Stadt
Chaos wegen Bauarbeiten
Wer derzeit in den Hauptverkehrszeiten durch Höngg fahren will, braucht viel Nerven. Baustellen in der Winzer- und der Imbisbühlstrasse verursachen massive Staus und, oft vergebener, Ausweichverkehr in den Quartierstrassen.
8. November 2016 — Fredy Haffner
Jeden Morgen dasselbe Bild: In der Regensdorferstrasse staut sich der Verkehr noch weiter als leider üblich zurück. Wer zu Fuss geht, überholt in der Kolonne locker zwei oder mehr festsitzende Busse der Linien 46 und 38. Und natürlich jene Menge Automobilisten. Diese stauen sich, auf der Suche nach einer Abkürzung, auch in der Riedhofstrasse. Der Grund: Wegen Bauarbeiten in der Imbisbühlstrasse ist die dort einmündende Wieslergasse voraussichtlich noch bis Anfang Dezember gesperrt. Im Frühjahr wird dann der Einbau der Deckschicht vorgenommen, was erneut zu einer ein- bis zweitägigen Sperrung der Wieslergasse führen wird. Jetzt und dann muss der Verkehr zwangsläufig über den Meierhofplatz ausweichen. In den ersten Tagen der Sperrung war diese zudem so schlecht signalisiert, dass sie von sehr vielen Automobilisten übersehen wurde – sie kehrten vor den rot-weissen Bauabschrankungen kopfschüttelnd um und verursachten ein weiteres Verkehrschaos in der engen Wieslergasse und deren Umgebung. Auch jene, die vergeblich versuchten, auf anderen Wegen dem Stau zu entkommen. Alternativen zur Sperrung gab es offenbar nicht, auch wenn die Dienstabteilung Verkehr (DAV) schreibt, man sei grundsätzlich bestrebt, trotz Bautätigkeiten die bestehenden Verkehrsbeziehungen aufrecht zu erhalten: «Die Wieslergasse musste aber aus verkehrstechnischen Erwägungen gesperrt werden, da auch mit Abdeckplatten keine minimale Lösung gefunden werden konnte», schreibt der Kommunikationsbeauftragte Heiko Ciceri.
Geplagte «Imbisbühlsträssler»
Besonders mühsam ist die Situation für die Anwohner der Imbisbühlstrasse. Kaum waren die Arbeiten im Zusammenhang mit der Verlegung der Glasfaserkabel durch das EWZ und die Swisscom, welche Hindernisse und Widrigkeiten zum Teil bis in die Vorgärten hinein ergaben, abgeschlossenen, rückten im Juli 2015 die Arbeiter im Auftrag des Tiefbauamtes an: Auf der gesamten Länge, von der Frankentaler- bis zur Limmattalstrasse begann die aktuelle Totalsanierung des gut bekannten Schleichwegs durch Höngg. Eine missliche zeitliche Koordination, die in der Bevölkerung immer wieder für Kopfschütteln sorgt. Stefan Hackh, der Kommunikationsbeauftragte des Tiefbauamtes dazu: «Die Arbeiten am Glasfasernetz laufen ausserhalb der städtischen Baukoordination. Dies, weil Hauseigentümer nicht bis zum nächsten Strassensanierungsprojekt warten möchten, bis ihre Liegenschaften mit dem Glasfasernetz verbunden wird». Und dass die aktuellen Arbeiten fast anderthalb Jahre dauern, läge an dem langen Perimeter: «Auf 1200 Metern mussten sämtliche Frischwasserleitungen und grosse Teile der Kanalisation komplett ersetzt werden. Zudem wird der gesamte Belag inklusive der darunterliegenden Fundationsschicht, über 6000 Tonnen Material, erneuert». Da die Befahrbarkeit der Strasse zumindest in eine Richtung und die Zugänglichkeit der Liegenschaften jederzeit gewährleistet sein mussten, war der Bau nur in Kleinetappen möglich.
Kein Ausweichen über das Frankental
Wer nach dem ersten Morgen dachte, der Weg über das Frankental wäre schneller, irrte und wird auch weiterhin irren, denn noch ist die Totalsanierung der Winzerstrasse im Gang. Auch das provoziert Rückstaus, mitunter weit über das Frankental hinaus bis auf Oberengstringer Boden. In der Winzerstrasse kam es «wegen unerwarteten technischen Schwierigkeiten», wie das ausführende Tiefbauamt der Stadt Zürich in einer Mitteilung an die Anwohner Mitte September schrieb, zu einem Rückstand von mehreren Wochen. Um die Arbeiten doch noch wie geplant bis Mitte Dezember abzuschliessen, wurde der Ablauf geändert. Seither kann nur eine Fahrspur pro Richtung benutzt werden, und sämtliche Parkplätze der blauen Zone mussten, zum Ärger der Anwohnenden, bis zum Abschluss der Arbeiten aufgehoben werden. Als Ersatz wurde auf jene in der Vorhaldenstrasse oder Winzerhalde verwiesen – beide Parkzonen in diesen Strassen sind auch unter normalen Umständen schon gut belegt, bieten also keinen wirklichen Ersatz. «Aufgrund der engen Platzverhältnisse im Perimeter konnten keine alternativen Parkplätze angeboten werden», schreibt Stefan Hackh dem «Höngger». Gemäss ihm werden die Arbeiten in der Winzerstrasse und in der Winzerhalde voraussichtlich Mitte Dezember abgeschlossen. Im Frühjahr 2017 erfolgt dann der Einbau der Deckschicht, für den man auf warme und trockene Witterung angewiesen ist.
