Frank Frei
285 Meter um komplett kirre zu werden
27. August 2019 — Eingesandter Artikel
Hi Frank, hier spricht der Bordcomputer deines selbstfahrenden Autos. Übernimm doch mal eben Steuer, Gas und Bremse, denn ich muss mich voll auf diese 285 Meter Regensdorferstrasse konzentrieren, hier, zwischen Wieslergasse und Meierhofplatz. Ich werde laut vor mich hindenken, aber lass dich nicht davon ablenken.
Also los: 8 Meter, ein Fussgängerstreifen über den gemäss blauem Signal nur Männer mit Hut dürfen. Rechts warnt mich zudem ein Plakat, dass jederzeit Kinder aus dem Gelb des Fussgängerstreifens spicken können. Ich habe da meine Zweifel und prompt weist mich 25 Meter weiter ein Pfeil nach links zu diesen, was mich aber nur rätseln lässt, Mi gross doch meine Rechenleistung sein müsste, um das zu verstehen.
Oh Gott, jetzt bricht rechts das totale Chaos aus. Halteverbot in beide Richtungen, höchstens Tempo 30 und 16 Meter weiter zwickts mich am Avia: Die Tempozone 30 wird aufgehoben, darunter aber gleich Tempo 30 vorgeschrieben, wobei das egal ist, ich müsste sowieso anhalten, weil ich keinen Vortritt habe – oder würde der nur gelten, käme ich aus der Riedhofstrasse? Jedenfalls sollte ich hier gleichzeitig zur Veloprüfung rechts abbiegen, was ich aber ignoriere, weil ich trotz allem noch immer überzeugt bin, ein Auto zu sein. Also weiter mit 30, allerdings total verunsichert. Ich stottere mir besser schon Ausreden zusammen, sollte dieser Höngg-bekannte Polizist hinter dem nächsten Signal hervorspringen. Wenigstens sagt mir die Gesichtserkennung meiner Rückspiegelkamera, dass er nicht auf seinem Roller hinter mir fährt. 24 Meter links ein Parkhausschild, «Im Brühl», darunter grün «Frei». Google meldet mir ungefragt 28 deiner Kolumnen online. Dass mir gleichzeitig rechts ein rot-weisser Kasten signalisiert, dass ich mich endlich selecta soll, verwirrt mich kaum mehr. 17 Meter weiter und es würde rechts das Bord runter in ein Parkverbot gehen, in dem lauter Autos vor Parkuhren stehen. Bestimmt sind deren Bordcomputer durchgeschmörzelt. Kein Wunder, mir wird es ja auch total fugu ohne überhaupt nach links zu schauen. Wie dem Manndli mit Hut auf dem nächsten Signal, das hier wieder auf die andere Strassenseite soll. Ausser es wäre denn auf ein Fahrrad umgestiegen wie auf diesem kleinen Signal, das mir unter dem blauen Signal dunkelrot und mit einem «przg» anzeigt ich soll leicht rechts halten, um dort den Weg mit Männern zu teilen, die ein kleines Kind an der Hand halten (Nein, hier wird nichts gegoogelt!). Was die übereinanderstehenden Buchstaben «F», «C» und «Z» auf diesem Schild sollen? Keine Ahnung! Von der anderen Seite (mit dem Hinweis auf eine «Zürcher Südkurve» aufgepeppt) muss das Manndli übrigens gleich wieder zurück, bis in alle Ewigkeit. Damit der arme Sisyphos das tun kann, hat man beidseits ein Halteverbot signalisiert, was mich aber verwirrt, weil ich wegen des Vortrittsrechts des Manndlis ja doch halten müsste. Kaum wieder angefahren würde ich rechts an einer Verkehrsinsel vorbei und, wenn ich nicht aufpasse, in ein Parkhaus «Hönggermarkt» hineindirigiert, wo ich gemäss grüner Anzeige unter 91 Plätzen wählen soll, obwohl Höngg seit Jahrzehnten keinen echten Markt mehr hat. Doch mein Frank steuert mich und mein Auto weiter.
In 30 Metern endet das Halteverbot, sagt mir dort ein Schild, dann muss ich mein Velo mit einem roten Balken zweiteilen und zur Veloprüfung links abbiegen, um nach Wipkingen auf den Hönggerberg zu kommen. Logisch, oder? 25 Meter und ein Halteverbotsschild sagt mir, das gelte dann also im Fall in beide Richtungen. Wie nun, das wurde doch vorher eben aufgehoben? Wenigstens sagt mir an diesem Pfosten ein Schild deutlich, dass ich höchstens 30 fahren soll. Ja, himmela….undzwirn, ich hab’s ja kapiert! Links wirbt eine Schrift für «Froid am Velo», die ich nicht habe, weil meines ja seit 53 Metern zweigeteilt ist. Gleich rechts von mir zeigt ein Pfeil unter einem blauen «P» mit Zürcher Südkurve nach rechts. Folge ich ihm, lande ich in einem Fahrstuhl, ja coopferdamminomal! Dabei ist doch noch immer totales Halteverbot, das total haltlos ist, weil ich vor dem Meierhofplatz im Stau stehe. Ups, jetzt rechts abbiegen und dann, endlich eine klare Ansage: ein Rotlicht! Danke, das verstehe ich, stehe und frage mich, warum hier Velofahrer zur City geradeaus und doch in eine Zürcher Südkurve sollen. Nach so vielen Südkurven ist das doch längst ein Kreisverkehr und die haben keine Himmelsrichtungen!
Frank? Hallo? Bist du noch am Steuer oder während der Fahrt rausgehechtet? Geht ja, wir waren ja nur mit 30 unterwegs. Oder so. Und sorry, dass ich sicher die maximale Zeichenzahl überschritten habe, aber da konnte ich nicht auch noch mitrechnen.
Es grüsst die nun total schizophrene Navigation Ihres
Frank Frei
0 Kommentare