Brandstifter von der Waid muss ins Gefängnis

Ein Zürcher aus der linksextremen Szene muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Er war unter anderem am Brandanschlag auf die Notfunkanlage der Stadtpolizei auf dem Waidberg beteiligt.

Am 31. Januar 2019 drang die Polizei in die Wohnung eines Schweizer Anarchisten in der Stadt Zürich ein und nahm den damals 31-Jährigen fest.
Dem Mann aus der linksextremen Szene wurden Brandstiftungen in Hinwil und Zürich vorgeworfen. So soll er beim Brandanschlag auf Armeefahrzeuge in der Logistikbasis in Hinwil im September 2015 involviert gewesen sein. Dabei brannten neun Militärwagen aus und weitere Fahrzeuge wurden beschädigt. Es entstand ein Sachschaden von 110 000 Franken.
Im Weiteren wurde ihm vorgeworfen, im Juli 2016 auf dem Waidberg bei der Notfunkanlage der Stadtpolizei Zürich Feuer gelegt zu haben. Die Anlage kommt zum Einsatz, wenn der normale Polizeifunk ausfällt. Zusammen mit einem Komplizen drangen die beiden auf das mit einem Zaun abgeriegelte Areal ein. Durch das Feuer entstand ein Schaden von rund 120 000 Franken, die Notfunkanlage war für mehrere Tage nicht betriebsbereit.   

Verräterische DNA-Spuren

Dass die Polizei den verhafteten Anarchisten überhaupt mit den Brandanschlägen in Verbindung bringen konnten, verdankte sie seinen DNA-Spuren in einem ganz anderen Zusammenhang. Der Mann war in einer anarchistischen Bibliothek im Kreis 4 tätig. Dort soll er Plakate, die zu Gewalt aufriefen, aufgehängt oder zumindest geduldet haben. Die Behörden stellten dabei seine DNA sicher, die mit jener bei den beiden Brandanschlägen übereinstimmte. So wurde die DNA des Beschuldigten an einem Mountainbike, an Schutzkleidung, Handschuhen und einem Seitenschneider gefunden. Zudem blieb auch ein Rucksack liegen, in dem ein Reisepass und die DNA eines mutmasslichen Mittäters sichergestellt werden konnten. Dieser namentlich bekannte Verdächtige ist seither auf der Flucht.
Das Bezirksgericht Hinwil verurteilte den Mann im Januar 2020 wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Vom Vorwurf der mehrfachen öffentlichen Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit wurde der Anarchist mangels Beweisen freigesprochen. Auf den fragwürdigen Plakaten fand man keine DNA von ihm. Der Beschuldigte verweigerte am Prozess jegliche Aussage.

Urteil vom Obergericht bestätigt

Der Staatsanwalt hatte am Prozess gesagt, dass die Gesinnung des Beschuldigten durch Radikalität und Gewaltbereitschaft gekennzeichnet sei. So erwähnte er ein Gespräch auf Radio LoRa, wo er unter anderem erzählt habe, wie er es liebe, «Pflastersteine gegen Bullen zu schmeissen». Sein Verteidiger dagegen hatte einen Freispruch verlangt. Die DNA-Spuren seien einzig Indizien, keine Beweise. Alles sei möglich, sagte er. Das Urteil ist inzwischen vom Zürcher Obergericht bestätigt worden, der Mann muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis sowie Schadenersatz zahlen.
Im Vorfeld des Prozesses veröffentlichte ein Online-Portal aus der linksextremen Szene eine Mitteilung, in der sie sich vom Beschuldigten distanzierten: «Wir als bisherige Soligruppe beenden hiermit öffentlich unsere solidarische und unterstützende Tätigkeit für den Gefangenen», hiess es in der Stellungnahme. Der Grund:  Der Mann habe in einer schriftlichen Erklärung zuhanden des Staatsanwaltes Aussagen gemacht, die gegen den noch auf der Flucht befindlichen «Gefährten» im Fall des Brandanschlages auf der Waid verwendet werden könnten und diesen belasten würden. Der Beschuldigte hat diese schriftliche Erklärung allerdings kurz vor Prozessbeginn wieder vollständig zurückgezogen. Welche Erklärungen der Mann gemacht hat, wurde am Prozess in Hinwil aufs Tapet gebracht. So hatte der Beschuldigte in seiner Schlusserklärung beim Staatsanwalt behauptet, beim Waidberg zwei Leute getroffen und ihnen nur geholfen zu haben, eine Leiter zu tragen und ein Velo zu schieben. Laut Anklageschrift überwand der Beschuldigte aber selber zuerst einen ersten Drahtzaun mit einer Leiter und durchtrennte dann einen weiteren mit einem Seitenschneider.

Weitere Sabotageakte

Die beiden Vorfälle waren Teil einer Serie von Brandstiftungen, vermutlich aus der linksextremen Szene. Unter anderem gab es Sabotageakte auf das türkische Konsulat in Zürich und auf Autos der städtischen Graffiti-Stelle. 2017 wurde auf der Baustelle des Polizei- und Justizzentrums (PJZ) im Kreis 4 Feuer gelegt, das auf eine benachbarte Trafoanlage übergriff und zu einem Stromausfall und mehreren Explosionen führten. Auch die Brandstiftung 2016 in einem SBB-Kabelkanal wird dieser Szene zugeschrieben. Damals wurde der Bahnverkehr in Zürich während Stunden lahmgelegt.

 

Die Serie «Tatort Kreis 10» befasst sich mit Verbrechen oder Unfällen, die sich in Wipkingen und Höngg ereignet haben. Sie endet vorläufig mit dieser Episode. Die Redaktion ist offen für Hinweise auf weitere Fälle im Kreis 10 aus der Bevölkerung auf redaktion@hoengger.ch.

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