Bewegung ins Quartier bringen

Als Bewegungspädagogin unterrichtet Viviana Velardi Schwangere und Frauen nach der Geburt. In ihrem Zweitjob in der Arche sorgt sie zudem dafür, dass Kinder und Jugendliche Unterstützung in Schule und Berufswahl haben.

Viviana Velardi weiss, was es braucht, um ausgeglichen und zufrieden zu sein. (Foto: zvg)

Seit über zwanzig Jahren lebe ich mit meiner Familie im Rütihof. Hier sind meine drei Söhne gross geworden, hier fühlen wir uns wohl und sind sehr gut integriert und eingebettet. Dass wir im Rütihof gelandet sind, war eigentlich reiner Zufall – auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum für eine junge Familie sind wir auf unsere Genossenschaftswohnung gestossen.

Kurse im Quartier

Doch auch vorher schon habe ich gar nicht weit weg gelebt. Aufgewachsen bin ich nämlich in Wipkingen und habe immer in der näheren Umgebung gewohnt. In Zürich habe ich auch meine Berufsausbildung zur Bewegungspädagogin absolviert und bin seither in diesem Beruf tätig, schon mehr als 30 Jahre lang. Ich arbeite selbstständig und gebe verschiedene Kurse, vor allem für Schwangere im Rahmen der Geburtsvorbereitung und Rückbildungsturnen, aber auch Pilates und Fitness. Meine Kurse finden hauptsächlich im Quartier und in der näheren Umgebung statt, in Höngg, Wipkingen und Oberengstringen, teilweise auch im USZ Spital. Manche meiner Teilnehmerinnen besuchen bereits seit etlichen Jahren denselben Kurs und treffen sich jede Woche zum Fitness – da haben sich aus dem sportlichen Treffpunkt schon richtige Freundschaften entwickelt. Leider ist es seit Beginn der Pandemie deutlich schwieriger geworden, Kurse zu geben, so dass ich heute nicht mehr so viele Lektionen anbieten kann wie noch vor Corona.

Kinderbetreuung in der Grünau

Doch dafür habe ich seit diesem Sommer einen zweiten Job angenommen: Ich bin nun in der Arche Grünau als Projektkoordinatorin für die Kinderbegleitung zuständig. Dabei unterstützen Freiwillige Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bei den Hausaufgaben und bei der Berufswahl.  Als Projektkoordinatorin bin ich für die Betreuung der Freiwilligen zuständig. Das ist gar nicht so einfach, weil die Freiwilligen zum Wohl der Kinder und um eine gewisse Beständigkeit garantieren zu können, äusserst sorgfältig ausgesucht werden. Wir sind immer auf der Suche nach Leuten, die sich bei uns engagieren wollen – der Bedarf ist gross. Dieser Job gefällt mir mindestens so gut wie mein alter, ich mag das lebendige und multikulturelle Quartier in der Grünau, den Kontakt zu den Kindern und das Gefühl, etwas Sinnvolles tun zu können. Ich rekrutiere aber nicht nur andere Freiwillige, sondern beteilige mich selbst auch bei der Kinderbegleitung. Einmal pro Woche treffe ich mich mit einem jungen Mädchen aus Bangladesh und berate sie dabei, welche Lehre sie machen soll.

Kinder werden langsam erwachsen

Meine eigenen Kinder sind ebenfalls alle schon fast erwachsen, der Älteste ist bereits 21, der Jüngste 16. Sie sind alle in Studium und Ausbildung und auf einem sehr guten Weg. Lustigerweise verkörpern sie viel konservativere Werte als mein Mann und ich, die doch eher Freigeister sind. Die drei legen grossen Wert auf Zusammenhalt und Familie, das ist schön zu sehen. Kennengelernt habe ich meinen Mann vor über dreissig Jahren in Süditalien, in der Stadt, aus dem auch meine Mutter stammt. Eine ganze Weile lang führten wir eine Fernbeziehung, doch als ich mit dem ersten Kind schwanger wurde, zog er zu mir in die Schweiz.

Italien als zweite Heimat

Für die Zukunft könnte ich mir aber auch sehr gut vorstellen, es genauso zu handhaben wie meine Mutter. Sie lebt zwar hier in der Schweiz, verbringt jedoch im Sommer immer mehrere Monate in Süditalien. So was würde mir auch gefallen. Wenn unser jüngster Sohn mal volljährig und ausgezogen ist, werden wir uns überlegen, uns auch so ein Refugium, am liebsten in einem Trullo, zu schaffen und jedes Jahr für ein paar Wochen oder Monate zu verschwinden. Doch bis dahin bin ich hier auch ganz glücklich. Ich bin generell ein ziemlich ausgeglichener und zufriedener Mensch und glaube zu wissen, wie ich mich gut von Stress regenerieren kann: mit guten Freundinnen, einem intakten Sozialnetz, gutem Essen, ausreichend Schlaf und ab und zu mal einer Runde tanzen. Mit diesem Rezept fühle ich mich stark und bereit, alle Herausforderungen anzunehmen, die das Leben so für mich bereithält.

Porträt-Stafette

In diesen monatlichen Beiträgen werden ganz normale Menschen aus Höngg porträtiert: Man braucht nicht der Lokalprominenz anzugehören und muss auch nicht irgendwelche herausragenden Leistungen vollbracht haben, nein, denn das Spezielle steckt oft im scheinbar Unscheinbaren, in Menschen «wie du und ich». 
Sollte die Stafette abreissen, sind wir froh, wenn auch Sie uns mögliche Kandidat*innen melden. Kontaktangaben bitte per Mail an redaktion@hoengger.ch oder Telefon 044 340 17 05. 

 

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