Im grossen Saal des Restaurants Desperado spielt die Latin-Jazz-Band «Pro Tones», Klarinette und Posaune werden geblasen, das Piano klimpert, fröhliches Stimmengewirr und Gläserklingen runden die Stimmung ab. Vreni Noli vom Vorstand des Frauenvereins Höngg freut sich, dass «fast so viele Leute hier sind, wie wir die Jubiläumszahl 125 feiern» und wünscht den Feiernden einen vergnüglichen Abend. Den haben die Besucherinnen auf jeden Fall: An den langen Tischreihen unterhält man sich bestens, sei es über den manchmal skurrilen Alltag oder auch beim tiefsinnigen Philosophieren.

Frauenverein als rare Möglichkeit, «hinaus» zu kommen

Vereinspräsidentin Tosca Lattmann erzählt, dass im Gründungsjahr 1887 der Frauenverein noch «Kindergartenverein» hiess und sein Hauptzweck war, Strukturen zu bauen, wo keine waren, und Hilfe zu bieten, wo sie nötig war. Heute ist das Betätigungsfeld gar nicht so anders: Der Frauenverein hat vier Mittagstische ins Leben gerufen, betreibt eine Babysitter-Vermittlung und führte von 1947 bis 2009 eine Kinderkrippe, die dem Gemeinnützigen Frauenverein Zürich übergeben worden ist. «Sogar 1963 musste der Ehemann seiner Frau noch das Einverständnis geben, dass sie ausser Haus arbeiten gehen durfte – das alte Ehe- und Erbrecht war sage und schreibe bis 1987 in Kraft.» Der Frauenverein war damals eine der wenigen Möglichkeiten, etwas mit anderen Frauen zu machen. So kam es, dass sich Frauen oft für benachteiligte Frauen einsetzten und einen Kindergarten, die Soldatenstuben, eine Brockenstube und nicht zuletzt die Mütterberatung ins Leben riefen und einander den Rücken stärkten.

Spüren, wo der Schuh drückt

Das Leben habe sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert, die externe Hilfe sei aber weiterhin nicht überflüssig, so Tosca Lattmann. «Frauenvereine bieten Rückhalt und entlasten Familien. Kinder und Eltern sind so glücklicher und zufriedener. «Als Hönggerinnen spüren wir zudem schnell, wo der lokale Schuh drückt.» Weitere Betätigungsfelder des Frauenvereins Höngg sind das Betreiben des «Kafistüblis» im Schulhaus Bläsi am Wümmetfäscht, zwei Stände am Bazar im reformierten Kirchgemeindehaus, die Organisation der Senioren-Weihnachtsfeier sowie seit zwei Jahren den Bring-und- Hol-Tag für Kindersachen im Quartiertreff Höngg. Zudem organisiert der Vereinsvorstand Ausflüge und Besichtigungen sowie Geburtstagsgratulationen für betagte Hönggerinnen und Höngger.

«Mega viel geleistet»

Die Frauenvereinsmitglieder und die Ehrengäste genossen das dreigängige Menü mit Salat an Granatapfeldressing, Schweinsfilet mit Orangenreis und Passionsfruchtmousse als Dessert. Zwischen den Gängen sorgte Kabarettistin Lydia Pfister mit ihrem Pianisten Thomas Jaggi für Lacher und die «Pro Tones» spielten. «Frauenvereine vollbringen mit Herz, Hand und Verstand Taten», reimte die Kabarettistin, um gleich darauf als scheues Fräulein mit Rose aufzutreten, die «zum wägem Jubiläum da isch, wills megavill gsi segi, wo de Fraueverein gleischtet hegi». Sie habe die «Vorgegenwarten studiert» und sei beeindruckt von der Vereinsgeschichte.

Auswendiglernen statt in der elterlichen Mosterei «umecheibe»

Nach dem Dessert meldete sich Ehrengast Paul Zweifel, Präsident des Verschönerungsvereins Höngg, zu Wort: «Ich wett au no öppis säge. Ich fühl mich würklich wohl bi eu, es gfallt mer!» Sein erstes Erlebnis mit dem Frauenverein habe er vor über 65 Jahren gehabt: «Mein ‹Müeti›, welche Mitglied im Frauenverein Höngg war, trug mir und meinem Bruder Hansheinrich in der Unterstufe jeweils auf, am Theater für die Altersweihnacht mitzumachen. Das Üben war schaurig mühsam. Ständig die Texte auswendig zu lernen hiess, dass wir nicht in unserer Mosterei ‹umecheibe› konnten.» Aktuell habe der Verschönerungsverein zusammen mit dem Frauenverein den Posten elf des bald eröffneten Weinwegs Höngg gesponsert: «Chömed all, mit Chind und Chüngel, es wird vill laufe a de Wiiweg-Eröffnig», meinte er mit einem Augenzwinkern auf den Spruch «mit Chind und Chegel». Mit seiner spontanen, emotionalen Rede hatte er die wohlwollenden Lacher auf seiner Seite – und damit hat der Frauenverein Höngg sein Ziel erreicht: Ob Kind oder Senior, man fühlt sich wohl und ist glücklich dank dem Zutun des Vereins.