Baugeschichte Höngg
Bar jeglicher Nostalgie
«Damals & Heute» – bauliche Veränderungen geschehen laufend. Was heute noch als optische Wegmarke, als Fixpunkt des räumlichen Gedächtnisses oder schlicht als «Zuhause» gilt, sieht morgen schon anders aus. Auf zu einem wahllosen Streifzug durch Hönggs Wandel, bar der Nostalgie.
29. März 2017 — Fredy Haffner
Dass Höngg, wie alle anderen Quartiere Zürichs oder einer x-beliebigen Stadt weltweit, nicht irgendwann fertig gebaut und der Anblick für alle Ewigkeit in Holz gesägt oder in Stein beziehungsweise Beton gemeisselt ist, ist selbstverständlich. Da mag sich mancher heimatschützerische Geist oder mancher architekturhistorische Kenner dagegen wehren, und selbst normale Quartierbewohnende mögen sich ärgern oder einfach nur traurig sein und in nostalgischen Gedanken verweilen, wenn altvertraute Gebäude verschwinden oder so umgebaut werden, dass man sie kaum wiedererkennt – doch ehrlich betrachtet will ja auch niemand mehr in Höhlen und Laubhütten leben. Mal ganz abgesehen von allen anderen realen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder anderen Gründen, welche dazu führen, dass Häuser und andere Bauten einer laufenden Veränderung unterworfen sind.
Damals wie heute
So hat und wird sich auch Höngg weiterhin stetig verändern. Was die Vergangenheit betrifft, so zeigte dies – selbst schon ein «Damals» – die Foto-Serie «Damals & Heute» im «Höngger» eindrücklich auf. Als virtueller Gang durch Hönggs Baugeschichte weckt sie unter www.hoengger.ch, im Archiv unter «Damals & Heute» weiterhin viele Erinnerungen – oder zeigt jenen, die das «Damals» nicht selbst miterlebten, wie, was früher aussah, was sie heute als gegeben betrachten. Bis es dann dereinst seinerseits zum «Damals» wird, dieses Heute. Die Serie liesse sich laufend aktuell fortführen, denn bereits wenige Jahre nach dem ein altes Haus durch ein neues ersetzt wurde, hat man den Ersatzbau selbst so fest ins eigene optische Gedächtnis einzementiert, dass man sich des alten Anblicks kaum erinnert.
Am ganzen Hang wird fleissig gebaut
Einige wahllos ausgesuchte Beispiele zeigen diese Seiten des Fokus-Themas. Ein eindrückliches bezüglich baulicher Verdichtung ist die Siedlung «Winzermatte» an der Winzerhalde 99 bis 109, die ihrer Lage wegen wahrscheinlich im restlichen Höngg nicht überall wahrgenommen wurde. Die beiden Aufnahmen auf dieser Seite. Wo unlängst noch direkt am Kanal der Werdinsel einfache, parallel angeordnete Bauten standen, stehen heute moderne, ineinander verschachtelte, rhomboide Häuser der Anlagestiftung der Zurich Invest AG. Die bereits im Mai 2016 bezogenen Bauten umfassen 67 Mietwohnungen zwischen 1,5 und 4,5-Zimmer auf einer im Vergleich zur früheren Überbauung grösseren Mietfläche. «Die Mietzinse entsprechen der aktuellen Marktsituation», gab die Verwaltung zur Auskunft, aktuell seien bis auf drei Wohnungen alle vermietet. Während ganz unten an Hönggs Grenze Ersatzneubauten entstanden, wird derzeit ganz oben, am Ende der Kürbergstrasse, eine «letzte» Grünfläche mit Eigentumswohnungen überbaut. Die Aussicht wird einmalig sein. Entlang der Ottenbergstrasse hat, wer regelmässig im Bus sitzt oder hinter einem solchen an der Bushaltestelle im Auto wartet, genug Zeit, um vor allem hangseitig zu beobachten, wie sich die Gebäudesilhouette laufend verändert. Derzeit am auffälligsten gleich zu Beginn der Strasse stadteinwärts: Dort sind zwei Häuser entstanden, die nun so gut sichtbar dort stehen, dass man beinahe fragt, ob dort zuvor überhaupt schon Häuser standen. Überhaupt braucht man nur entlang der Hauptverkehrswege zu fahren, und schon sieht man allenthalben Baugerüste oder bereits Baukräne stehen. So auch an der Regensdorferstrasse, der Winzerstrasse, der Limmattalstrasse. Höngg, die bevorzugte Wohnlage, passt sich der Nachfrage an und erneuert sich weiterhin. Nostalgie ist – entgegen dem Titel dieses Beitrags – erlaubt. Ebenso, sich über die neuen Häuser zu freuen und sich mit der gesellschaftlichen Veränderung, die sie mit sich bringt, auseinanderzusetzen.
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