Tresor-Raub im Altersheim war ein köstliches Theatervergnügen

Am vorletzten Dienstag kamen rund 120 Zuschauerinnen und Zuschauer am 60plus-Anlass «Werners Morgenrot», einer Krimi-Komödie, zum Lachen. Das Stück begeisterte mit guten Schauspielenden, die es treffend verstanden, den Alltag im Altersheim – und einen Tresor-Raub – überspitzt darzustellen.

Die krimilesende Altersheim-Bewohnerin zeigte ihre «Kampfkünste» und setzte den Sohn des Ex-Bankdirektors ausser Gefecht.

Bis auf den letzten Platz besetzt war der grosse Saal im reformierten Kirchgemeindehaus, denn wenn im Januar jeweils der 60plus- Theaternachmittag stattfindet, will man dabei sein. Die Anlassreihe ist für Menschen ab 60 Jahren gedacht, die einen unterhaltsamen Nachmittag mit Gleichgesinnten verbringen wollen. Im Anschluss gibt es jeweils Kaffee, Tee und etwas Süsses zum «Zvieri». Organisatorin Heidi Lang-Schmid, Diakonin, begrüsste die Frauen und Männer und liess den Vorhang für das Jungbrunnen Theater Zürich mit dem Stück «Werners Morgenrot» lüften.

Altersheim ohne Lift und mit kaltem Wasser

Heiligabend, vormittags um elf Uhr – der mit alten Möbeln eingerichtete Aufenthaltsraum des Altersheims «Zur letzten Morgenröte» präsentiert sich komplett menschenleer – wären da nicht Heimleiter Kurt Obrecht, der die Französin Frau Hilber bekniet, ihre Mutter bei ihm in Obhut zu geben. «Waas, verbraucht und veraltet nennen Sie unser Heim? Ja, was haben Sie denn erwartet in einem Altersheim?!», kontert der Heimleiter auf die Aussage der Interessentin, dass die Möbel auch schon bessere Zeiten gesehen hätten.
Auch dass man die Balkone in den Zimmern wegen mangelnder Sicherheit nicht betreten kann, nur eine Steckdose im eigenen Zimmer nutzen darf, weil sonst der Strom im ganzen Altersheim ausfällt und der Lift defekt ist und es momentan nur kaltes Wasser gibt, sind für ihn bloss «kosmetische Mängel».
Seine Bewohner seien vom täglichen «Stägeli uf, Stägeli ab» und dem kalten Wasser so fit, dass man es kaum glauben könne. Und erst der Koch: «Der ist ein richtiger Künstler! Was der alles aus nichts machen kann!» Und sowieso ändere sich alles, denn: Der Bewohner Werner Güntlisberger, ein ehemaliger Bankdirektor, habe eine Lungenentzündung und werde sein Geld, welches er in einem Tresor in seinem Zimmer hortet, dem Altersheim vermachen: «Dann wird aus unserem Haus eine Luxusoase!», so der schmierige Heimleiter, der alles versucht, um an eine neue Pensionärin zu kommen.

Der Wunderheiler und seine Spritze haben genützt …

Leider betritt aber nun doch jemand den tristen Aufenthaltsraum, der mit einem winzigen Plastikchristbaum geschmückt ist: «Mir geht es wieder blendend! Dank dem Wunderheiler und seiner Spritze in den Aa…, äh, in den Allerwertesten bin ich wieder fit! Allzeit bereit!», posaunt Werner Güntlisberger erfreut ins Publikum. Er sei mit der besagten Lungenentzündung im Bett gelegen, bereits mit «einem Fuss im Garten Eden», als er seinen alten Bekannten, einen Naturheilarzt, angerufen habe, und dieser ihn dann gerettet habe.
Die gute Nachricht freut den Heimleiter natürlich überhaupt nicht, denn so weicht die Luxusoase in weite Ferne, ebenso die eventuelle neue Pensionärin, deren Tochter ihre betagte Mutter keinesfalls «einem solchen Halsabschneider wie Ihnen» anvertrauen würde. Wütend rauscht die Französin mit einem «Uf nimmer au revoir» von dannen.

