Den Alltagssituationen ins Auge sehen

Das dritte abendfüllende Liederprogramm von «Heinz de Specht» lockte vergangenen Samstag knapp 300 Leute in den Saal des reformierten Kirchgemeindehauses Höngg. Christian Weiss, Daniel Schaub und Roman Riklin wussten mit melodiösen Songs und scharfsinnigen Texten das Publikum zu begeistern.

Roman Riklin, Daniel Schaub und Christian Weiss reihten Ohrwurm an Ohrwurm (von links).
«Ich han en Schwertwal ide Stube», sangen die «Spechte», in Höngg hatte er seinen Platz auf der Bühne.
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Samstagabend, kurz vor acht. Der Saal des reformierten Kirchgemeindehauses ist voll, zusätzliche Stühle werden herbeigetragen, denn es kamen rund 50 Gäste mehr, als das Forum erwartet hatte. Und so sitzen denn alle, mit erwartungsvollem Blick auf die Bühne, wo inmitten der Instrumente einsam und kunstvoll das Schwertwal-«Model» steht und sich später als Umwelt-Orca entpuppt. Kunstvoll beginnt dann auch das Trio mit dem ersten Song «nomal s’glich». Dies offenbar, weil sie sich im Vorfeld konzeptionell uneinig waren, mit welchem Lied das Programm «schön» beginnen sollte. Herrlich unmotiviert kam dann dieses auch rüber, denn «nomal s’glich, macht sie wenigschtens rich» – so die Aussage. Mit intelligenten Wortspielen geht es munter weiter. Eine bunte Mischung aus feinem Humor, glänzendem Sarkasmus, Ironie und einigen Ungepflogenheiten prägen die Songs. Es sind Gedankengänge, die man täglich selbst macht, sich aber nie bewusst ist, dass man sie macht. Man fühlt sich oft berührt, aber nie beleidigt und die aufgezeigten Situationen sind einem meist sehr vertraut – einfach menschlich und darum auch so schön. Sie lassen einem Kindheitserinnerungen hochkommen, wie zum Beispiel, was wäre wenn: der Staudamm am Sihlsee gebrochen wäre und Zürich – die Town of Switzerland – tsunamimässig überflutet hätte. Notabene ein Horrorszenario für alle Kinder, die «Am Wasser» aufgewachsen sind! Hat man damals doch immer gesagt, der Pegel würde bis Mitte Weinberg ansteigen. Allerdings gab es zu dieser Zeit noch kein Hiltl, wo sich die Fische am Buffet hätten bedienen können. Spätestens beim selbstironischen Stück «Ixi» hielt das Publikum den Atem an. Krampfhaft hörte es Schaubs hingebungsvoller Schnulze zu, bis es selbsterkennend merkte, dass es doch nur unkenntliche Worte waren und keine Fremdsprache. Fast bedauernswert waren die drei Spechte beim Song «Aromat» kurz vor der Pause. Da träumten sie von «Ghacket’s und Hörnli» im «Löwen» und Braten und Nüdeli im «Kreuz».

Schaurig schön

Da wo auf den Tischen die Zahnstocher zwischen Maggi und Aromat stehen – es nennt sich Ménage und hält im Drahtbügel alles beisammen, ganz praktisch übrigens auch die Speisekarte. Schaurig schöne Bilder sind das! Und politisch nur fast korrekt, da das heilige Maggi plötzlich durch ein scharfes, ausländisches Tabasco ersetzt wird. Da zog das Publikum dann hungrig in die Pause und machte sich über die zahlreichen gesponserten Chips her. Absurd und kurios verlief auch der zweite Teil des Abends. Den drei schrägen Vögeln gelang es, das Publikum in den Bann zu ziehen. Zwischen teils fast traurigen Songs, die auch immer sehr melodiös sind und fast zum Mitsingen verleiten (das sollte man unter keinen Umständen tun!) und von einer Vielfalt von Instrumenten begleitet werden, beflügeln sie die Gäste mit wiederholten Schenkelklopfern. Als wahres Highlight entpuppte sich das fiktiv geführte Interview zur Eigen-Werbung. Ein unglaublich gerissenes Wortspiel, bestehend aus internationalen Brands.

Zündstoff

Für Zündstoff sorgte bei ein paar ganz wenigen Gästen wohl das Stück «senil». Wie darin Roman im Pflegeheim-Bett eben ziemlich senil mit seiner Kaffeetasse spielt, brachte das Fass bei diesen wohl zum Überlaufen. Sie verliessen den Saal vorzeitig und verpassten dadurch den wahren Zündstoff, der zum Schluss auch physisch abgefeuert wurde. Nach der dritten Zugabe verliess das Höngger Publikum mit sichtlich strapazierten Lachmuskeln den Saal. Und wer jetzt noch wissen möchte, warum das Trio Heinz de Specht heisst, sei auf deren Website verwiesen. Schön, wenn Sie es herausfinden!

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