Quartierleben
Der «Höngger» und sein Traum am Meierhofplatz
Vorausgesetzt, die laufenden Verhandlungen können erfolgreich abgeschlossen werden, zügelt der «Höngger» von der Winzerstrasse, wo er heute seine Büros hat, Mitte 2016 an den Meierhofplatz in die Räume der ehemaligen Bäckerei Baur, beziehungsweise Marinello. Der «Höngger» würde damit aber nicht nur örtlich ins Dorfzentrum rücken, sondern sich auch in Auftritt und Angebot (fast ganz) neu erfinden.
23. September 2015 — Fredy Haffner
Dies ist die Geschichte eines Traums, der Wirklichkeit zu werden scheint. Begonnen hat das Träumen schon 2012 in unseren Büroräumen an der Winzerstrasse 11, die für vier Mitarbeitende und vor allem für all die Ideen, die uns umtreiben, längst zu eng geworden sind.
Und dann klingelte im Februar dieses Jahres das Telefon: Die Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich wollte ein Inserat aufgeben, um einen Nachmieter für Marinello, vormals Bäckerei Baur, am Meierhofplatz zu suchen. Der Schreibende hörte interessiert zu und sagte keck, das Inserat erübrige sich, denn der «Höngger» würde die Räume mieten – wohlwissend, dass die Stadt an eine Ausschreibungspflicht gebunden ist und sicher auch wissen will, wer sich denn sonst noch alles interessieren würde. Aber unser Interesse war bereits mal deponiert.
Das Inserat erschien und verlangte nach einer Bewerbung. Es verlangte aber nicht bloss eine «Hallo-wir-sind-interessiert»-Bewerbung, sondern ein ganzes Konzept, denn die Stadt Zürich wollte nicht einfach nur vermieten, sie wollte an dieser Stelle eine Mieterschaft, welche zu Höngg und diesem speziellen Ort passt. Der Stadt Zürich ist hoch anzurechnen, dass sie nicht einfach nach dem bestmöglichen Profit vermietet.
Die einzigen Bewerber
Kurz nach dem Erscheinen des Inserates fand eine Besichtigung vor Ort statt. Danach ging alles schnell. Anstatt schriftlich zu erklären, warum gerade der «Höngger» in dieser Lokalität richtig wäre, schrieben wir über Nacht ein Drehbuch und traten vor die Filmkamera. Christian Mossner, Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Quartierzeitung Höngg, lud uns in sein Studio, filmte und schnitt das Bewerbungsvideo in seine optimale Form. Was wir wenige Tage nach dem Inserat an die Stadt sandten, war eine Karte mit eingebautem Videoscreen und ein kurzes Begleitschreiben – sobald die Zuständigen der Stadt den Deckel der Karte anhoben, startete unser Bewerbungsfilm. Schon bald wurden wir zu einem Gespräch eingeladen, bei dem wir erfuhren, dass wir der einzige Bewerber waren, der kein Kaffee oder Restaurant einrichten wollte, was die Stadt Zürich aufgrund der mit einem solchen Betrieb verbundenen Auflagen und Kosten nicht bevorzugte. Trotzdem war es uns wichtig festzuhalten, dass sich der «Höngger» zurückziehen würde, sollte sich ein passendes Unternehmen bewerben, das Höngg derzeit fehlt – wie zum Beispiel eine Papeterie – oder eine passende Firma, die bereits in Höngg ist, aber umziehen möchte.
Der «Höngger» erfindet sich (fast ganz) neu
Doch zurück zum eingangs erwähnten Traum. Wir fragten uns schon länger, was in der heutigen Zeit eigentlich die Aufgabe einer Quartierzeitung sein könnte − sein müsste − um weiterhin, wie seit 1926, eine Daseinsberechtigung zu haben. Die Antwort, die wir träumten, war, dass der «Höngger» ein Ort sein sollte, an dem Informationen und Neuigkeiten aus und über Höngg gesammelt werden, weitergegeben und ausgetauscht werden können, und dies eben nicht nur auf Papier oder online, sondern ganz physisch, in einem Raum, an zentralem Ort, einem Ort der Begegnung in und mit Höngg.
Konkret ein Ort, an dem man Informationen über Höngg erhält oder Neuigkeiten austauschen kann. Ein zentraler Ort, der allen Höngger Vereinen die Möglichkeit bietet, Informationsmaterial aufzulegen und ihre Vereinsartikel anzubieten, auch Firmen sollen sich im kleinen Rahmen präsentieren dürfen. Ausgewählte Höngger Künstlerinnen und Künstler werden Werke ausstellen und wer immer in Höngg für eine Veranstaltung Billette verkaufen möchte: der «Höngger» bietet sich als der lokale «Ticketcorner» an.
Die Räume ermöglichen es auch, im kleinen Rahmen Kurse zu Medienthemen durchzuführen: Schreiben, Fotografieren, Filmen – wie geht das? Der «Höngger» weckt die Lust an den eigenen Texten und Bildern – und damit vielleicht auch die Lust, sich inhaltlich am «Höngger» zu beteiligen. Oder warum soll eine Zeitung von heute nicht in den Schulferien einwöchige Medienkurse für Kinder anbieten? Denn früh übt sich, wer sich für das Mediengeschäft interessiert. Und warum sollte der «Höngger» sein Wissen über Medien und wie sie funktionieren nicht an Firmen weitergeben? Für sie zum Beispiel Homepages erstellen und bewirtschaften oder ganze Medienpläne und Werbekonzepte erarbeiten?
Auch im Rahmen von «Höngger KULTUR», wofür jeweils Räume angemietet werden, ist ein grösseres Angebot denkbar: Zum Beispiel Podiumsgespräche und Diskussionsrunden, Lesungen von Höngger Autoren oder auch einfach eine offene Bühne.
Der Traum ist auf der Zielgeraden
Davon träumten wir – und nun ist der Traum auf dem Weg zur Ziellinie, mitten in Höngg. Wir freuen uns wie kleine Kinder auf den nächsten Geburtstag. Und ein Geburtstag wird es hoffentlich tatsächlich, irgendwann 2016. Doch wer wären wir, würden wir der uns selbst gestellten Aufgabe nicht auch mit gebührendem Respekt begegnen? Wird es gelingen? Wird das neue «Höngger»-Konzept Erfolg haben und den Weg in die Zukunft weisen?
Gewiss ist nur eines: Wir werden starten und in die neue Rolle hineinwachsen. Nichts ist unmöglich. Denn wie sagte Georg Bernard Shaw: «Wer es für unmöglich hält, soll denen nicht im Weg stehen, die es gerade tun.» Wir danken heute schon allen, die uns die Türe aufhalten und freuen uns auf alle, die auf die eine oder andere Weise mit uns durch sie hindurchgehen.
Fredy Haffner, Verlagsleiter «Höngger»
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