Themen
Die Biber sind auf der Werdinsel
Dank einem Hinweis von Leser Andi Berger stiess der «Höngger» auf der Werdinsel auf Frassspuren von einem oder mehreren Bibern. Grün Stadt Zürich bestätigte die Anwesenheit der plattschwänzigen Nager.
14. Dezember 2016 — Fredy Haffner
Wildschweine im Höngger Wald? Längst Realität. Luchse? Wurden auf Kantonsgebiet auch schon gesichtet. Bären? Noch weit entfernt, aber wer weiss, wann der Allesfresser die Vorzüge der Agglomerationswälder ebenfalls entdeckt, weil ihm im Wallis nach Schafrissen die Luft zu bleihaltig ist? Der Biber jedenfalls, dieser pelzige Geselle, ist seit seiner Wiederansiedlung 1956 kontinuierlich auf dem Vormarsch, beziehungsweise «Vorschwimmen» und nun offenbar auf der Werdinsel angekommen. Und diesmal ist es nicht wie im Frühjahr 2015 vom «Höngger» vermeldet ein Aprilscherz, sondern Tatsache. Damals behauptete diese Zeitung, der Natur- und Vogelschutzverein Höngg (NVV) plane die Wiederansiedlung der Biber auf der Werdinsel – und setzte in die Bildmontage fälschlicherweise anstatt Biber Fischotter ein, was aber ausser Dorothea Häberling, Co-Präsidentin des NVV Höngg, niemandem aufzufallen schien. Den 1.-April-Artikel aber nahm sich tatsächlich ein Biber zu Herzen: Bereits am 21. Mai 2015 konnte gemeldet werden, dass einer der damals geschätzten 300 auf Kantonsgebiet lebenden Biber den Fischpass, übrigens dem längsten Europas, beim ewz-Kraftwerk Wettingen passiert hatte und dabei von einem Mitarbeiter fotografiert worden war. Von dort aus war es also nur eine Frage der Zeit, bis das geschützte Tier auf Zürcher Stadtgebiet ankommen und auf der Werdinsel Halt machen würde. Die Anstrengungen vom ewz zur ökologischen Aufwertung der Limmat in den letzten Jahren haben sich offenbar gelohnt.
Der «Höngger» selbst, wie eben anhand des 1.-April-Bildes ersichtlich, kein Biberexperte, fragte Dorothea Häberling vom NVV an. Sie meldete zurück: «Mir sind die Spuren auf unserem Naturspaziergang auch aufgefallen. Einige Verletzungen an den Bäumen scheinen hoch, aber ich habe keine Zweifel: Ein Mensch hätte absichtlich einen Biber imitieren müssen, um diese Spuren zu hinterlassen. Der Aprilscherz wird also Wirklichkeit, auch ohne Mitwirkung des NVV».
Sichtung bereits im Frühling
Auch Grün Stadt Zürich bestätigt diese Einschätzung: «Für einmal haben nicht Menschen Hand angelegt, sondern der geschützte Kerl mit den markanten Zähnen», schreibt Kommunikationsleiter Marc Werlen. Der Biber sei im ganzen Kanton auf dem Vormarsch, und auch die Gewässer der Stadt Zürich seien für ihn natürlich attraktiv, besonders die Werdinsel und die Limmatauen Werdhölzli. «Die Bäume wurden vom Biber gefällt, das zeigen die Frassspuren, wie auch weitere Indizien», so Werlen, und: «Übrigens wurde bereits dieses Frühjahr ein Biber auf der Werdinsel gesichtet». Im Winterhalbjahr, so Werlen, werde der Biber durch den geringen Betrieb auf der Insel weniger gestört, und es gehöre vor dem Winter zum normalen Verhalten dieser Tiere, die keinen Winterschlaf halten, sich das Futter aus der Baumkrone zu sichern: «Darum werden wir auch nur Bäume wegräumen, von denen eine unmittelbare Gefahr ausgeht».
Schutz und Erhalt
Der Biber und sein Lebensraum sind seit 1962 bundesrechtlich geschützt. Die Bestandserhebung 1993 zählte noch rund 350 Biber in kleinen, räumlich voneinander getrennten Populationen. 1994 wurden Biber deshalb auf der Roten Liste als eine vom Aussterben bedrohte Art in die Kategorie 1 eingestuft. Doch bereits im Winter 2007/2008 zählte man rund 1600 Tiere. Heute wird der Bestand auf 2800 Biber geschätzt. Bei der nächsten Revision der Roten Liste der Säugetiere könnte er deshalb um zwei Kategorien auf «verletzlich» zurückgestuft werden. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat per 5. September 2016 das neue «Konzept Biber Schweiz» in Kraft gesetzt, um den Umgang mit dem Nagetier zu regeln.
Informationen zum Biber
unter www.cscf.ch/cscf/de/home/biberfachstelle
oder bei der kantonalen Biberfachstelle: https://greifensee-stiftung.ch/home.html
1 Kommentare