Quartierleben
Auf Trüffelsuche in Höngg
Wer meint, Pudel seien nur Schosshündchen für alte Damen, der täuscht sich. Silvia Eggli sucht mit ihrem Pudel Kleo nach Trüffeln, die sie auch an Restaurants verkauft – doch nur, wenn ihre Familie genug von Trüffel -Rezepten in allen Variationen hat.
1. November 2012 — Redaktion Höngger
Es nieselt, doch Pudel Kleo – wäre er eine Hündin, würde er Kleopatra heissen – stört dies nicht. Aufgeregt trippelt der dreijährige Hund vor seiner Besitzerin Silvia Eggli her. Er weiss genau, dass etwas Besonderes ansteht, wenn die lange Schleppleine an seinem Geschirr befestigt ist. «Man glaubt es kaum, aber auch mitten in der Stadt finden wir Trüffel», so die 47-Jährige. Wie kommt die Mutter zweier Teenager dazu, mit ihrem Hund nach Trüffeln zu suchen? «Meine Hundetrainerin in der Hundeschule bietet Trüffelsuch-Kurse an, und da Kleo schon immer gerne mit der Nase arbeitete, lag es nahe, einen Anfängerkurs zu besuchen.» Silvia Eggli, seit 15 Jahren in Höngg daheim, hatte zuvor keine spezielle Liebe zum Trüffel, dem unterirdischen Pilz, der früher oft von ausgebildeten, weiblichen Trüffelschweinen gesucht wurde – dies weil der Duft des Trüffels dem Sexuallockstoff der Eber, dem a-Androsteron, ähnelt und die weiblichen Schweine diesen Duft sozusagen von selbst suchen.
Lastet den Hund aus und freut das «Frauchen»
Vor zwei Jahren haben die beiden mit Trüffelsuchen begonnen: «Es ist eine ideale Beschäftigung für den Hund, die ihn auch auslastet. Kleo ist glücklich, wenn er etwas findet und danach von mir gelobt wird, und für mich ist es abwechslungsreicher, als bloss mit ihm spazieren zu gehen.» So abwechslungsreich gar, dass das Trüffel-Team schon von manchem Spaziergänger gefragt wurde, was es denn im Laub zu finden gäbe, so auch von der «Höngger»-Redaktorin, die darin sofort einen spannenden Bericht erkannte. «Trüffel suchen ist nicht so angenehm, wie man sich dies vielleicht vorstellen mag. Die Pilze wachsen oft in der Nähe von Eichen, Buchen und Haselsträuchern und nicht selten an etwas schattigen Plätzen. In der Stadt werden diese leider oft als Toilette von Menschen missbraucht. Kleo und ich merken dies an dem vielen Abfall, den es in etwas versteckteren Sträuchern und Wäldchen hat.» Beim «Trüffeln» mit der Redaktorin des «Hönggers» bestätigte sich dies, lagen doch Papiertaschentücher und Plastikfetzen zuhauf herum. «Das ist einfach schade. Ich überlege mir, ob ich in Zukunft gleich noch einen Abfallsack zum ‹Trüffeln› mitnehmen soll, um den Müll einzusammeln», so Silvia Eggli. Das kümmert Kleo wenig. Zielstrebig folgt er seiner Nase und wieselt im Laub umher, um immer wieder stehenzubleiben und mit den Vorderpfoten die oberste Erdschicht abzugraben. Das ist das Timing für seine Besitzerin: Ausgerüstet mit Gartenhandschuhen und einem Unkrautstecher gräbt sie weiter, falls Kleo den Trüffel nicht schon selbst gefunden und ihn seinem «Frauchen» in die Hand gelegt hat. «Meist braucht es nur wenige Scharrbewegungen, und er hat den Trüffel schon», freut sie sich über ihren cleveren Hund. Zum Glück ist Kleo nicht einer der Konsorten, die die gefundenen Trüffel gleich genüsslich selbst verzehren – das gibt es nämlich auch. «Seine Belohnung ist nach jedem Trüffel ein kleines Hundeguetzli und positive Bestärkung, also Lob. So macht uns das ‹Trüffeln› grossen Spass: Es ist in nächster Umgebung und bei jedem Wetter machbar.» Gewissenhaft wird jedes Loch nach dem Fund wieder zugedeckt, da an diesem Ort sonst kein Pilz mehr wachsen würde. Wieso hat sich die Hönggerin mit Berner Wurzeln denn genau einen Pudel als vierbeinigen Gefährten ausgesucht? «Mein Mann wollte anfänglich keinen Hund wegen der Haare. Da ich Hunde aber liebe, informierte ich mich und fand heraus, dass Pudel nicht haaren. Zudem haben sie das Image, etwas ‹doofe› Hündchen für alte Damen zu sein – dies zu widerlegen, reizte mich. Pudel sind sehr intelligente, vife Hunde, und manchmal ist mir Kleo sogar fast etwas zu gescheit . . . ».
Kleo verdient eigenen Lohn
Obwohl das «Trüffeln» bloss ein Hobby von Silvia Eggli und Kleo ist, haben die zwei damit auch schon Geld verdient. «Der Burgunder Trüffel, den man hier in der Schweiz oft findet, kostet pro Kilogramm etwa 600 Franken. Je nach Ort findet Kleo kleine Trüffel, die nur wenige Zentimeter Durchmesser haben, oder grössere, die auch mal 300 Gramm schwer sind.» Alleine dieses Jahr hat der eifrige Schnüffler etwa zwei Kilogramm Trüffel erschnuppert. «Ich schaute dann im Internet, welche Restaurants Gerichte mit Trüffel anbieten, und meldete mich bei einigen. Beat Caduff von «Caduff’s Wineloft» kaufte uns dann prompt etwa 600 Gramm Trüffel ab – ich erhielt dafür etwa 300 Franken, die ich für Kleo auf die Seite legte.» Auch bei Bravo Ravioli in Höngg brachte sie schon Trüffel an den Mann: Samuel Binkert verarbeitete die vom Trüffel-Team gefundenen Pilze in seinen bekannten Ravioli und hat erst kürzlich um Nachschub gebeten: «Das heisst für uns: Ab zum Trüffeln», lacht Silvia Eggli und krault ihrem «Mitarbeiter» das Kinn.
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