Quartierleben
Das zweigeteilte, zweite Rebblütenfest «Zum Chranz»
Letzten Samstag, 23. Juni, feierten 120 Gotten und Göttis der 160 jungen Reben im Rebberg «Zum Chranz» vor und hinter dem Ortsmuseum das zweite Rebblütenfest. Mit Luise Beerli, Geselligkeit, Fahnenweihe und Stadtrat Andres Türler.
28. Juni 2012 — Fredy Haffner
Seit 2008, der ersten Bepflanzung des jüngsten Höngger Rebberges, sehnte man sich der ersten Wümmet entgegen. 127 Kilogramm Prior-Trauben konnten letzten Herbst geerntet werden und das zweite Rebblütenfest verspricht auch für den kommenden Herbst eine Ernte – vielleicht sogar von den 2010 hinzugekommenen Cabernet-Cortis-Stöcken? Doch vorerst ging es um den aktuellen Anlass. Max Furrer, Obmann der Rebbaugruppe Höngg, begrüsste die Anwesenden − so viele hatten sich angemeldet, dass das Fest sowohl am Mittag wie auch am Abend gefeiert werden konnte. Er begrüsste die Ehrengäste, speziell aber die bekannte Höngger Solojodlerin Luise Beerli, welche den sonnigen Anlass mit ihren Liedern fröhlich beschenkte. «Die Musiker», scherzte Beerli vor der Musikanlage stehend generös, «habe ich zuhause gelassen, die sind einfach zu teuer. Aber das Beerli kann es gratis machen.»
Ein Fest auch zu Johanni
«Zu Johanni us dä Räbe gaa und die Trube blüije laa», besagt die Bauernregel in der Ortsgeschichte Höngg. Mit «Johanni» ist der Johannistag gemeint, der Gedenktag zur Geburt Johannes des Täufers am 24. Juni. Die Johannisnacht, also die Nacht auf «Johanni», wurde in enger Verbindung mit der Sommersonnenwende früher mit Feuer, Tanz und anderen Bräuchen gefeiert. Das zweite Rebblütenfest fand also zu einem auch historisch gut begründeten Datum statt. Oder wie es Max Furrer sagte: «Unser Fest ist die beste Voraussetzung, um die Johannisnacht gut zu überstehen.» Also teilten sich die Gäste in zwei Gruppen auf: Während die einen zuerst die Hönggerwurst mit Kartoffelsalat genossen, begaben sich die anderen zur Degustation in den erstaunlich kühlen Dachstock des Ortsmuseums.
Ein «Baby» zur Degustation
Dort überzeugte Walter Zweifel, Geschäftsführer von Zweifel Weine in Höngg, mit seinen profunden Kenntnissen. Diese überraschen insofern nicht, dass die Familie Zweifel ihre Wurzeln − den Reben gleich, mit denen sie eng verbunden ist − doch bereits seit dem 14. Jahrhundert in Höngg hat. Fasziniert lauschte die Zuhörerschaft seinen Ausführungen über die Geschichte des Höngger Rebbaus, Anekdoten dazu und natürlich den Beschreibungen der drei vorgestellten Weine aus hiesigen Rebbergen. So die älteste Sorte, den Räuschling aus dem Chillesteig, gefolgt vom Pinot Noir, der erst nach dem Einfall der Reblaus 1886 im grossen Stil angepflanzt wurde. Den Abschluss machte der Prior aus dem Rebberg Zum Chranz, das «Baby», wie ihn Zweifel nannte, auch im Hinblick darauf, dass die Sorte erst 1987 in Deutschland gezüchtet worden war. Die Gotten und Göttis erwarteten den ersten Schluck ihres «Göttikindes» mit Spannung und wurden nicht enttäuscht. «Doch eigentlich», so erinnerte Zweifel, «darf man den noch gar nicht degustieren, denn er wird in den nächsten Monaten in der Flasche noch gewinnen. Er wird weicher, fülliger und harmonischer.» So wurden alle drei Weine im vom Quartierverein gespendeten Höngger Glas genüsslich verglichen und zum Abschluss informierte Thomas Strickler noch über den Weinweg Höngg, der bekanntlich am 22. September mit einem Fest eröffnet wird.
Feierliche Fahnenweihe und Worte
Als beide Gruppen beide Programmteile erlebt hatten, zogen alle in den Rebberg hinter dem Ortsmuseum. Max Furrer und Stadtrat Andres Türler schenkten eingangs allen Wein zum gemeinsamen Anstossen ein, das Bläser-Register des Musikvereins Zürich Höngg spielte zwischen den Rebstöcken gekonnt auf, derweil Urs Bodmer und Simone Caseri am Fahnenmast bereit standen, um die von Jörg Saluz kreierte Fahne erstmals zu hissen. Doch zuerst überbrachte Andres Türler die besten Grüsse des Gesamtstadtrates. Rhetorisch gewohnt gekonnt und mit amüsanten Bemerkungen zu seiner eigenen Verbindung zum Rebberg «Zum Chranz» gespickt, erntete Türler viele Sympathien in seinem Heimatquartier. So gab er zum Beispiel Max Furrer die Urkunde Nummer eins zurück, die ihm damals, 2008, versehentlich zugestellt und später gegen die Nummer zehn ausgetauscht worden war. Zehn, eine Zahl, die man als Stadtrat nicht gerne sieht, da jeweils ja nur neun gewählt werden können. Er nehme, so Türler, die Zehn auf der Urkunde lieber als Zeichen für den Kreis 10, denn als politisches Motiv – und behielt die Urkunde eins vorerst, weil ihm sonst am Abend eine Pointe fehlen würde. «Hinter Fahnen schart man sich», fuhr Türler in seinem Grusswort weiter. «Sie sind ein Zeichen der Gemeinsamkeit und zeigen eine Richtung an, in die man gehen will. Die Fahne, die wir heute aufziehen, steht nicht nur für Festfreude und Liebe zum Wein, sondern auch für freiwillige Zusammenarbeit und Gemeinsinn.» Ein Gemeinsinn, so Türler, der von den Mitgliedern der Rebbaugruppe nicht nur bei schönem Wetter geleistet wird: «In Zeiten, in denen der eigene Vorteil immer mehr im Vordergrund steht, leuchtet diese Fahne im Zeichen des zusammen erreichten Resultats, des gelebten Gemeinsinns im Herzen von Höngg.» Darauf erhob er das Glas und mit dem chranzeigenen Trinkspruch «Öchsle hoch, hoch, hoch» wurde die Fahne gehisst. Unter dem Klang der Bläsergruppe fand sie ihren Platz im blauen Höngger Himmel. Zurück auf der anderen Seite des Ortsmuseums blieb Max Furrer nur noch, allen, die sich in der Rebbaugruppe für diesen gelungenen Anlass engagiert hatten, zu danken und die Gäste zu verabschieden – und sich zusammen mit den Ehrengästen auf die zweite Festrunde am Abend als Einstieg in die Johannisnacht vorzubereiten.
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