Zurück zur Natur

Kürzlich ist das Buch «Aromatische Bergkräuter» von Thomas Pfister und Fides Auf der Maur erschienen. Es ist bereits das dritte des in Höngg ansässigen Ehepaares. Was kann man sich eigentlich darunter vorstellen?

Fides Auf der Maur und Thomas Pfister

An der Ackersteinstrasse hat sich das Ehepaar in einem schönen Eckhaus mit Garten und Weitblick eingerichtet. In ihrem verwunschenen Garten gibt es neben den unterschiedlichsten Pflanzen auch ausgediente Blechinstrumente zu entdecken – Fides Auf der Maur ist Musikerin und lehrt am Konservatorium Zürich Klarinette. Sogar Bergmolche gibt es im kleinen Teich, «die verstecken sich aber gerade», meint Thomas Pfister nach einem kurzen Blick hinter das Schilf. Auch das «Haustier», eine zutrauliche Eidechse mit Gabelschwanz, zeigt sich an diesem Nachmittag nicht, dafür einige ihrer Kollegen. Während sich draussen ein Gewitter ankündigt, erzählt der Gartentherapeut in der gemütlichen Stube von seiner Tätigkeit. Ursprünglich Real- und Oberschullehrer, stellte er irgendwann fest, dass er nicht sein Leben lang in einem Schulzimmer stehen wollte. Also absolvierte er ein Psychologiestudium und fand seine erste Stelle in der Gesundheitsförderung, wo er viele Jahre blieb. Über einen Artikel in der Zeitung wurde er damals auf das Alterszentrum Giebeleich in Opfikon aufmerksam, das seinen Bewohnenden Gartentherapie anbot. Da er selber schon als Kind gerne mit dem Vater zusammen gärtnerte, weckte diese therapeutische Form sein Interesse. «Entdeckt wurde sie im Amerika der 50er Jahre, bei der Behandlung von traumatisierten Veteranen aus dem Koreakrieg», erzählt Pfister, «man stellte fest, dass Arbeit in der Natur und im Garten etwas auslöst, was andere handwerkliche Arbeiten nicht bieten können». Er erklärt die Wirkung damit, dass der Mensch per se ein natürliches Wesen ist, auch wenn die Kultur und die Technologie das manchmal vergessen lassen. Kann man diesen verschütteten Kontakt wiederherstellen, scheint dies den Menschen gut zu tun. Erst viel später konnte man auch in Europa eine Weiterbildung zum Gartentherapeuten machen, Pfister ging dafür nach Köln. Anschliessend war er vor allem in Alterszentren tätig, wo er Gartengruppen leitete. «Die Gartentherapie hat einen eher medizinischen Ansatz: Eine Person mit einer Diagnose, zum Beispiel einem Schlaganfall, trainiert mit Hilfe von Gartenarbeiten die Feinmotorik der Hände. Mein Auftrag war eher, die Menschen zu begleiten, sie anzuleiten, wie sie im Garten ihrem Alter entsprechende Arbeiten ausführen können. Und sie aus ihrer Zurückgezogenheit hinaus zu holen», erklärt Pfister seine Tätigkeit. «Wir nennen das <Gartenagogik>. Diese lässt sich in verschiedenen Kontexten einsetzen, zum Beispiel in der Arbeit mit Migrantinnen und Migranten. Man kann ihnen helfen, den sprichwörtlichen Boden unter den Füssen zu finden, sich zu erden, und in ihrer neuen Heimat Wurzeln zu schlagen».

