Ecopop im Kleinformat

Am kommenden Sonntag stimmen wir über die umstrittene Ecopop-Initiative ab. Ich habe deren Auswirkungen im Kleinformat ausprobiert und weiss spätestens jetzt, warum ich ein klares Nein einlege.

Fredy Haffner, Verlagsleiter Quartierzeitung Höngger

Also das ist so: Die Ecopop-Intitianten wollen, dass in der Schweiz die ständige Wohnbevölkerung im dreijährigen Durchschnitt nur noch 0,2% der Bevölkerung pro Jahr wachsen darf. Gleichzeitig soll die Schweiz 10 % ihrer Entwicklungshilfe in Massnahmen zur Förderung der freiwilligen Familienplanung investieren. Was wären die Auswirkungen? Um das besser zu verstehen, habe ich diese Zahlen auf meine konkrete Lebenssituation angewendet. Das ist ganz schön lustig: Auf dem Grundstück, das ich bewohne, leben total fünf Menschen. Wobei drei davon Kinder sind und nur zur Hälfte der Zeit bei mir leben. Was die Rechnung schon kompliziert macht und auf Bundesebene wohl auch. Deshalb rechnen wir mit fünf Dauerbewohnern. 0,2 % davon wären 0,01 Menschen, die jährlich zuwandern dürften. Das ist natürlich doof. Weil was wären diese 0,01 % konkret? Ein über das Gartentor gereichter Finger? Das geht ja nicht. Damit also nach Annahme der Ecopop-Initiative ein ganzer Mensch in mein Land zuwandern könnte, müsste ich zuerst die ständige Wohnbevölkerung um 95 Personen auf 100 erhöhen. Das wäre, selbst hyperverdichtet bebaut, ziemlich eng, so viel weiss ich. In meinem Fall ist die Initiative folglich nicht umsetzbar. Also werden die Grenzen dicht gemacht. Fertig zugewandert. Das gilt dann auch für eine allfällige neue Lebenspartnerin. «Sorry, Schätzchen, aber Ecopop erlaubt das nicht.»
Dafür verteile ich fleissig in der Nachbarschaft Kondome und Antibabypillen im Wert von rund 200 Franken pro Jahr, was, Kirchensteuer mitgerechnet, ungefähr 10 % meines jährlichen Spendenvolumens entspricht. Auch da ist die Rechnung nicht ganz einfach, denn nicht alle meine Spenden gelten wohl als «Entwicklungshilfe». Und nun stellen Sie sich vor: Ich klingle bei Ihnen und versuche, Sie von der Nützlichkeit von Verhütungsmitteln zu überzeugen, während von meinem Grundstück aus das Geschrei von drei eigenen Kindern zu Ihnen herüberschallt. Und dann erinnern Sie sich noch daran, wie Sie mich und meine Kinder fast jeden Sommer mit den Koffern Richtung Flughafen ziehen sehen, wo wir gewaltige ökologische Fussabdrücke hinterlassen. Ja, selbst ich habe Verständnis, wenn Sie mir die Türe ins Gesicht schlagen und künftig einen Bogen um mein Land machen. Was Ecopop ja genau will. Und weil ich meine Nachbarn mag und auch schon auf sie angewiesen war, stimme ich aus tiefster Überzeugung Nein.

Fredy Haffner Verlagsleiter Quartierzeitung «Höngger»

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