Wo grosse Ideen entstehen

Bald beginnt wieder ein neues Studienjahr an den Universitäten der Stadt. An der ETH Hönggerberg werden pünktlich zum Semesteranfang rund 900 Studierende in die eben vollendeten Wohngebäude einziehen.

ETH Hönggerberg. Wohneinheit HWW, Laubengang.
Wohneinheit HWW, Musterzimmer.
Wohneinheit HWO, Gemeinschaftsküche.
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Mitte Juli, als die ETH die Medien zu einem Informationsanlass einlässt, steht noch ein Bagger im vom Regen schlammigen Innenhof, und die meisten Räume sind kahl und leer. Doch bereits die Aussenansichten der beiden komplett unterschiedlichen Gebäudegruppen und die grosszügig geschwungene Treppe zum Erdgeschoss wecken Fantasien einer summenden Denkfabrik im Stile der amerikanischen und britischen Universitäten.

Mehr als eine Ansammlung von Gebäuden

Sie habe ihre Studienzeit an der Universität von Cambridge in sehr guter Erinnerung, erzählt Sarah Springman, Rektorin der ETH Zürich. Das Zusammenleben auf einem Campus biete einen Nährboden für grosse, intellektuelle Ideen, darauf hoffe sie auch am Hönggerberg. «Ein Campus ist mehr als eine Ansammlung von Gebäuden», diese Einsicht habe schon Albert Heinrich Steiner in den 1950er-Jahren gehabt, meint Ueli Weidmann, Vizepräsident für Personal und Ressourcen der ETH Zürich. Was der Vater der «Aussenstation» der ETH auf dem Hönggerberg schon damals vor Augen hatte, nämlich Wohnen und Studium zu verbinden, wurde erst in den letzten zehn Jahren mehrheitstauglich.

Schweizweit einzigartig

Der Präsident des Verbands der Studierenden an der ETH (VSETH), Kay Schaller, nennt es einen «24/7 Campus» und ist überzeugt, dass eine solche universitäre Stadt, in der nicht nur gelehrt, sondern auch gewohnt wird, die Qualität des Studiums erhöht. Und wenn sie nicht gerade lernen oder wohnen, können sich die Studierenden an der Organisation von Veranstaltungen beteiligen. Die Gemeinschaftsräume bieten dazu viele Möglichkeiten. Auch der Detailhandel wird am Standort ETH-Hönggerberg ausgebaut, so hat sich unter anderen ein Coiffeur- und ein Gastrobetrieb in die vorhandenen Ladenflächen eingemietet. Etwas Besonderes ist die Kinderkrippe «kihz Feyerabend» mit insgesamt 50 Plätzen: Sie ermöglicht es den Eltern, ihre Kinder auch kurzfristig tageweise betreuen zu lassen, wenn zum Beispiel ein Vortrag im Ausland ansteht.

Viele Begegnungsräume

Die näher an der Strasse gelegene Gebäudegruppe HWO wurde von der Investorin Swiss Life AG realisiert, «Architektick Zürich» zeichnet für den Entwurf verantwortlich. Die drei nierenförmig geschwungenen Gebäude bilden einen Innenhof, der noch begrünt werden soll. Insgesamt finden sich 498 Wohneinheiten in 6- bis 10-Zimmer-WGs sowie zwölf Einzelstudios. Die Wohnungen sind komplett möbliert und kosten zwischen 550 und 1150 Franken monatlich. Im Erdgeschoss finden sich neben Begegnungszonen zusätzliche Arbeitsplätze für die Studierenden, und im Untergeschoss wird die ETH Zürich ein weiteres Archiv für Geschichte und Theorie der Architektur einrichten.

Privatsphäre ohne Vereinzelung

Gleich hinter dem HWO liegt die äusserlich nüchternere HWW Wohnsiedlung: Zwei unterschiedliche sechs- und siebengeschossige rechteckige Gebäude mit offenen Laubengängen und Lichthöfen im Stil des Pariser Sozialwohnungsbau der 1850er-Jahre. Investorin ist die Luzerner Pensionskasse, entworfen wurde es von Stücheli Architekten AG in Zürich. Auch diese 404 Wohneinheiten werden möbliert vermietet und kosten zwischen 485 und 675 Franken im Monat. Für beide Architekurbüros war es eine besondere Herausforderung, bei vorgegebenen Mietzinsen, Unterhaltskosten und Renditen, die Bauten zu planen und dabei die soziale Raumqualität nicht aus dem Auge zu verlieren.

Günstiger Wohnraum von Nöten

Wie dringend nötig kostengünstiges Wohnen ist, zeigt sich an der raschen Vergabe der Wohneinheiten: Bereits sind alle Zimmer besetzt. Der Mietvertrag sieht eine maximale Mietdauer von fünf Jahren vor, zugelassen werden nur Studierende, ETH-Studierende werden bevorzugt behandelt. Die Krippenplätze sind, falls vorhanden, auch für Bewohner des Quartiers zugänglich, allerdings können diese nicht von den Subventionen profitieren.

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