Quartierleben
Akustischer Herzschmerz im Kulturkeller
Der letzte Freitag im Kulturkeller Höngg der Lila Villa stand ganz im Zeichen der Melancholie: «Prader & knecht», ein Zürcher Duo, und «Take Berlin», ebenfalls ein Duo, standen auf der Bühne.
22. Oktober 2014 — Redaktion Höngger
Die Konzerte, die unter dem Label «Kulturkeller Höngg» im GZ Höngg/Rütihof stattfinden, ziehen je nach Musikstil ein ganz unterschiedliches Publikum an. Am Freitag war es bunt gemischt: Vom älteren Pärchen über den alleine kommenden Mittzwanziger war alles vertreten. Der Kulturkeller zeigte sich von seiner romantisch-edlen Seite: Die Bar- und Bistrotischchen waren mit weissen, langen Tischtüchern gedeckt, Teelichter auf ihnen und viele dicke Kerzen auf der Bühne sorgten für eine warme Atmosphäre. Da das Konzert gestuhlt war, konnte man gemütlich sitzen und musste sich nicht die Beine in den Bauch stehen.
Perfekter Soundtrack für den Herzschmerz
Weil um 21 Uhr noch nicht wirklich viele Zuhörerinnen und Zuhörer da waren, wartete das Zürcher Duo «Prader & knecht» noch etwas auf seinen Auftritt. Als es so weit war, bot sich ein schönes Bild: Ronja Rinderknecht am Cello und Martin Prader an der Gitarre verhiessen ein spezielles Konzert – dies war dann auch so.
Obwohl beide abwechslungsweise und auch mal zusammen sangen, er mit zerbrechlicher, feiner Stimme, sie mit etwas kräftigerer Stimme, zeigte sich das Cello als dritte Stimme. Ronja Rinderknecht unterstrich mit dessen dunklen Klängen die Traurigkeit und Melancholie der Stücke stark.
Ein Refrain etwa war «Everytime I look up to the Sky, you are here», der Titel eines Stückes «Just for you». Man konnte sich richtig vorstellen, wie man die CDs des musikalischen Duos im Winter daheim auf dem Sofa, eingekuschelt in eine dicke Decke, die wärmende Katze zu Füssen und die heisse Tasse Tee in den Händen, hören und dabei krampfhaft versuchen würde, seinen Liebeskummer zu überwinden – der perfekte Soundtrack für den gefürchteten Herzschmerz.
Wortlose Kommunikation
Die 28-jährige Ronja Rinderknecht und der 36-jährige Martin Prader kommunizierten fast ausschliesslich über Blickkontakte und sprachen so ihre musikalischen Einsätze ab. Auch mit dem Publikum wurde nur spärlich geplaudert: «Wir hoffen, ihr habt gute Minuten und schöne Momente mit unserer Musik», liess Martin Prader verlauten, um später zu verkünden «Wir sagen heute Abend nicht viel, um Zeit zu sparen, damit wir mehr Musik machen können», dies mit einem Augenzwinkern.
Auch ein paar schnellere Stücke waren zu hören, die beim Publikum sehr gut ankamen – so gut, dass es gar eine Zugabe von «Prader & knecht» verlangte. Zuerst musste Martin Prader jedoch seine Gitarre neu stimmen: «Meine Gitarre stimmt eben immer nur bis zum letzten Song eines Konzertes, darum muss ich sie für die Zugabe neu stimmen», so der Musiker mit einem Lachen. Die beiden bedankten sich beim Publikum nach der Zugabe für dessen Aufmerksamkeit und bekräftigten dies mit einem Applaus für die Zuhörenden, wobei diese nicht klatschen durften.
Aus Brooklyn und Berlin
Nach einer kurzen Umbaupause betraten «Take Berlin» die Bühne. Sänger und Gitarrist Jesse kommt aus Brooklyn, seine Partnerin Yvonne, Sängerin und Wurlitzer-Pianistin, aus Berlin. Die beiden brachten einen befreundeten Musiker mit, der E-Bass spielte und das Duo zum Trio werden liess. Ihre Musik war um einiges beschwingter als die von «Prader & knecht, hatte aber ebenfalls ihre melancholischen Momente. Glücklich konnte sich nach diesem Konzert-Abend wähnen, wer nicht alleine nach Hause gehen musste, sondern in Geborgenheit spendende Arme sinken konnte.
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