Fruchtbare Zusammenarbeit

Seine Arbeit inspirierte den Schwyzer zu seinem ersten Buch «Gartentherapie», für welches er zum ersten Mal mit seiner Frau Fides Auf der Maur zusammenarbeitete. Fotografie war lange ein Hobby der Berufsmusikerin. «Um besser zu werden, befasste ich mich sehr intensiv damit und besuchte zahlreiche Kurse. Dabei stellte ich fest, dass das eine zweite Leidenschaft von mir ist und mich auch beruflich interessiert», erzählt Auf der Maur. «Es begann mit der Illustration eines Buches über die Bildhauerin M. L. Wiget. Später fragte mich der Haupt Verlag an, ob ich die Fotos zum Buch «Heilkräuter im Garten» machen wollte. Seither läuft das so, ich muss gar nicht gross Werbung machen». Mit ihrem Mann teilt sie die Leidenschaft für das Gärtnern, «nach einem strengen Tag oder vor einem Konzert gehe ich sicher noch in den Garten. Aber bevor ich nicht meine Stunden geübt habe, darf ich nicht raus, sonst komme ich nicht mehr rein, die Zeit vergeht so schnell», lacht die passionierte Klarinettistin. Angefangen mit der Liebe zu Pflanzen, hat alles vor 25 Jahren mit zwei kleinen Balkonkistchen. Inzwischen bietet Pfister selber Weiterbildungskurse in Gartentherapie an. «Ich bin also wieder Lehrer», meint er mit einem kleinen Lachen. Ab nächstem Jahr wird er zum ersten Mal einen Lehrgang Gartenagogik durchführen. An 32 Tagen über zwei Jahre verteilt können die Grundlagen der Gartenagogik gelernt und ein eigenes Projekt realisiert werden. Die Kurse finden überwiegend im Bergdörfchen Albinen im Wallis statt, wo das Ehepaar vor zwei Jahren einen grossen Heilkräuter-Garten anlegen konnte. Über 150 Heilkräuter und essbare Wildpflanzen sind in vier Sprachen beschriftet. Daneben wächst eine wunderbare Blumenvielfalt. Der Garten ist zu bestimmten Zeiten öffentlich zugänglich, es gibt auch spezielle Führungen für Gruppen. Auf das Wallis aufmerksam wurde der Naturfreund während seiner Wanderleiterausbildung vor fünf Jahren. «Das Klima ist perfekt, bei 300 Sonnentagen im Jahr entwickelt sich auch auf 1300 Meter eine ganz spezielle Flora und Fauna. Auf diesen Wanderungen kam ihm die Idee zum neuesten Buch «Aromatische Bergkräuter», das sich auf Bergkräuter konzentriert, welche als eine Art Gewürz verwendet werden können. «Mit meiner Frau zusammen wieder ein Buch machen zu können, war sehr schön. Während ich die Pflanzen suchte, war sie dafür verantwortlich, sie gut ins Bild zu setzen. Bis wir die 83 Pflanzen zusammen hatten, brauchte es einige Wanderungen, wir waren zwei Jahre lang unterwegs zum Fotografieren. Der Anspruch war natürlich auch, die Pflanzen in der Umgebung zu zeigen, wie und wo sie wachsen. Wir ergänzen uns einfach sehr gut», erzählt Pfister. Fides Auf der Maur war auch zuständig für die Koordination der Köche, welche die selber entwickelten Rezepte umsetzten. «Die Auswahl der Gerichte war nicht einfach», erinnert sich Auf der Maur. Das Resultat der gemeinsamen Arbeitsstunden ist sehr anschaulich geworden. Einer kurzen Einführung zu den Lebensräumen von essbaren Bergkräutern und Tipps, wie man sie bestimmt, sammelt und verwendet, folgen 50 Rezepte von der Mais-Linsen-Suppe über einen Rote-Rüben-Salat bis hin zum Steak mit Kräuterkruste und köstlichen Desserts. Unter jedem Gericht sind die dafür verwendeten Kräuter mit ihren verschiedenen Geschmacksrichtungen angegeben und welche Teile man davon verwendet. Im zweiten Teil des Buches werden die verschiedenen Kräuterpflanzen mit ihren Erkennungsmerkmalen im Detail vorgestellt. Alles ist mit ansprechenden Fotografien reich bebildert und macht Lust zum Nachkochen. Das nächste Buch des kreativen Ehepaares ist auch schon angedacht, das Thema: Gartenagogik. www.heilkraeuterschule.ch

«Aromatische Bergkräuter – für die Naturküche sammeln und zubereiten»
224 Seiten, 35.90 Franken. ISBN: 978-3-258-07937-0.

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