Tabletten- und desinfektionsmittelsüchtige Schwester Petra

Nach und nach trudeln im Stück Lisbeth Ritter, krimilesende Heimbewohnerin, Pflegedienstmitarbeiterin Petra Jenny, nie ohne ihren Desinfektionsspray, und zur Überraschung aller Thomas Güntlisberger, der Sohn des Ex-Bankdirektors, auf – welcher seinen Vater das erste Mal nach viereinhalb Jahren im Altersheim besuchte, weil er dachte «Es gaht am Ändi zue mit Dir!» Doch mit der zurückgekehrten Gesundheit des Vaters rückt das Erbe in weite Ferne. Der Sohn, der immer, wenn er sich aufregt, Fliegen sieht und wild um sich schlägt und nonstop mit seinem Schlüsselbund klimpert, verhält sich so unflätig, dass der Vater ihm eine Ohrfeige gibt – «Häsch ä Flüüge gha ufem Bagge», und die Welt im kleinen Altersheim gerät aus den Fugen. Alle wollen Geld, nur einer hat es… Während Schwester Petra sich endlich neue Verbände für die Bewohner wünscht: «Immer kann ich die alten Verbände ja nicht auswaschen», geht es dem Sohn um seine persönliche Bereicherung.
Während nämlich die traute Schar die Weihnachtsaufführung vom letzten Jahr, vorgeführt von den Bewohnern des Altersheims und verwackelt gefilmt vom Heimleiter, auf Video schaut, wird der Tresor im Zimmer des Ex-Bankdirektors gestohlen.
Plötzlich ist jeder verdächtig, die immer Pillen schluckende Schwester Petra mit ihren pinkfarbenen Crocs genauso wie der Heimleiter – schliesslich haben beide einen Passepartout-Schlüssel – aber auch der Sohn, der vorgibt, bloss die Toilette gesucht zu haben, «da er eine ausserordentlich schwache Blase habe».

Kämpfende Seniorin, abgeführter Heimleiter

Die krimilesende Lisbeth Ritter, welche im Laufe des Stückes noch den frechen Sohn zu Boden schlägt, kann ab diesem Durcheinander nur sagen «Mein Krimidingsbums, das ich lese, ist ja wirklich spannend, aber Donna Leon kann sich von dem Geschehen hier wirklich was abschneiden!» Die Bewohnerin nimmt die Ermittlungen auf und löst den Fall, und alles kommt gut, als der Heimleiter vom Ostschweizer Kommissar Zuber mit einem näselnden «So jetzt gömmer!» in Handschellen abgeführt wird und der Ex-Bankdirektor seinen komplett gefüllten Tresor wieder zurückerhalten hat – nicht ohne: «Banken sind der unsicherste Ort der ganzen Welt, dies ist das Einzige, was ich in meiner Banken-Zeit gelernt habe!» zum Besten zu geben.
Tosender Applaus war den Schauspielerinnen und Schauspielern gewiss, denn das Stück war nicht nur witzig, sondern auch köstlich überzeichnet gespielt, und dies gar mit den Doppelrollen Besucherin/Schwester Petra und Sohn/Kommissar. Als Abschluss des Nachmittages gab es etwas zu trinken und ein Vanillecornet, was Erinnerungen an früher weckte, als man diese Spezialität noch öfters genoss – ein rundum gelungener Nachmittag!

Nächster 60plus-Anlass:
Mittagessen, Freitag, 13. Februar, 12 bis 14 Uhr, reformiertes Kirchgemeindehaus, Ackersteinstrasse 190. Es gibt ein frisch zubereitetes Mittagessen für Frauen und Männer 60plus, die in der Gemeinschaft essen wollen. Diese Mittagessen sind nicht nur eine wahre Gaumenfreude, sondern auch ein wichtiger Ort der Begegnung. Weitere Infos: www.refhoengg.ch

 

Weitere Infos zum Jungbrunnen Theater Zürich: www.jungbrunnen-theater.ch

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