Warum stösst sich da niemand?

Nein, gegen Demokratie hat hier niemand etwas. Doch demokratisch wurde auch über das Swissmill-Silo entschieden. Auch dort kam ein Gestaltungsplan vors Volk und die Stimmberechtigten der ganzen Stadt, ob sie den Turm überhaupt je zu Gesicht bekommen würden oder nicht, durften mitentscheiden, ob er gebaut wird oder nicht. Das Ergebnis ist bekannt und steht seither als selbst von der NZZ am Sonntag mit «118 Meter Hässlichkeit» titulierter Betonklotz beim Escher-Wyss-Platz an der Limmat. Damit leben und ihn täglich betrachten, muss den Bau die unterlegene Minderheit aus Wipkingen (und Höngg) alleine. Jegliche Versuche, ihn wenigstens zu begrünen oder als Kletterwand nutzbar zu machen, sind bislang am Widerstand der Eigentümerschaft gescheitert.

Ja, Demokratie in Ehren. Auch Verlieren zu können, gehört dazu. Doch verwunderlich und eigentlich stossend sollte sein, dass es zwar Bauordnungen und -gesetze aller Art gibt, diese aber mit jedem «Gestaltungsplan» oder dem Mittel der «Arealüberbauung» ausgehebelt werden können. Das öffnet für potente Bauherrschaften Tür und Tor und politisch wird sich dafür immer ein guter Grund finden, um die Projekte schönzureden, abzunicken und durchzuwinken. Argumente wie Wohnbau-, Wirtschafts-, Sport- oder Weiss-Gott-was-Förderung lassen sich rechts, links und auch in der politischen Mitte kreieren. Und dann braucht es Rekurse, Abstimmungen oder Gerichtsverfahren. Immerhin haben wir in der Schweiz diese rechtsstaatlichen Möglichkeiten. Doch es braucht Menschen, die das Geld und die Nerven aufbringen, um sie zu nutzen.

Es sollte stossend sein, doch offenbar stösst es niemanden, dass hier, wie in einigen Kreisen gesagt wird, eine eigentliche Behördenwillkür herrscht. Soll es beruhigen, dass dem schon Mitte des letzten Jahrhunderts so war? Im Artikel «Wie die Hochhäuser nach Höngg kamen» ist das herauszulesen. Schon damals wurden bestehende Baugesetze für Grossprojekte ausgehebelt, während einfache Hausbesitzende um den Einbau jedes Dachfensters kämpfen mussten. Auch in diesem Jahrhundert ist das noch so, wie dieses Beispiel zeigt: Ein 1999 in Höngg bewilligtes Dachfenster war neun Jahre später, als im selben Dach ein weiteres Fenster geplant wurde, natürlich im Bauplan ersichtlich. Der Kreisarchitekt staunte das Fenster von 1999 an und meinte nur: «Das würde heute so nicht mehr bewilligt».
Nein, beruhigend ist das nicht. Die Schlussfolgerung: Was bewilligt wird und was nicht, ist reine Glückssache und hängt vom Zeitpunkt ab. Oder doch nur von der Grössenordnung des Bauvolumens?

Fredy Haffner
Verlagsleiter Quartierzeitung Höngg GmbH

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