100 Jahre: Der RV Höngg will weitermachen

Die Liste der Siege, Titel und Medaillen, die der Radfahrer-­Verein Höngg in einem Jahrhundert errungen hat, ist lang. Vorstandsmitglied und Aktuar Daniel Wehrli blickt daher optimistisch in die Zukunft, benennt aber auch die Schwierigkeiten.

Das Erlebnis steht im Vordergrund. (Foto: zvg)

«Es tut gut, im Wald zu biken», sagt Daniel Wehrli begeistert. Er muss es wissen: Wehrli leitet mit einem Team die «Höngg-Kids» des Radfahrer-Vereins Höngg (RV Höngg). Jeden Montagabend trifft er sich mit bis zu 25 velobegeisterten Kindern ab 8 Jahren auf dem Hönggerberg. Eine Gruppe, die er selbst vor einigen Jahren ins Leben gerufen hat.

Im Wald wird geübt: biken, schalten, bremsen, Kurven fahren. «Das Erlebnis steht im Vordergrund», so Wehrli. Man sei als Gruppe auch im Breitensport unterwegs. Grossartig findet er, dass sich die Eltern nicht daran echauffieren, wenn ihre Kids nach dem Training teilweise mit verschmutzter Kleidung heimkehren. «Das gehört dazu, wenn wir über Stock und Stein fahren.»

Über Stock und Stein: Das könnte rückblickend auch das Motto des Vereins sein. In diesem Jahr feierte der RV Höngg sein 100-Jahr-Jubiläum und kann auf eine reiche Geschichte zurückblicken. Einst als «Velo Club Radio Höngg» gegründet (damals gab es auf dem Hönggerberg noch eine Radiostation), fusionierte dieser im Jahr 1933 mit dem «Renn-Club Oscar Egg»: Der RV Höngg war geboren.

Es begannen Jahre mit siegreichen Wettkämpfen in den Disziplinen Tourenfahren und Mannschaftsrennen, wie der Vereinschronik zum 75-Jahr-Jubiläum zu entnehmen ist. Ein Triumph folgte im Jahr 1936 in Berlin: So verdankt die Schweiz dem RV Höngg die ersten Schweizer Radsport-Olympiamedaillen überhaupt. Ernst Nievergelt erreichte Bronze im 100-Kilometer-Strassenrennen, und gemeinsam mit Kurt Ott und Edgar Buchwalder im Mannschaftsrennen Silber.

Legenden des Radsports

«Das sind bis heute Legenden», sagt Wehrli. «Der Verein hat eine spannende und bewegte Geschichte, vor der wir jüngeren Jahrgänge viel Respekt haben.» So ist der Verein auch ein Zeitzeuge: Während des Zweiten Weltkrieges musste er seine Tätigkeiten einstellen, weil Gummipneus und Benzin rationiert wurden. Nach 1945 sollten aber viele Erfolge folgen: Siege, Titel, Medaillen und noch mehr Legenden. In der Vereinschronik werden prominente Namen wie Walter Bucher, Kurt Wegmann und Fredy Rüegg genannt, um nur einige zu nennen.

Die Liste der Errungenschaften, die der Höngger Verein für sich beansprucht, ist lang. Auch wenn es Mitte der 1960er-Jahre weniger Meilensteine zu verbuchen gab, blieb der RV Höngg im Gespräch – auch abseits des Sports: Das Vereinsleben hat einen hohen Stellenwert, so informiert beispielsweise das Vereinsbulletin regelmässig über sämtliche Aktivitäten, im Jahr 1993 wurde eine Delegation des RV Höngg an das Rechenmahl der Zunft Höngg eingeladen und ab 1998 hatte der Verein eine eigene Website.

Was bringt die Zukunft?

Die Zukunft des RV Höngg sei «höchst ungewiss», schrieb jüngst die «Limmattaler Zeitung». Zwar zählt der Verein heute noch rund 100 Mitglieder, hat aber aktuell keinen Präsidenten. Hinzu kommt: Der amtierende Vizepräsident Ferdi Koller und die Rechnungsführerin Silvia Diener gaben ihren Rücktritt bekannt.

Wehrli sagt gegenüber der «Höngger Zeitung», dass sich Eltern und Vereinsmitglieder gerne im aktiven Vereinsleben engagieren, beispielsweise in der Trainingsleitung oder bei der Organisation eines Festes. Hingegen sei es eine Herausforderung, Vorstandsmitglieder für die Arbeit im Hintergrund zu finden. Er selbst ist als Aktuar ein Mitglied des Gremiums, das normalerweise zu fünft agiert.

In der erwähnten Vereinschronik ist nachzulesen, dass das Werben um neue Vorstandsmitglieder schon immer ein Thema gewesen ist: So schrieb Dr. Guido Bergmaier in seinem Schlusswort im Jahr 1998: «Die Einstellung der Menschen zu einem Verein und zur Gesellschaft generell haben sich in den letzten Jahrzehnten geändert.»

Heute überwiegt trotz allem der Optimismus und der Stolz auf eine 100-jährige Geschichte: In der «Schützenstube» auf dem Hönggerberg feierte der Verein im November ein grosses Jubiläumsfest. Es galt, die glorreiche Vergangenheit zu ehren, aber auch den Ausblick in die Zukunft zu wagen.

Wehrli selbst bleibt dem Verein treu, auch wenn er im nächsten Frühling als Assistenzarzt eine neue Laufbahn beginnt. «Ich habe viel Freude an meiner Arbeit für den Radsport», sagt er.

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