Zu viel zur gleichen Zeit
Ursprünglich war die Sanierung der Winzerstrasse für früher geplant. Seit Jahren war der Belag in einem sehr schlechten Zustand, und zahlreiche Wasserrohrbrüche führten zu notfallmässigen Sanierungen.
Doch der Gemeinderat strich die Gelder für das Oberflächenprojekt Winzerstrasse aus dem Budget 2015, weil er die geplanten Velomassnahmen als unzureichend ansah. Der erforderliche Kredit wurde nach Projektanpassungen für das Budget 2016 gesprochen. «Aber auch bei einem Baubeginn 2015 hätten sich die Projekte Winzer- und Imbisbühlstrasse überschnitten», hält Hackh fest, findet aber, sie würden sich verkehrstechnisch nicht beeinflussen. Einen Einfluss auf den Verkehr hätten hingegen die Arbeiten an der Wehntalerstrasse zwischen Regensdorf und Affoltern, wo die Vorbereitungsarbeiten für die dritte Gubriströhre in Gang sind. Von dort weichen viele zusätzliche Automobilisten über das Frankental und Höngg aus: «Auf diese Planung hat das Tiefbauamt jedoch keinen Einfluss und die Arbeiten an der Winzerstrasse konnten nicht mehr warten».
Das bestätigt auch Fritz Iseli, Abteilungsleiter Projektierung Leitungsbau bei der städtischen Wasserversorgung: «Nach bereits mehreren Terminverschiebungen konnte die Wasserversorgung ab Herbst 2015 endlich mit dem Leitungsersatz beginnen und war im Frühjahr 2016 damit fertig. Während diesem Zeitabschnitt ereigneten sich vier weitere Rohrbrüche an unseren Anlagen an der Winzerstrasse. Da die Bauunternehmung und unsere Montageequipe bei den Ereignissen teilweise bereits vor Ort waren, konnten die Schäden im Rahmen gehalten werden».
Die VBZ mit Verspätungen
Auch bei den VBZ führte die Situation zu Problemen, wie Mediensprecherin Daniela Tobler auf Anfrage des «Hönggers» bekannt gab. Das kleinste ist noch, dass derzeit die Haltestelle Hohenklingensteig beidseits nicht bedient werden kann, die Fahrgäste werden jeweils rechtzeitig darauf hingewiesen.
Mühsamer für alle ist es auf der Regensdorferstrasse: «In der Tat kommt es zurzeit zu erheblichen Verzögerungen unserer Buslinie 46, insbesondere zur Morgenspitze», so Tobler. Auch sie nennt als eine der Ursachen für das hohe Verkehrsaufkommen und den damit verbundenen Rückstau die noch bis Ende November gesperrte Wehntalerstrasse: «Ein Teil des in die Stadt einfliessenden Verkehrs weicht auf die Route via Grünwald/Höngg aus». Aber auch das Verkehrsmanagement im Zusammenhang mit der Baustelle Winzerstrasse würden zu Verkehrsverlagerungen führen, welche bis auf die Regensdorferstrasse ausstrahlen. Ein weiterer Grund sei, dass das Verkehrsaufkommen nach den Herbstferien ohnehin jeweils stark ansteige. «Das führt zu zusätzlichen Behinderungen unserer Busse – nicht nur in der Regensdorferstrasse, sondern stadtweit», so Tobler.
In der Morgenspitze haben auf der Regensdorferstrasse in Fahrtrichtung Meierhofplatz die Verspätungen im Vergleich zum November 2015 stark zugenommen: «Es sind im Schnitt um die zehn Minuten. Bei einzelnen Fahrten kann es vorkommen, dass diese Durchschnittswerte noch massiv überschritten werden. Seit August verzeichnen wir dazu zahlreiche Kundenreaktionen».
Aus rot-weiss wird, trotz Bussen, wieder «grün»
Es ist wie immer: Strassensanierungen sind nötig, bringen jedoch für alle Verkehrsteilnehmer auch Unannehmlichkeiten mit sich. Spätestens aber, wenn die rot-weissen Abschrankungen abgebaut werden, fliesst alles wieder im «grünen Bereich» – sofern bei der allgemeinen Verkehrslage in Höngg von einem solchen gesprochen werden darf. Doch bis dann hält die Stadtpolizei wohl weiterhin fehlbare Velofahrer an. Wie neulich beim Kiosk neben dem Migros Alnatura. Oder wie diesen Dienstag am unteren Ende des Widumweges bei der Limmattalstrasse, wo Velofahrer – vielleicht zur Beruhigung der im Stau stehenden Autofahrer – gleich reihenweise mit 30 Franken gebüsst wurden, weil sie das Fahrverbot missachteten. Rechtlich natürlich völlig korrekt, doch die Frage sei erlaubt, ob der Einsatz der Polizeikräfte derzeit als Verkehrsregler bei der Einmündung der Gsteig- in die Regensdorferstrasse oder der Imbisbühl- in die Regensdorferstrasse nicht sinnvoller wäre?
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