Weihnachten auf der Baustelle

Unter dem Titel «Mir boued zäme en Stall» lud die reformierte Kirche am letzten Sonntag zur «Mitsing-Wienacht» ein. Die ganz besondere Weihnachtsgeschichte und die musikalischen Einlagen von Chor und Band sorgten für einen gelungenen Nachmittag.

So viele Kinder am Singen.
Das generationenübergreifende Orchester an der Arbeit.
So viele Kinder am Singen.
An der Mitsing-Wienacht dürfen Kinder mit Stromkabeln hantieren.
Waschbecken montieren ist Mädchensache.
Maria und Josef und die Heiligen Drei Könige – und Baby Jesus im Waschbecken, welches als Krippe dient.
Nach der Aufführung gab‘s Punsch und Weggli für alle.
An der lodernden Finnenkerze stand und sass es sich gemütlich.
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Wer am Sonntagnachmittag zur Mitsing-Wienacht ins Kirchgemeindehaus wollte, der musste eine Baustelle betreten. Rotweisse Flatterbänder schmückten die Fenster des Foyers und gelbe Strassenschilder warnten die Besucher: «Betreten der Baustelle verboten – Eltern haften für ihre Kinder» war dort zu lesen – was die erwartungsvollen  Gäste natürlich keineswegs davon abhielt, ins Foyer zu strömen.
Wie jedes Jahr war auch diesmal der Andrang zur Vorweihnachtsfeier riesig. Als Pfarrer Markus Fässler um 16.45 Uhr endlich die Türen des grossen Saals für das Publikum öffnete, ergoss sich ein Strom von Menschen in den Saal und machte sich eifrig auf die Suche nach den besten Sitzplätzen. Um 17 Uhr gingen die grossen Lichter aus, Ruhe kehrte ein und kein Platz war mehr frei.

Weihnachtsgeschichte mit lokalem Bezug

Angeführt von den Sternträgern betrat der grosse Kinderchor, bestehend aus den Kindern von Kiki, Unti2+3, Treff4, Club5 und den 6. Klassen, den Saal. Mit würdevollem Ernst erklommen die fast 100 Kinder aller Altersstufen die Bühne und stimmten dort, begleitet von der Band und unterstützt vom Publikum, voller Enthusiasmus ihr erstes Lied «En helle Stern» an. Zwei weitere Lieder folgten, bevor der Chor die Bühne für das Theater der Sechstklässlerinnen und Sechstklässler freigab.
«Warum der Titel unserer Mitsing-Wienacht dieses Jahr ‚Mir boued zäme en Stall‘ heisst, können Sie sich ja wahrscheinlich denken», erklärte Markus Fässler dem Publikum augenzwinkernd in seinen einführenden Worten. «Wir konnten im Herbst das umgebaute Haus Sonnegg wieder beziehen und sind froh, dass die Bauphase endlich vorüber ist.» In dem von ihm anhand einer Vorlage von Andres Boller selbst verarbeiteten Stück wurde diese Erfahrung nun auf humorvolle Weise verarbeitet.

Auf der Baustelle läuft es nicht immer nach Plan

Gleich zu Beginn des Stücks ruft beispielsweise der Präsident der Kirchenpflege, Jean E. Bollier, den Bauleiter an und fragt ihn, wann denn der Bau des Stalls für das Krippenspiel fertig sei. Natürlich sind die Arbeiten noch keineswegs so weit fortgeschritten, wie sie sollten, so dass der Bauleiter keck vorschlägt, Weihnachten um einige Wochen zu verschieben. Überhaupt geht beim Bau dieses «Familien- und Generationen-Stalls» ziemlich viel schief: Die Maurer sind mit den Wänden noch nicht fertig, die Maler müssen sich die Wartezeit mit dem Bemalen der Deko-Palmen vertreiben und die Sanitärinstallateure ändern kurzerhand die Bauvorgaben. Dazwischen steht der Bauleiter mit seinem Plan und wundert sich ein ums andere Mal, das alles so rund läuft, obwohl es schon längst nicht mehr dem Plan entspricht.

Der Rohbau wird geschätzt

Doch da ertönt Musik und Maria und Josef betreten den Stall. Die Bauarbeiter ziehen sich beobachtend zurück, während Maria ihr Kind in die Krippe – ein Waschbecken – bettet und Josef begeistert den halbfertigen Stall erkundet. Bald schon kommen die Gäste, Hirten auf Skateboards und Könige auf Trottinetts, daher und bringen ihre Gaben. Neben den klassischen Gaben wie Weihrauch und Myrrhe bringen sie auch selbstgezogene Kerzen, Hammer und Nagel, Musik oder einfach sich selbst als Geschenk vorbei. Bevor Maria und Josef mit ihrem Kind am nächsten Morgen weiterziehen, kommen die Bauarbeiter zurück und konstatieren zufrieden, dass ihr Stall seinen Zweck erfüllt hat und auch die von ihnen repräsentierten Fähigkeiten und Fertigkeiten «im Stall, in der Kirche und auf der Welt» gebraucht werden können.

Therapie erfolgreich verlaufen

Charmant inszeniert von Markus Fässler, Peter Aregger, Rahel Aschwanden, Claire-Lise Kraft und den Katechetinnen überzeugte diese originelle und sehr moderne Weihnachtsgeschichte mit viel Humor und zwischendurch immer auch mal wieder mit leisen Tönen. So etwa, wenn Josef der Maria immer wieder versichert, wie sehr er sie liebe und welch gute Mutter sie sei. Oder wenn sich die Bauarbeiter fragen, warum sie ein Krippenspiel erstellen und «heile Welt» spielen sollen, wenn doch ausserhalb der Kirche so viel Streit, Konflikte und Kriege herrschen.
Auch hinter und neben der Bühne leisteten alle Beteiligten, Kinder wie Erwachsene, tadellose Arbeit – sei es beim originellen Bühnenbild mit den witzigen Requisiten, bei den Kostümen oder bei der Beleuchtung. Die Gesangseinlagen des Kinderchors schliesslich, bravourös begleitet vom zwölfköpfigen, generationenübergreifenden Orchester und tatkräftig unterstützt von Eltern, Verwandten und Freunden im Publikum, rundeten die Darbietung ab. Die «Bewältigungstherapie», wie Pfarrer Martin Günthardt diese theatralische Auseinandersetzung mit dem «Sonnegg»-Umbau in seinen abschliessenden Worten scherzhaft nannte, darf also als rundum erfolgreich verbucht werden. Da blieb Günthardt zum Schluss nur noch, allen Beteiligten zu danken und sie mit Gebet, Segen und Abschlusslied sowie dem Verweis auf Weggli und Punsch im Foyer in einen friedlichen dritten Adventsabend zu entlassen.

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