Die streikenden Überflieger

Ich fuhr nach der letzten Klimademo mit dem Tram nach Hause, als ich vor mir eine Gruppe von Kindern sah. Auch sie waren offensichtlich an der Klimademo gewesen; sie hielten diverse Plakate mit Aufschriften wie «Ich will auch eine Zukunft». Ein Mädchen erzählte, dass ein fremder Mann sie nach ihrem Flugverhalten gefragt habe. Als sie mit «einmal im Jahr» antwortete, habe er gesagt, sie dürfe in dem Fall nicht mehr für den Klimaschutz demonstrieren. Dieses Argument irritiert mich, wenn ich es in Artikeln lese, und ich lese es oft in Artikeln – eigentlich ist es das meistgenutzte Argument im Zusammenhang mit den Klimastreiks. Diesen Artikeln zufolge gönnen sich die Schüler während der Demo als Verstärkung reihenweise Steaks. Danach müssen sie von den Eltern mit dem Land Rover abgeholt werden, bevor sie auf direktem Weg an den Flughafen fahren und mit dem Privatjet in die Bahamas fliegen. Es ist doch nicht die Aufgabe von Kindern und Jugendlichen, eine Erde zu retten, die von den Menschen, die vorher lebten, zerstört wurde!
Dennoch haben wir Streikenden die Aufgabe nun auf uns genommen, Aufmerksamkeit auf die Dringlichkeit der Sache zu lenken. Und wenn man einmal an einem Klimastreik war, weiss man, wie ernst es allen Demonstrierenden ist. Es kann regnen und stürmen wie verrückt, wir Jungen sind nicht von der Strasse zu kriegen, nicht, bis etwas Konkretes unternommen wird. Klar, man muss auch an sich als Individuum arbeiten und seinen eigenen Klima-Fussabdruck verringern, aber bei vielen jungen Menschen passiert das schon längst! Nicht zuletzt mit den Demos haben sie begonnen, sich Gedanken zu ihrem eigenen Konsumverhalten zu machen. Meine Kollegin, die sich vorher nicht mit dem Klimawandel auseinandergesetzt hatte, nimmt sich nun vor, weniger Fleisch zu essen. Beim Früchte- und Gemüseeinkauf nimmt sie eigene kleine Stofftüten mit, um nicht jedes Mal ein neues Plastiksäcklein nehmen zu müssen. Und auch ich selber merke, wie ich viel stärker auf mein eigenes Verhalten achte. «Die Jungen haben ihre Hausaufgaben gemacht», wie es Greta Thunberg formulierte. Jetzt ist die Politik dran!

Lina Gisler, Praktikantin beim «Höngger»

0 Kommentare


Themen entdecken