Quartierleben
«Blaue Schweden» im «Grünwald»
An der «Genusswoche», mitgetragen von verschiedensten Betrieben und Institutionen, beteiligt sich die ganze kulinarische Schweiz – darunter auch das Restaurant Grünwald. Einer Schulklasse aus Höngg bot sich dadurch ein einmaliger Morgen.
16. September 2010 — Fredy Haffner
Die «Genusswoche» findet bereits zum zehnten Mal statt – doch in Zürich nahm man sie bislang nicht so richtig wahr. «Das liegt daran», so Martin Weiss, Leiter der Zürcher Genusswoche, «dass wir uns mit dem Prinzip des simplen ‹Geniessens› und ein paar ‹lustigen› Menüs nicht zufrieden geben wollten. Nein, wir wollten etwas bewegen auf den Äckern, den Tellern und im Kopf.» Und so kam es, dass nun zahlreiche Organisationen, die sich für eine verantwortungsvolle Ernährung einsetzen, gemeinsam hinter der Zürcher Genusswoche stehen. «Zurück zu den Wurzeln», heisst das Motto. Vordergründig geht es dabei natürlich ums Essen, aber auch darum, bedrohte Pflanzenarten und Nutztierrassen auf die Teller zu bringen. «Denn wenn wir etwas essen, das zu verschwinden droht, helfen wir mit, es zu erhalten. Und wenn wir es erhalten, tun wir auch etwas für die Biodiversität, ganz im Sinne des entsprechenden UNO-Jahres», sagt Martin Weiss. Einer, der sich dieser Idee verschrieben hat, ist der Gerant des Restaurants Grünwald, Nicolas F. Blangey. Über den Tellerrand hinausdenkend, kam er auf die Idee, den Auftakt zur «Genusswoche» zusammen mit einer Schulklasse aus Höngg zu gestalten.
Vielfalt anders betrachtet
So kam es, dass letzten Donnerstag alle 23 Kinder der fünften Klasse von Sibylle Oetterli und Hanspeter Müller, Schulhaus Bläsi, um 10 Uhr gespannt vor dem «Grünwald» warteten. Bis es dann aber losgehen konnte, wollte zuerst der neu gestaltete Spielplatz eingeweiht werden – was dann auch ausgelassen getan wurde. Derweil legte Küchenchef René Ulmann auf einem grossen Tisch in der «Gartenschüür» allerlei Obst, Gemüse und Früchte bereit. Ausgestattet mit Schürze und Kochmütze, gingen die Schülerinnen und Schüler bald darauf voller Eifer an die erste Aufgabe: Wer kennt was? Bereit lag eine Auswahl, wie man sie an mehreren Marktständen zusammensuchen müsste: von zwölf verschiedenen Tomatensorten über armlange Stangenbohnen zu verschiedenen Pilzen und «blauen Schweden» – was einfach der Name einer Kartoffelsorte ist. Doch so einfach war das eben nicht: Das kulinarische Fachwissen der ganzen Klasse war erstaunlich, doch kaum ein einziges Kind erkannte alle Produkte – die Lehrpersonen und der «Höngger» allerdings auch nicht. So kamen die Ausführungen von Nicolas F. Blangey und René Ulmann gerade richtig. Sie erklärten, wie es kommt, dass heute in den Grossverteilern oft nur wenige Sorten angeboten werden, während die ursprüngliche Vielfalt leise verschwindet. Schuld daran sind nebst den Erwartungen der Konsumenten an Faktoren wie zum Beispiel die Haltbarkeit auch die Produktionsmethoden, die immer mehr technisiert werden und nur funktionieren, wenn Früchte und Gemüse beinahe normierte Formen haben. Doch bald darauf ging es ans Rüsten, denn das Ziel des Vormittags war ja nicht zuletzt das gemeinsame Mittag essen. Auch hier zeigte sich schnell, wer zuhause gerne hilft – die anderen legten dann und wann einen Zwischenstopp bei der Pflasterbox ein. Während eine Gruppe im Untergeschoss Salat in unbekannten Mengen wusch, führte Blangey eine zweite in die Küche, um «blaue Schweden» und ihresgleichen in den Steamer zu bringen. Mitten im normalen Hochbetrieb zu dieser Zeit in der Küche des «Grünwalds» stand der Küchenchef in aller Ruhe mit einer Schar Kinder an der grossen Kippbratpfanne und fügte Zutat um Zutat zu einem Ratatouille zusammen. Die Menge der Gewürze, der Dampf und die Konzentration der Mitarbeiter, all dies liess die «Jungköche» staunen – gut möglich, dass die eine oder der andere an diesem Vormittag einen Berufswunsch entdeckt hat. Unterdessen halfen Mit arbeite rinnen des Serviceteams beim Aufdecken mit und einige der Kinder hatte es erlaubterweise wieder auf den Spielplatz gezogen. Doch als das Essen bereit war, sassen auch sie alle wieder erwartungsfroh auf ihren Plätzen. Salat, Gemüse, Pilzsauce und Fruchtsalat: alles selbst gerüstet, das Restaurant Grünwald steuerte die Pouletbrüste bei und das Mittagessen war für alle ein würdiger Auftakt zur «Genusswoche» – die allerdings für die Kinder nach dem Mittagessen bereits wieder durch den normalen Schulbetrieb beeendet wurde.
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