Dagmar schreibt
Alles fährt Ski? Ich nicht!
Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute über einen Nationalsport, der nicht der ihrige ist.
9. März 2025 — Dagmar Schräder
So, die Sportferien sind schon wieder Vergangenheit. Ich hoffe, Sie haben die Zeit in den Bergen genossen? Ich muss gestehen, ich bin froh, dass diese zwei Wochen vorbei sind. Denn von mir aus könnte man auf diese überflüssigen Ferien verzichten.
Mich nervt nur schon der Name: Sportferien! Wie überheblich. Als ob man nur im Februar Sport treiben würde. Aber klar, es geht ums Skifahren. Und mit dem steh ich ohnehin auf Kriegsfuss. Das Elend fing in der Skischule an. Hier versuchte ich als Kind ein paar traurige Winter lang auf Geheiss meiner Eltern mein Glück. Doch ich war viel zu zart besaitet, um mich vor einer ganzen Klasse fremder Kinder mit meinen Pizzabögen blosszustellen und schob regelmässig die Krise.
Also doch lieber Fahren mit der Familie. Doch abgesehen von all den Wutanfällen, weil die Bindungen klemmten, die Schuhe drückten, die Mütze verrutschte oder die Handschuhe viel zu heiss waren, gab es da für mich eine weitere schier unüberwindliche Hürde, die zwischen mir und dem Spass standen: der Transport auf den Berg. Denn dafür musste man einen Bügellift benutzen. Und dieses Transportmittel war für mich nicht geeignet.
Einmal war ich so glücklich, dass ich es geschafft hatte, mich die ganze Strecke bis oben hin im Bügel zu halten, dass ich vergass, am Exitpunkt auszusteigen. Ich fuhr einfach weiter, bis auf die Spitze einer rund drei Meter hohen Rampe, die eigentlich nur für die Bügel gedacht war. Kein Ort für einen Menschen. Das merkte ich dann auch, doch leider gab es keinen Ausweg: Vor mir drohte der Abgrund, hinter mir folgten all die leeren Bügel, die mich am Kopf zu treffen drohten. Hilflos und bemitleidenswert hing ich dort fest, zur heimlichen Belustigung der Umstehenden, bis jemand den Lift anhielt und mich aus meiner misslichen Lage befreite.
Wenig später trat ein neues Problem auf: Es gelang mir immerhin, mit dem Lift zu fahren und auch korrekt abzubügeln, aber das ging nur alleine. Immer, wenn sich jemand zu mir auf den Zweierbügel gesellte, schaffte ich es irgendwie, mein Gewicht so zu verlagern, dass ich mit den Ski auf die Seite des Gegenübers rutschte und diesen regelrecht aus dem Lift drückte. Und zwar immer. Das war das Ende der unglücklichen Beziehung zwischen mir und dem Nationalsport. Zum Glück war ich schon alt genug, um nicht mehr an schulischen Skitagen teilnehmen zu müssen. Und überhaupt verzog ich mich bald für das Studium nach Berlin. Da redete keiner von Sportferien.
Bis ich eine Familie gründete. Lange Zeit schaffte ich es, den Kindern diesen Sport vorzuenthalten. Doch irgendwann merkten sie, was all ihre Freund*innen so trieben. Also fügte ich mich. Buchte eine Ferienwohnung, mietete Equipment für sie und meldete sie zum Unterricht an, denn von mir konnten sie das wohl kaum lernen. Und was soll ich sagen: Das machte ihnen Spass! Deshalb mache ich jetzt auch wieder Skiferien. Aber das Gute ist: Ich kann den anderen von der Beiz aus bei ihrem seltsamen Tun zuschauen. So lässt sich das sogar aushalten.
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