Sport
Ein Ball, ein Bier und Oléoléoléoléééééééé
Pünktlich zu dieser Sonderausgabe von für und über Männer hat es auch die Fifa geschafft: Heute Donnerstag beginnt die Fussball-Weltmeisterschaft. Mann kann sich eine Betrachtung nicht verkneifen.
12. Juni 2014 — Fredy Haffner
Nun rollt er wieder, der Ball, und das Runde muss ins Eckige, wie das die deutsche Trainerlegende Sepp Herberger einst so einfach formulierte. Wobei in den meisten Fällen ja das Runde sich damit begnügt, vor dem Eckigen zu sitzen und Bier zu trinken. Es hat den Lieblingssportsender an und alle anderen vorsorglich gelöscht, der TV ist an einem Notstromaggregat angeschlossen. Gestern Mittwoch hat es zum letzten Mal mit seiner weiblichen Gefährtin vegetarisch gegessen und Tee getrunken. Nun sind an 25 Spieltagen Bratwürste und Bier zu Ehren der Schweiz und Caipirinha zu Ehren des Gastgebers angesagt. Es ist WM und somit Ausnahmezustand. Nur wenige existentielle Fundis können sich dem entziehen. Selbst jene, die einen Elfmeter kaum von einem Corner unterscheiden können, fiebern mit. Mindestens so lange, wie die Schweiz mitspielt. Also bis zum 13. Juli, wenn’s recht ist. Ich sag’s ja: 24 Mannschaften und in Leder gefasste Luft und schon hat der Macho in uns freien Auslauf. Irgendwo zwischen Sofa und Kühlschrank. Oder besser noch: bei einem Public Viewing. Das Zauberwort an jeder Ecke für alle Runden und weniger runden. Dort ist es auch für Ungeübte einfach, dem Macho Freigang zu gewähren. In der kollektiven Vorfreude, der Spannung, der Begeisterung und: im erlösenden Schlusspfiffjubel und -frust über Sieg oder Niederlage. Public Viewing ist das Spielfeld, auf dem Nationalismus noch weitgehend schad- und hemmungslos ausgelebt werden darf. Auch von dieser WM wird man im Nachhinein wohl weltweit sagen, sie sei ein friedliches Fest gewesen. Jede Schweizer Meisterschaft bringt, leider, mehr Krawall und Gewalt mit sich als die WM. Ist das vielleicht so, weil nur die WM auch so viele Frauen mobilisiert? Ja, Frauen, liebe Männer: das sind jene Wesen, die zuhause, wenn wir Runden vor dem Eckigen sitzen, meistens nur nerven. Weil Fussball und nicht Dr. House. Weil Chips und nicht Rohkost. Weil Bier und nicht Grüntee. Sie nervten uns – und wir sie! Und deshalb hielten sie es alleine mit ihrem Runden nicht mehr aus und entdeckten das weitaus grössere Eckige des Public Viewing. Was wiederum für uns Männer das Public Viewing gleich doppelt attraktiv macht – wenn wir ehrlich sind. Vielleicht ist das so etwas wie das Wunder von Bern? Ja, Herberger, der war es, der die Deutschen damals im ehrwürdigen Wankdorfstadion gegen Ungarn, neun Jahre nach Kriegsende, zum Weltmeistertitel führte und viele sagen heute noch, das sei die eigentliche Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland gewesen. So mag denn die WM 2014 für viele, die eigentlich nur öffentlich den einen oder anderen Match hatten sehen wollen, die Geburtsstunde für viel mehr sein. Irgendwo zwischen Kater, Liebe und Kindern. Oléééoléolé-oléééééééé!
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