Kultur
Auf den Spuren des schlüpfenden Krokodils
Vier Jahre lang hat sich die Wipkinger Künstlerin Johanna Bossart intensiv mit dem Höngger Künstler Uli Schoop auseinandergesetzt. Nun hat sie ein Buch über ihre Recherche herausgegeben.
25. November 2024 — Dagmar Schräder
Der «denkende Affe», das «schlüpfende Krokodil», der «Marabu» und die «junge Antilope» haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind allesamt Tierskulpturen – und sie befinden sich alle an öffentlichen Orten in der Stadt Zürich. Während aber die meisten Passant*innen diese Kunstwerke wohl kaum wahrnehmen und deren Vorhandensein beiläufig akzeptieren, weckten sie bei der Wipkinger Künstlerin Johanna Bossart die Neugierde. Warum, so fragte sie sich, stehen in Zürich so viele Tierskulpturen an öffentlichen Plätzen – und wer hat sie geschaffen?
Wer ist die Person hinter den Kunstwerken?
Diese Frage war der Ausgangspunkt einer vierjährigen Auseinandersetzung mit dem Erschaffer der Figuren, dem Bildhauer und Maler Uli Schoop. Bossart folgte den Spuren seiner Kunstwerke dabei quer durch die Stadt Zürich, die Schweiz und sogar bis zum Museum of Modern Art in New York.
Die Spurensuche gestaltete sich dabei für Bossart nicht ganz einfach: Obwohl seine Werke in der Stadt sehr präsent sind, hat die Person Uli Schoop nie besondere Berühmtheit erlangt. Geboren 1903 in Köln, lebte er als Kind anschliessend in Höngg und besuchte hier im Quartier die Primarschule.
Später wechselte er an die Kunstgewerbeschule in Zürich und absolvierte anschliessend eine Grafikerlehre bei Orell Füssli. Die 16 Tierskulpturen, die in der Stadt Zürich aufgestellt sind, sind über vier Jahrzehnte, zwischen den späten 1930ern und den 1970ern entstanden. Schoop verstarb 1990 in Hombrechtikon.
Persönliche Auseinandersetzung
Anfang November präsentierte Bossart nun gemeinsam mit der Verlegerin Vera Ida Müller zahlreichen interessierten Gästen, darunter einigen Familienmitgliedern Schoops, im Raum «jevous-propose» von Sabina Kohler die Ergebnisse der Entdeckungsreise: Ihr Buch «Schlüpfendes Krokodil» würdigt die Arbeit Schoops, aber nicht in Form einer Biografie oder einer Chronologie seiner Kunst, sondern als persönliche Auseinandersetzung mit dem Werk und der Suche nach Antworten.
So lässt sie die Leserschaft sowohl an ihren eigenen, tagebuchartig verfassten Gedanken, als auch am umfangreichen E-Mail-Verkehr, mit dem sie sich auf die Suche nach den Werken Schoops begab, teilhaben, gewährt gleichzeitig aber auch Einblicke in Briefwechsel zwischen Schoop und verschiedenen Institutionen.
Auch ein Dialog mit der Architektin und Architekturhistorikerin Bernadette Fülscher, welche die Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Zürich inventarisiert hat, findet sich hier. Das Gespräch zwischen den beiden Frauen greift grosse Fragen auf, etwa, an wen Kunst eigentlich adressiert ist oder wem der öffentliche Raum gehört. Umrahmt werden die Informationen durch Fotografien, die Bossart von den Skulpturen angefertigt hat.
Die Auseinandersetzung mit dem Künstler wird somit zu einem eigenständigen Kunstprojekt – und macht Lust darauf, sich selbst auf Entdeckungstour nach den ausdrucksstarken Tierfiguren zu begeben.
Dazu müssen keine weiten Wege zurückgelegt werden: So steht im Landenbergpark in Wipkingen die Steinskulptur «Rotkäppchen», die den Ausgangspunkt für Bossarts Auseinandersetzung mit Schoop darstellte. Und in der Badi «Zwischen den Hölzern» weist der «Grittibenz» den Kindern den Weg zum Spielplatz.
Schlüpfendes Krokodil
Eine Forschungs- und Beobachtungsarbeit zum Bildhauer Uli Schoop von Johanna Bossart
208 Seiten
ISBN 978-3-907112-73-1
Vexer Verlag, St. Gallen, 2024
www.vexer.ch
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