute sein Urenkel lebt. Die Redaktorin des «Hönggers» sprach mit Philippe Welti über seinen Urgrossvater.

Philippe Welti vor einem Höngger Bild, welches sein Urgrossvater gemalt hat. «Ich darf es ab und zu bei der Besitzerin besuchen, das schätze ich», sagt er. In den Händen hält er einen Brief-Band von Albert Welti.

«Ich wurde in Holland geboren und kam als Kind in die Schweiz. In Höngg lebe ich seit etwa 13 Jahren – ein spezielles Gefühl, ist doch mein Urgrossvater Albert Welti hier ansässig gewesen», erzählt Philippe Welti, der als Unternehmensberater arbeitet. Die Kommunikationsliebe scheint in der Familie zu liegen: Seine Urgrossmutter Emeline, Albert Weltis Ehefrau, sei eine begnadete Geschichtenerzählerin gewesen, dies habe ihm sein Grossvater erzählt, so Welti – er erzähle und schreibe ebenfalls sehr gerne. «Aber ich kann nicht zeichnen. In diesem Bereich bin ich völlig unbegabt. Dafür malt mein zweijähriger Sohn gerne und oft – was wiederum auf die Welti-Gene schliessen lässt», schmunzelt der 53-Jährige.

Künstlerischen Beruf erkämpft

Albert Welti, aus der Transportunternehmerfamilie Welti-Furrer stammend, war nicht nur Maler, sondern auch Radierer und Grafiker. Seinen Beruf musste er sich erkämpfen: Wegen seinem Vater Jakob Albert Welti-Furrer musste der Künstler eine Fotografenlehre bei seinem Onkel in Lausanne beginnen, die er nach dem ersten Lehrjahr abbrach – zu stark war der Wunsch, vom Zeichnen zu leben. Er besuchte anschliessend 1881 die Akademie in München, wo er sich zum Maler ausbilden liess. 1885 lernte er den Maler Arnold Böcklin kennen, der seinen Stil massgeblich beeinflusst hat. Albert Welti trat später als Schüler in dessen Atelier ein und begann danach als freischaffender Künstler zu arbeiten. Dies ermöglichte nicht zuletzt Franz Friedrich Adolf Rose von Doehlau, ein ostpreussischer Rittergutsbesitzer, der ihn als Mäzen jahrelang unterstützte und ihm ein Schaffen als freier Künstler ermöglichte. Albert Weltis bekanntestes Bild ist das Wandbild «Die Landsgemeinde», eine Auftragsarbeit, die im Bundeshaus in Bern die Südwand des Ständeratssaales bedeckt. Da er starb, bevor das Bild fertig war, vollendete es sein Freund Wilhelm Balmer für ihn. Viele seiner Bilder, die keine Auftragsarbeiten waren, strahlen etwas Dunkles aus und zeigen nicht selten Fabelwesen wie Trolle, Gnome, Feen oder Hexen. «Er malte, was er träumte. Dies sind ab und zu auch Albträume gewesen», weiss Urenkel Philippe Welti. Wer jedoch meint, Albert Welti sei ein dunkler Melancholiker gewesen, der täuscht sich: Er war ein fröhlicher, geselliger Familienmensch, der oft Gäste hatte und bei dem immer etwas lief.

Unzählige Briefe geschrieben

Da der Künstler ebenso gerne schrieb wie malte, kamen seine Bekannten, darunter Hermann Hesse, in den Genuss zahlreicher Briefe. Es wurden 1916 und 1920 sogar zwei Brief-Bände gedruckt, bei deren Durchlesen man sich amüsieren kann und sieht, wie damals gelebt wurde. Am 6. Februar 1885 schrieb er: «Hier in Höngg sind wir immer glücklich und froh und werden’s alle Tage noch mehr» – was wohl mancher Höngger immer noch nachvollziehen kann. Am 8. Mai 1895 vermerkte er: «Ich wollte einmal Studien von dieser ersten Zeit des Frühlingserwachsens haben und malte das Tobelegg von unten vom Tobel aus mit der Familie Welti als Staffage.» Das Patrizierhaus Tobelegg war in Albert Weltis Höngger Zeit, die von 1894 bis 1895 dauerte, das Zuhause von ihm und seiner Familie. Von dort aus malte er die Bilder «Winterlandschaft bei Höngg», das die Kirche, den Chillesteig-Rebberg sowie den Blick ins tiefverschneite Limmattal zeigt. Das «Haus der Träume», auf welchem ein gespensterhafter Geigenspieler seinem Instrument Klänge entlockt, dem eine weibliche Gestalt zuhört, entstand ebenfalls in Höngg. Ein Kinderbildnis von 1895 zeigt seinen Sohn Albert Jakob Welti, der 1894 in Höngg geboren wurde – Philippe Weltis Grossvater.

Über fünf Stunden nach Baden gewandert

«Seit einiger Zeit wandern wir mit Kind und Kegel sonntags aus und halten unsere Picknicks bald da, bald dort. Vor 14 Tagen ging ich mit der Frau und dem Buebi per Kinderwagen bis nach Baden. Wir brauchten fünfeinhalb Stunden, spazierten aber ganz gemütlich. Es war eine ganz prächtige Tour, in Baden nahmen wir zusammen mit dem Buebi ein Bad und fuhren dann per Eisenbahn heim», berichtete er am 3. Juli 1895 in einem Brief. Diese Wanderung nach Baden wäre heute wohl dem einen oder anderen etwas zu lang – nicht zu vergessen, dass die Strecke damals noch nicht so gut ausgebaut war wie heute. Nach diesen zwei Jahren in Höngg wanderte die Familie nach München, der damaligen Kunstmetropole, aus. Von dort aus arbeitete er an seinen Kunstwerken und erlangte gros se Bekanntheit. Mit nur fünfzig Jahren starb Albert Welti dann an einem Herzleiden – zuvor wurde ihm aber noch die Ehrendoktorwürde der Universität Zü- rich verliehen.

Bilder von Bomben verschont

Seine Bilder werden immer wieder an Ausstellungen, unter anderem im Kunsthaus Zürich, im Kunstmuseum Basel und im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen, ausgestellt. Viele davon sind in Privatbesitz. Die Bilder im schaffhausischen Museum zu Allerheiligen haben sogar einen Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg überstanden: «Irrtümlich wurde Schaffhausen mit dem Kloster Allerheiligen von den Amerikanern bombardiert. Wie durch ein Wunder blieben die Bilder meines Urgrossvaters verschont», erzählt Philippe Welti, dessen Urgrossvater und somit auch er mit dem Zürcher Reformator Huldrych Zwingli verwandt sind.

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