Politik
Aufmerksamkeit als Währung im Wahlkampf
«Clickbaits»: Wer Online-Medien konsumiert, ist ihnen schon begegnet, den reissenden Titeln, die dazu verlocken sollen, sie anzuklicken – denn jeder Klick zählt. Je öfter eine Homepage besucht wird, desto teurer lässt sich Werbung auf ihr verkaufen.
22. September 2015 — Eingesandter Artikel
«Clickbaiting» hat auch im Wahlkampf Einzug gehalten. Man fragt sich: «Geht es noch um Inhalte, oder ist der Klick die einzige Währung die zählt?» Besingt sich ein Kandidat in schrägen Tönen selbst, ist noch ein Inhalt zu erkennen. Wenn es aber nur darum geht, dass ein alter, reicher Mann in seinem Pool badet und sich ein Zuger Nationalrat über ein Missbrauchsopfer lustig macht, hat dies nichts mehr mit politischem Inhalt zu tun. Dann geht es nur noch um Klicks. Die Aufmerksamkeit wird zur Währung im Wahlkampf.
Lustige Videos: Ja, aber mit Inhalt
Auch die SP hat schon in diversen Abstimmungs- und Wahlkämpfen mit Videos gearbeitet, und sicher ging es dabei auch um Aufmerksamkeit. Aber diese war nie Selbstzweck. Egal ob ein Plüschzebra die Listenwahl erklärte oder Stadtratskandidierende «Mis Dach isch de Himmel vo Züri» sangen, es ging immer um das Vermitteln von Inhalten. Politik darf, ja soll, auch lustig und unverkrampft sein. Aber wenn Klamauk nur um des Klamaukes Willen produziert wird, hat dies nichts mehr mit Politik zu tun.
Ich wähle Nationalrätinnen und Nationalräte, nicht Videostars
Am 18. Oktober wird gewählt – aber nicht das nächste Supertalent, sondern ein neues Parlament, welches die Politik in unserem Land für die nächsten vier Jahre bestimmen wird. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich werde darum eine Partei wählen, die mit Inhalten und der Arbeit ihrer Amtsträgerinnen und Amtsträger punktet und nicht durch lustige Videos und erschreckende Plakate Aufmerksamkeit um jeden Preis ergattern will.
Wenn das neugewählte Parlament tagt, wird es nicht darum gehen, wer das lustigste Video drehen kann und am meisten Klicks bekommt. Es wird in der nächsten Legislatur darum gehen, ob wir die Energiewende packen oder weiter auf die Atomkraft mit ihren unberechenbaren Risiken und ungelösten Endlagerproblemen setzen. Es wird sich entscheiden, ob wir alle länger für weniger Rente arbeiten müssen oder die Renten zumindest etwas ansteigen. Es wird darum gehen, ob es bezahlbaren Wohnraum für alle gibt oder ausländische Immobilienfirmen mit unserem Boden spekulieren dürfen und die Preise in die Höhe treiben. Es wird um die Zukunft unseres Landes gehen, um unsere Zukunft!
Ich werde am 18. Oktober wählen gehen und ich gebe meine Stimme der SP, weil sie sich für alle Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes einsetzt und nicht nur für diejenigen mit genug Geld oder einer starken Lobby. Und ich hoffe, auch Ihr Wahlzettel landet bei den National- und Ständeratswahlen in der Wahlurne und nicht im Altpapier.
Sylvie Fee Matter, Zürcher Kantonsrätin SP
0 Kommentare