«Die Offenheit und Transparenz im Wohnzentrum weiter stärken

Seit Januar 2012 wird das Wohnzentrum Frankental, das Menschen mit Behinderung ein betreutes Zuhause mit Beschäftigungs- und Therapiemöglichkeiten bietet, von Ulrich Zolliker geleitet. Im Gespräch mit dem «Höngger» berichtet der gebürtige Schaffhauser von seinen ersten Monaten im Amt, von seiner Motivation und den Zielen, die er sich gesetzt hat.

Ulrich Zolliker ist glücklich mit seiner neuen Wirkungsstätte, dem Wohnzentrum Frankental.

Ulrich Zolliker, Sie sind seit bald fünf Monaten Leiter des Wohnzentrums Frankental. Haben Sie sich gut in der neuen Umgebung eingelebt?

Ja, ich habe mich sehr gut eingelebt. Ich bin offen und freundlich empfangen worden, und ich habe gespürt, dass die Bewohner ehrlich gespannt darauf waren, mich kennenzulernen. Ihre Offenheit und ihr Vertrauen haben mir den Einstieg enorm erleichtert.

Was zeichnet in Ihren Augen den Betrieb im «Frankental» besonders aus?

Eine wohltuende Herzlichkeit, der natürliche und liebevolle Umgang mit den Leuten, dies habe ich hier ganz speziell empfunden. Das Haus hat keinen Heimcharakter, sondern setzt auf grösstmögliche Selbstbestimmung, was ich für zentral halte. Ich glaube sagen zu können, dass sich im «Frankental» Professionalität und Menschenfreundlichkeit auf ideale Weise verbinden.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihr Wirken im Wohnzentrum gesetzt?

Ich möchte die Offenheit und Transparenz, die ich vorgefunden habe, erhalten und stärken. Das Motto muss sein, dass man behinderte Menschen nicht verwaltet, sondern ihnen ein abwechslungsreiches Leben in einer fröhlichen und anregenden Umgebung ermöglicht. In beruflicher Hinsicht möchte ich die Mitarbeiter fordern und fördern. Ein gutes Arbeitsklima soll auch dazu beitragen, die Fluktuation tief zu halten.

In welchen Bereichen ist die Umsetzung Ihrer Ideen schon am weitesten vorangeschritten?

Die sogenannten Kommunikationsgefässe sind unter meiner Regie ver- ändert worden, wir haben jetzt beispielsweise fixierte Zeitpunkte, wo rein administrative Themen besprochen werden. Ausserdem wurden Koordinationssitzungen eingeführt und eine Kulturgruppe gebildet, die Anlässe für Bewohnerschaft und Mitarbeiter organisiert.

Ist es zuweilen schwierig, die eigenen Vorstellungen mit den Erwartungen der zahlreichen, an einer solchen Institution beteiligten Akteure unter einen Hut zu bringen?

Es ist sicher nicht immer einfach, aber ich habe schon eine Reihe von ähnlichen Einrichtungen geführt und kann deshalb mit den verschiedenen Ansprüchen recht gut umgehen. Wichtig ist, die Anliegen ernst zu nehmen und zu berücksichtigen, ohne die eigene Position leichtfertig zu verändern.

Welche Rolle spielt bei Ihren Entscheidungen das persönliche Gespräch mit der Bewohnerschaft?

Wir halten neben spontanen Gesprächen, die beispielsweise auf dem Flur stattfinden, sogenannte «Stammtische» ab, an denen die Bewohner ihre Sorgen und Wünsche mitteilen können. Neu bilden wir zudem einen Bewohnerrat, der die Bedürfnisse erörtern und soweit möglich auch Entscheidungen treffen kann.

Verraten Sie der Leserschaft etwas über Ihren Werdegang: Hat Sie die Arbeit mit Menschen, die besondere Lebensumstände zu meistern haben, schon immer fasziniert?

Ich bin als neunjähriger Junge von einem Auto angefahren worden und musste in der Folge vier Monate im Spital verbringen. Diese Erfahrung hat in mir den Wunsch ausgelöst, einen pflegerischen Beruf zu erlernen. Ich habe dann nach der Schule in einem Alters- und Pflegeheim in Schaffhausen gearbeitet und später die Ausbildung zum Psychiatriepfleger in der Klinik Rheinau gemacht. Dies hat mir viele Türen geöffnet. Bei meiner anschliessenden Arbeit in psychiatrischen Kliniken hatte ich regelmässig auch mit Patienten zu tun, die mit Behinderungen zu leben hatten. Doch auch in den Alters- und Pflegeheimen, die ich geleitet habe, gibt es Parallelen zu Einrichtungen wie dem Wohnzentrum Frankental. In der letzten Zeit scheint der gesellschaftliche Druck gegenüber Personen, die in irgendeiner Weise vom Durchschnitt abweichen, deutlich zuzunehmen.

Spüren Sie das auch als Institutionsleiter im «Frankental»? Wie begegnen Sie etwa Kräften, die die Mittel für Behinderten-Einrichtungen immer weiter kürzen wollen?

Sobald die Wirtschaftslage schlechter wird, steigt auch der Druck auf soziale Einrichtungen, dies ist leider so. Zudem haben die aufgedeckten Betrügereien bei der IV dem Sozialbereich Schaden zugefügt. Transparenz ist auch in diesem Zusammenhang äusserst wichtig, um Vertrauen zu schaffen, dass die Mittel richtig eingesetzt werden. Hier im «Frankental» ist das Engagement aller Beteiligten bemerkenswert hoch, wir können somit mit einer guten Portion Optimismus in die Zukunft blicken.

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