Institutionen
Den Zmittag im Fitnessraum gegessen
Das «Riedhof»-Fest fand am letzten Samstag zum ersten Mal im umgebauten «Riedhof» statt, welcher sich nicht mehr Altersheim, sondern «Leben und Wohnen im Alter» nennt. Wie jedes Jahr boten die Bewohnerinnen und Bewohner eine Kostprobe ihres Alltags, und doch war vieles anders…
15. Juni 2016 — Redaktion Höngger
Unzählige Besucherinnen und Besucher kommen regelmässig jedes Jahr an das beliebte «Riedhof»-Fest. Den Bau nun in neuem Glanz zu erleben, wollte sich kaum jemand nehmen lassen. So zog man am Samstag gut gelaunt durch die modernen Räumlichkeiten und liess sich mitreissen: Zuerst vom Sound der Steelband «Sandflöö», der Jung und Alt gefiel und vergessen liess, dass das Wetter vor den Fenstern des grossen Saals immer trüber wurde. Während die Musikerinnen und Musiker ihre Steeldrums einpackten, erzählte Geschäftsführer Christian Weber vom umgebauten Gebäude. Stefan Kleiner, Leiter Hotellerie, sorgte in seiner Rede für Lacher, als er erwähnte, dass man nach den Darbietungen überall essen könne – so etwa auch im Fitnessraum oder im Sitzungszimmer.
Hauptprobe verpatzt, «Ernstfall» klappte bestens
Der Ablauf klappte wie am Schnürchen. So sassen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Yoga-Gruppe schon im Kreis bereit und konnten sich etwas einstimmen, bevor es ernst galt. Lehrerin Daniela Weber, nicht verwandt mit Geschäftsführer Christian Weber, zeigte die fliessenden, langsamen Übungen konzentriert vor, die Seniorinnen und Senioren wiederholten sie sorgfältig und konzentriert.
Schön zu sehen war, wie die Übungen immer flüssiger und selbstverständlicher ausgeführt wurden – als Zuschauerin wurde man gleich selbst von dieser ausgeglichenen, zufriedenen Stimmung erfasst und fühlte die Harmonie. Selbstverständlich ist die reibungslose Darbietung nicht, wie Daniela Weber nach der Darbietung erzählte: «An der Hauptprobe lief alles schief. Ich hatte die falsche Musik dabei und zeigte falsche Übungen vor. Aber niemand der Teilnehmenden merkte es, alle machten motiviert mit. Heute hatte ich zum Glück die richtige Musik dabei und zeigte die passenden Übungen. Alles gut gelaufen also!», so die Yogalehrerin mit einem erleichterten Lächeln.
Spagat und Handstand in der Yogastunde? Keine Angst!
Zurzeit sind in den zwei Yoga-Stunden, die Daniela Weber im «Riedhof» seit neun Jahren anbietet, 14 Damen und zwei Herren dabei. «Es hat aber noch viel Platz für weitere ‚Riedhöfler‘ – wer hier wohnt, darf sehr gerne mitmachen.» Sie erzählt, dass die Senioren oft Vorurteile hätten: «Manche denken, etwas übertrieben gesagt, man müsse im Yoga den Spagat können und im Handstand herumstehen. Das ist natürlich nicht so – wir setzen hier auf sanfte, fliessende Bewegungen. Oft höre ich dann nach der Probestunde, dass es ja hier viel, viel leichter sei als beim Turnen, wo man richtig ins Schwitzen käme.» Interessant zu wissen: Vor neun Jahren war der «Riedhof» das erste Altersheim auf Zürcher Stadtgebiet, welches Yogastunden anbot. Einige Seniorinnen besuchen die Stunden seit Anbeginn!
Weil das Lämpchen noch glüht…
Nachdem es ruhig und fliessend zu- und hergegangen war, folgte die Singgruppe, welche von drei Aktivierungsfachfrauen geleitet wird. Zu Gitarrenbegleitung sang die Gruppe mit vielen weiteren Bewohnenden und Besuchern Lieder, die man von früher kennt. Bei «Freut euch des Lebens» fiel einem aber doch der Text auf: «Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht», sangen die älteren Menschen. Bei diesen Zeilen war eine schöne, ergreifende Stimmung spürbar. Lüpfig und humorvoll folgte das «Rocky Docky Heim». Hier hatten die Singgruppe und weitere ideenreiche Helfende den Text Riedhof-mässig angepasst: «Dieses Haus ist alt und klapprig, dieses Haus ist alt und leer, denn seit mehr als dreissig Jahren, da bewohnen wir es sehr», sangen die hohen und tiefen weiblichen und männlichen Stimmen. «Dieses Heim hat keine Farbe und der Regen nagt und frisst, bis die Marmorplatten grauuu und das Dach auch undicht ist». So ist es aber heute nicht mehr, deshalb muss der Liedtext auch aktuelle Komponenten haben: «Dieses Haus will ich bewohnen, komm‘ vom Wandern ich zurück, denn das Haus ist voller Wunder und voll heimlicher Musik. Ist im Innern total lässig, sehr geschmackvoll kommt‘s daher, guter Stil ist zwar sehr wichtig, aber Riedhof-Geist zählt mehr!»
Guter Riedhof-Geist ist spürbar
Dass der Riedhof-Geist spürbar ist, davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher selbst überzeugen. Ob Eltern oder sonstige Angehörige, die hier wohnen, man hörte nur positive Worte. «Ich habe gleich drei Verwandte hier, und allen gefällt es. Nachdem der lange andauernde Umzug überstanden ist, muss ich sagen: Das Ergebnis überzeugt. Die Zimmer sind gross und schön, und die vielen Angebote bieten für jeden etwas Attraktives», so eine zufriedene Besucherin.
Lange, aber gut gelaunte Warteschlange
Nachdem man einen Hausrundgang unter die Füsse genommen, die Fische im grossen Aquarium oder die Güggel und Hühner im nun strömenden Regen bestaunt hatte, knurrte bei den meisten der Magen. Lösung eins: gleich vor Ort essen. Stefan Kleiner dazu: «Wir haben für alle genug zu essen im Haus, man muss also nicht sofort zum Essens-Stand rennen.» Trotzdem war die Warteschlange lang – denn singen, dehnen, zuhören und aktiv sein macht hungrig. Und die zweite Lösung? Das war der Stand der Aktivierung: Dort wurden frisch gebackener Zopf, Konfitüre und Backmischungen verkauft, alles unter dem «Riedhof»-Label «Fräulein Dänkeli», abgeleitet von den Stiefmütterchen-Blumen. Wem es nicht nach etwas Handfestem für den Magen war, der konnte sich am selben Stand mit wirklich schönen Karten, Accessoires und Gemüsesetzlingen eindecken, die in den Aktivierungs-Gruppen hergestellt und gepflanzt wurden. «Bei uns kann man nicht nur kochen oder backen, singen, turnen, Yoga praktizieren oder malen. Nein, wir haben auch einen Literaturclub, eine Garten-Gruppe und eine Gedächtnistraining-Gruppe. Nicht zu vergessen die Werken-Gruppe, welche die Sachen für den Stand hergestellt hat», so das charmante Trio der Aktivierung. Da kann man zum Schluss nur sagen: Hier seinen Lebensabend verbringen zu dürfen, ist garantiert nicht langweilig.
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