Quartierleben
Das Sechseläuten der Zunft Höngg
Dass Zürich seinen eigenen meteorologischen Frühlingsbeginn hat, hat sich wieder einmal exemplarisch gezeigt: Pünktlich aufs Sechseläuten- Wochenende stiegen die Temperaturen wieder in sonnig-frühlingshafte Höhen, und einzig der Böögg trotzte mit der drittlängsten Zeit der letzten 50 Jahre bis 18:35:11 Uhr seinem Schicksal.
18. April 2013 — Ueli Friedländer
Das Sechseläuten 2013 wird in die Annalen der Zunft Höngg eingehen als dasjenige mit fast ausschliesslich weiblichen Ehren- und offiziellen Gästen der Zunft, davon die meisten mit grosser Affinität zum Reitsport. Als Ehrengäste konnte Zunftmeister Daniel Fontolliet die Zürcher Finanzdirektorin Dr. Ursula Gut-Winterberger sowie als Vertreterin des Gastkantons St. Gallen Nayla Stössel, OK-Chefin des CSIO St. Gallen, begrüssen. Als Gäste der Zunft waren ausserdem geladen Anne-Catherine Hatt, Präsidentin der künstlerischen Kommission des Zentralkomitees der Zürcher Zünfte (ZZZ), welche später mit ihrem eigenen Pferd zusammen mit der Höngger Reitergruppe auch am Zug der Zünfte und am Umritt um den Böögg teilnehmen sollte. Kitty Simione Kubli, langjährige Betreuerin der Höngger Kindergruppe und eng dem Reitsport verbunden, sowie die Höngger Primarlehrerin Nicole Meier, Gewinnerin des Wettbewerbs anlässlich der Eröffnung des Weinwegs Höngg Ende September 2012, waren ebenfalls dabei. Schrill-bunter – aber historisch betrachtet auch streng logischer – Ehrengäste-Kontrapunkt zu dieser Amazonenphalanx: Der 1971 im Jahr der Einführung des Frauenstimmrechts geborene Kabarettist und Satiriker Andreas Thiel, der das Stigma des Quotenmanns unter all diesen weiblichen Gästen mit seinem pinkfarbenen Irokesenschnitt – Markenzeichen seines aktuellen Bühnenprogramms – optisch mehr als kompensierte. Gewohnt humorvoll und pointenreich stellte der Höngger Zunftmeister seine Ehrengäste vor, und alle bedankten sich für ihre Einladung mit hervorragenden Repliken auf rhetorisch- witzig höchstem Niveau und «zöiftiger» Augenhöhe, immer wieder unterbrochen von schallendem Gelächter und Applaus der Sechseläuten- Festgesellschaft.
Der Zug der Zünfte zum Böögg
Im Zug der Zünfte marschierte die Zunft Höngg, angeführt von ihrer Reitergruppe und musikalisch fetzig unterstützt von ihrer Zunftmusik, dem Musikverein Zürich-Höngg, an neunter Stelle zwischen den Harsten von Fluntern und Oberstrass durch die dichten Reihen begeisterter und fröhlicher Zuschauer und erreichte den Sechseläutenplatz bereits kurz nach 16.30 Uhr, so dass noch viel Zeit für freundschaftliche Gespräche unter Zunftkameraden von Zunft zu Zunft blieb, bevor es dem Böögg an den Kragen ging. 35 Minuten und 11 Sekunden – die drittlängste Zeit der letzten 50 Jahre – sollte es dann allerdings dauern, bis der finale Kracher den Kopf des Bööggs zerfetzte und damit den offiziellen Zürcher Frühlingsbeginn markierte. Ein schlechtes Omen oder nur Aberglaube? Der frischgebackene Wiediker Zunftmeister, Meteo-Wetterfrosch Felix Blumer, relativiert: Eine Untersuchung von Meteo Schweiz zum Thema Böögg mit vieljährigen Vergleichsdaten belegt, dass dessen Prognosen-Trefferquote bei null liegt und somit kein Grund besteht, nicht auf einen sonnigen, warmen und langen Sommer zu hoffen.
Auszug am Abend
Nach dem Nachtessen im «Au Premier » des Bahnhofbuffets Zürich besuchte der Zunft-Auszug die Zunft Witikon (Sprecher: Robert Zurbriggen), die Zunft zum Kämbel (Sprecher: Boris Vassella) und die Zunft zur Schmiden (Sprecher: Roger Seiler), während der Höngger Zunftmeister auf der eigenen Stube von den Auszügen von Letzi, Meisen und St. Niklaus zum Rededuell herausgefordert wurde. Nach der obligaten Mehlsuppe nach Mitternacht war zwar der offizielle Teil des Höngger Sechseläutens beendet. Der laue Frühlingsabend verlockte allerdings die meisten Zünfter zu individuellen Besuchen zu nachmitternächtlicher Stunde auf anderen Stuben, und auch die Ehrengäste liessen es sich nicht nehmen, sich – begleitet vom Höngger Zunftmeister – ins bunt-fröhliche Treiben zu stürzen und die witzigen Redeschlachten diverser «Saupannerzüge» – für Nicht-Eingeweihte: Gruppen aus Angehörigen unterschiedlichster Zünfte, welche den einen oder anderen Zunftmeister frühmorgens nochmals mit einem spontanen Besuch auf die Probe stellen – zu geniessen. Besondere Erwähnung verdient dabei der Besuch der Interjungzünftigen Vereinigung (IZV) auf der Widder-Stube, wo deren erster Obmann, der Höngger Jungzünfter Christoph Zürcher, zusammen mit dem zweiten IZV-Obmann Fabio Henggeler (Zunft zum Weggen) dem Widder- Zunftmeister behilflich waren, einen grossen Rucksack für seine weitere Zunftkarriere zu packen. Nicht zu übersehen und zu überhören: Hier schlummert hochstehendes Höngger Rednerpotential für künftige Sprechertätigkeiten.
Eingesandt von Ueli Friedländer
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