Wo «schmutzige» Hände erwünscht sind

Am letzten Sonntag fand die erste Gartenführung des Jahres durch den SeedCity-Gemeinschaftsgarten an der ETH Hönggerberg statt. Die Besucher stapften durch den verschneiten Garten und erfuhren mehr über geimpfte Baumstämme und Kompost- Toiletten.

Der Garten befindet sich in der Nähe des «Fünf-Finger-Gebäudes», wo neu gebaut wird.
Aurelian Jaggi erklärt, wie die Kompost-Toilette funktioniert.
1/2

Gute Ausrüstung ist das A und O bei einem winterlichen Gartenrundgang. Dies haben sich die meisten der rund 20 Besucher zu Herzen genommen und sind in Winterstiefeln und warmen Jacken auf den Hönggerberg gekommen. Ein älteres Pärchen hat gar die Skistöcke mitgenommen – eine gute Idee, konnte man sich doch während der Führung auch darauf abstützen. Michael Curran, Präsident des Vereins SeedCity, führte mit Elan und charmantem englischen Akzent – er kommt aus Irland – durch den rund 900 m2 grossen Garten, in welchem alles biologisch im Sinne der Permakultur (siehe Infobox) angebaut wird. Äpfel, Quitten, Kirschen («sofern nicht die Vögel schneller sind»), Aprikosen und unzählige Gemüse werden hier geerntet.

SeedCity war Wettbewerbsgewinner

Der SeedCity-Gemeinschaftsgarten ist der Gewinner des «ecoworks»- Wettbewerbs. Diese 2008 ins Leben gerufene Projektplattform versucht, die nachhaltige Entwicklung der ETH Zürich mit Kreativität und Engagement zu fördern. ETH-Studierende und Mitarbeitende leisten mit ihren Ideen und der aktiven Umsetzung einen Beitrag zur Entwicklung des Campuslebens. SeedCity wurde mit einer Anschubsfinanzierung, Landfl äche und Coaching von der ETH Zürich unterstützt. «Jetzt ist zwar noch Winterruhe angesagt, aber nach der Führung werden wir einiges zu ‹werkeln› haben, damit die Geräte dann einsatzbereit sind und wir in wenigen Wochen wieder Erde an den Händen spüren können », erklärt Michael Curran. Der Garten geht nun in sein drittes Jahr und bringt den Beteiligten viel Freude: «Die Ernten in den letzten beiden Jahren waren sehr gross, wir hatten sogar fast etwas zu viel Gemüse und Früchte», so Vorstandsmitglied Aurelian Jaggi.

Den Garten vor der Haustür

Im ersten Jahr zählte der Verein um die 30 Mitglieder, heute sind es bereits 45 – das Ziel sind etwa 60 Mitglieder, denn wie in den meisten Vereinen fehlt es an Einsatz und Geld. «Wer nicht gärtnern möchte, kann zum Beispiel bei unserem Internetauftritt mithelfen und sich so seinen Anteil an der Ernte verdienen, wir sind froh um Hilfe in allen Bereichen », so Michael Curran. Zudem hätten die Bewohner der neu entstehenden ETH-Wohnbauten einen Garten direkt vor der Haustür: «Da erwarten wir dann auch einige neue Mitglieder.» Der Mitgliederbeitrag richtet sich nach den Kriterien Student/ Externer und dient dazu, die Gartenfachkräfte zu bezahlen, die Wissen vermitteln und tatkräftig mithelfen: «Peter Keiser ist unser Gartenmeister, er ist auch an beinahe jedem Aktivitätstag dabei und bringt uns Neues bei.» Aktivitätstage finden zweimal wöchentlich statt, willkommen sind auch «Schnupperer», die die Atmosphäre von SeedCity erleben möchten. «Da wir mit der Stiftung Pro Specie Rara zusammenarbeiten, haben wir viele seltene Pflanzensorten hier, schon alleine das ist ein Erlebnis », weiss Aurelian Jaggi. Gute Erfahrungen haben die Vereinsmitglieder auch mit selbstgezogenen Pilzen gemacht: Baumstrunk-Teile werden mit Pilzsporen geimpft und dann zu zwei Dritteln vergraben – auf dem freien Drittel wachsen im nächsten Jahr aromatische Speisepilze.

Bald Bienen im Garten

Neue Projekte sind ein Bienenhaus und Schattengewächse, damit der ganze Platz gut genutzt werden kann. Ein Teich, ein Hochbeet sowie Wassertanks, welche in warmen Jahreszeiten Fische für das sogenannte Aquaponische Gewächshaus beherbergen – der Kot der Fische düngt das Gemüse, welches über den Tanks angepflanzt wird, deren Wasser hingegen fliesst zu den Fischen –, sind bestehende Projekte. «Allerdings stellen sich hier schon die nächsten Fragen: Wollen wir die Fische ab diesem Jahr vegetarisch ernähren oder nicht? Es geht hier um ethische Grundsätze, die wir auch beachten möchten», so Michael Curran. Überraschend ist auch die Garten-Toilette: Sie funktioniert wie ein modernes Plumpsklo, fängt Flüssig und Fest aber separat auf und wird mittels Sägemehl gespült – so entstünden keine Geruchsemissionen und die Abfallprodukte könnten getrennt als stickstoffreicher Kompost aufbereitet werden, erklärt Aurelian Jaggi. «Das ist etwa so wie bei den Kaninchen, dort braucht man ja auch Sägemehl», wirft eine ältere Dame ein. «Genau, das Konzept ist das Gleiche», lobt Jaggi sie.

Öffentliche Workshops

«Kommt denn jeder mit seinem eigenen Spaten, oder wie funktioniert das bei euch?», fragt jemand. «Wir sind gut ausgerüstet und haben eigentlich alle Geräte, die es braucht, von dem her kann man mit leeren Händen kommen und einfach loslegen – jedes Mitglied erhält übrigens einen Gartentorschlüssel, damit er jederzeit aktiv sein kann. SeedCity soll die Menschen aber auch zusammenbringen, und so kann man Familienfeste, Grillfeste und anderes hier unkompliziert durchführen.» 

SeedCity ist von den natürlichen Kreisläufen und deren Gestaltung inspiriert, der Permakultur. Ausser Sonnenschein und Arbeitskraft benötigt der Garten nahezu keine Energie und produziert keinen Abfall. Nebst den Aktivitätstagen (jeweils Mittwoch und Samstag von 15 bis 18 Uhr, aktuelle Daten auf der Website) werden Workshops durchgeführt, in welchen Experten zu verschiedenen Themen referieren. Der nächste Workshop findet am 3. März statt und handelt vom Thema Baumschnitt, der übernächste vom 21. April ist ein Pilzkurs, in welchem es darum geht, wie man Pilze auf Baumstämmen selbst kultiviert. Weitere Informationen findet man unter www.seedcity.ethz.ch oder per E-Mail unter seedcity@ethz.ch.