Politik
Die Durchsetzungsinitiative macht aus dem Rechtsstaat Gurkensalat
Die SVP kümmert sich ja immer um die Volksrechte und möchte diese auch durchgesetzt sehen, ausser es geht um die kantonale Kulturlandinitiative oder die Alpen-Initiative, dann ist das mit dem Volkswillen nicht so eng wichtig. Aber nichtsdestotrotz stimmen wir am 28. Februar über die Verschärfung der Ausschaffungsinitiative ab.
20. Januar 2016 — Eingesandter Artikel
Dabei ist die Durchsetzungsinitiative noch um einiges radikaler und unmenschlicher als die schon populistische Ausschaffungsinitiative, denn der Rechtsstaat wird zum Gurkensalat: Sie sieht einen Automatismus bei Ausschaffungen vor, etwas, was rechtsstaatlich mehr als nur unsittlich ist. Richterinnen und Richter würden in Zukunft nicht mehr entscheiden können, ob der vorliegende Fall für eine Ausschaffung genügt, sie hätten überhaupt keinen Spielraum mehr. Der Richter wird zum Roboter, die Schweiz wird vom Rechtsstaat zum Unrechtsstaat. Das Bundesgericht und auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben schon mehrfach entschieden, dass Automatismen beim Strafmass unzulässig sind, da kein faires Verfahren für den Angeklagten mehr möglich ist.
Für jede Bagatelle
Aber das wirklich Störende an der Durchsetzungsinitiative ist, dass eine widerliche Ungleichbehandlung direkt in der Verfassung festgeschrieben wird. Für Bagatellstraftaten, für die Schweizer höchstens mit einer Geldstrafe bestraft werden, würden in Zukunft Ausländer ausgewiesen werden, und da gäbe es keine Diskussion. Das ist doch widerlich, für Straftaten, für die ein Schweizer eine kleine Geldstrafe zahlen muss, muss ein Ausländer auch noch das Land verlassen, egal ob er Job, Familie und Freunde hier hat. Die Durchsetzungsinitiative verweigert rund einem Viertel der Bevölkerung die wichtigsten Grundrechte.
Secondos würden doppelt leiden
Ich muss mich hier mal outen, beide meiner Eltern sind Deutsche, ich besitze auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ich habe aber auch das Glück, dass ich Schweizer Bürger bin und mitbestimmen darf und auch nicht ausgeschafft werden kann. Aber einige Secondos, die hier geboren wurden, besitzen keine Schweizer Staatsbürgerschaft. Mit der Durchsetzungsinitiative müssten diese Menschen bei Bagatellen das Land verlassen. Möglicherweise in ein Land, dass man vielleicht höchstens von den Erzählungen der Eltern- oder Grosseltern kennt. Das ist unfair, das ist nicht mehr meine Schweiz, das erinnert an die Unrechtstaaten aus der Zeit des Kalten Kriegs, das ist nur noch willkürlich. Wem die Schweiz und unser Rechtsstaat am Herzen liegen, legt am 28. Februar ein fettes Nein in die Urne.
Marcel Bührig, Gemeinderat Grüne Kreis 10
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