Höngger Fauna
«Anke seit mer in Höngg, nöd Butter»
So korrigierte mich einst mein Grossvater, notabene ein Basler, und fügte auch gleich die kindgerechte Eselsbrücke hinzu: «Du seisch ja au nöd Buttertierli, sondern Anketierli».
16. Juni 2020 — Marianne Haffner
Marienkäfer sind Krabbeltiere, die alle mögen. Und sie punkten im wahrsten Sinne des Wortes: Bis zu 22 Punkte kann man auf den Deckflügeln der über 80 einheimischen Arten zählen. Oft verleiht die Punktzahl den Artnamen: So hat der Siebenpunkt sieben Punkte, was ihn zum sympathischen Glückskäfer macht. Ihm allerdings dienen die schwarzen Punkte auf rotem Grund als Warnfarbe für Feinde, zu denen etwa Vögel, Eidechsen und auch andere Insekten zählen. Droht ihm Gefahr, sondert das Anketierli ein gelbes Sekret aus seinen Beindrüsen ab. Dieses riecht unangenehm, ist bitter und sogar giftig für kleine Angreifer. Damit werden Ameisen vertrieben, die «ihre» Zuckersaft spendenden Blattlauskolonien vor Angriffen verteidigen. Denn Blattläuse sind nun mal die Hauptspeise von Marienkäfern. So kann ein Siebenpunkt bis 150 Blattläuse pro Tag vertilgen, seine Larve etwa 70. Diese «Blattlauslöwen» sind jetzt, im Juni, überall unterwegs und können gut beobachtet werden, wie sie rastlos Läuse von Pflanzenstängeln picken. Plötzlich entdeckt man auch Larven, die – von einer inneren Unruhe getrieben – auf einem Blatt herumsuchen, bis sie mit einem klebrigen Sekret ihren Hinterleib darauf befestigen. Bald springt die Rückenhaut auf und eine Puppe erscheint, die ausschaut wie eine winzige Schmuckdose. Eine Woche später zwängt sich daraus der fertige Siebenpunkt-Käfer. Anfangs noch gelb gefärbt, wird er nach ein paar Stunden rot mit schwarzen Punkten und fliegt weg zur Blattlaus-, aber auch zur Partnersuche. Nach der Paarung legen die Weibchen rund 400 Eier auf von Blattläusen befallene Pflanzenteile. Daraus schlüpfen nach rund einer Woche die Larven, die sich im Juli und August zur zweiten Käfergeneration entwickeln. Ausgerüstet mit eigenen Frostschutzmitteln überdauern die Käfer den Winter, bevor sie im nächsten April mit der Fortpflanzung beginnen, so dass man ab Mai wieder den Larven beim grossen Blattlausfressen zuschauen kann. Leider beobachtete ich bisher in meinem Garten nur Asiatische Marienkäfer und ihre Larven. Einst zur biologischen Schädlingsbekämpfung in Gewächshäusern eingesetzt, eroberten die aus entwischten Käfern entstandenen Freilandpopulationen seit 2006 invasiv auch Zürich. Hoffentlich haben Sie mehr Glück als ich und finden echte «Glücks-Chäferli», Höngger Anketierli mit sieben Punkten – dann wäre alles in Butter, bzw. im Anke.
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