«Ohne Visionen geht gar nichts»

In einem persönlichen Gespräch mit Felix Christinger geht es nicht lange um Heizungsanlagen, sondern bald um soziales Engagement, dort dafür auch mit Hochdruck und Leidenschaft. Jedenfalls ging es dem «Höngger» so.

Felix Christinger vor seinem Magazin an der Riedhofstrasse 361 in Höngg.

Felix Christinger zog im Kindergartenalter von Dietikon nach Höngg, weil sein Vater bei dessen Bruder in der Firma «Konrad Christinger Cheminéebau und Plattenlegerarbeiten» eine Stelle als Schlosser angetreten hatte. So kam es, dass klein Felix ins Schulhaus Bläsi A kam, wo er viele Jahre später die gesamte Heizungsanlage sanieren würde, doch davon wusste er damals natürlich noch nichts – wie von so vielen Wendungen, die sein Leben nehmen würde. «Eigentlich wollte ich nach der Sekundarschule ins KV», erinnert sich Christinger, «doch Onkel Koni fand, er brauche einen ˂Heiziger˃, denn in dieser Branche liege die Zukunft». Also habe er sich das überlegt: «Schweissen konnte ich ja schon, das hatte mir immer imponiert und manchem Kollegen auch, dem ich sein Velo wieder zusammengeflickt hatte» – die Lehrstelle als Heizungsmonteur bei der Rothmayr & Co. AG zu bekommen, war dann einfach. Sein Jahrgang war der erste, der für diesen Beruf überhaupt eine Gewerbeschule besuchte. Doch das reichte Christinger nicht: Ab dem zweiten Lehrjahr besuchte er das Abendtechnikum und absolvierte Lehrgänge in Heizung-Lüftung, Klima-Kälte sowie Regeltechnik. Nach der Lehre wurde er schnell Gruppenchef im Lehrbetrieb. «Doch mein Ziel war immer die Selbstständigkeit», sagt er, und so habe er nicht gezögert, als ihm im Büro seines Chefs ein Nagelbrett mit unerledigten Serviceaufträgen aufgefallen sei: Er erkannte das Potential und machte sich 1968, im Alter von 24 Jahren, bereits selbstständig. «Kommt der Chef auch noch?», sei er damals bei Kunden manchmal gefragt worden, lacht er heute. Der junge Berufsmann erledigte Servicearbeiten und begann, bestehende Heizungsanlagen zu optimieren. Schwere, gusseiserne Heizungskessel – ursprünglich konzipiert für die Befeuerung mit Feststoffen wie Kohle oder Koks – waren noch Standard. «Die Geometrie des Feuerungsraumes war unmöglich», sagt Christinger, und er ersetzte sie durch leichtere, moderne Anlagen aus Chromstahl. Was man damals an Dimensionen noch für ein Einfamilienhaus gebraucht habe, reiche heute längst für ein Mehrfamilienhaus, und sei man 1968 «noch mit bis zu 250 Grad ˂den Kamin hoch˃», so seien es heute noch deren 80 und alles entsprechend umweltfreundlicher, fasst er kurz den technischen Fortschritt in seiner Berufswelt zusammen. So bestand Christingers Firma bald aus einer grossen Werkstatt – zuerst noch als Untermieter beim Höngger Maler David Schaub – Servicefahrzeugen und bis zu drei Mitarbeitern. Und er begann, schlüsselfertige Anlagen anzubieten, für deren Einbau er als Bauleiter auftrat und Maurer, Elektriker, Ölfeuerungsfachmann, Kamin- und Heizungsbauer koordinierte. Wo immer möglich arbeitete er mit Höngger Firmen zusammen. «Das war mir immer wichtig, dass man sich gegenseitig unterstützt». Eine Solidarität, die er heute manchmal vermisse, fügt er an und erzählt gleich weiter, wie ihm damals erfahrenere Handwerker auch Tipps gaben oder ihn bei ihren Kunden einführten.

Kamerun, AJZ, Albatros

Beruflich lief es so rund wie auf seiner geliebten «Indian», entdeckt im Keller einer Kundin, die froh war, dass sich jemand dem alten Motorrad annahm. Dann fragte ihn sein Konfirmationspfarrer Hans Studer an, ob er nicht helfen würde, ein Sommernachtsfest auf dem Hönggerberg zu Gunsten des Lehrerinnen-Seminars in Mankon, Kamerun, aufzubauen. Christinger sagte zu, organisierte die grosse Bühne und eine Bar. Das dreitägige Fest mit sechs Musikbands auf dem Platz des Turnvereins wurde ein Erfolg und Christinger bald darauf in die reformierte Kirchenpflege berufen. Dann kam die Zeit des autonomen Jugendzentrums (AJZ), das er von einer Baustelle aus oft im Blick hatte und sah, was dort alles lief – nicht gerade zu seinem Gefallen, denn er fand, Jugendhäuser gehörten dezentralisiert, in jedes Quartier, in die Gemeinden. Einfach einen Ort, an dem sich die Jugendlichen in ihrem vertrauten Umfeld treffen könnten, stellte er sich vor. Mit dem Haus Sonnegg vor Augen trug er seine Vision in die Kirchenpflege. Nach einigen Diskussionen darüber, dass – so beharrte Christinger – ein Jugendtreff konfessionsunabhängig auf den Menschen zu schauen habe, wurde der erste Höngger Jugendtreff realisiert, das legendäre «Albatros». In der Freizeit blieb nebst Familie Raum für Hobbys wie Armbrustschiessen, Jiu-Jitsu und Judo, dieses 20 Jahre auch als Trainer. Nicht nur «nebenbei» war er wie viele Handwerker seinerzeit in der Feuerwehr Höngg, als Leutnant unter Zugführer Oberleutnant Hans Denzler.

HGH, Kiwanis, Brasilien

Beim Verein Handel und Gewerbe Höngg (HGH) war Christinger am 27. Juni 1978 Gründungsmitglied. Und er brachte den HGH dazu, das beliebte, davor lange Jahre von der Druckerei Höngg publizierte Höngger Telefonbuch als HGH-Produkt wiederaufleben zu lassen. «Noch vier oder fünf Mal konnten wir es herausgeben», erinnert sich Christinger, «danach stand der Aufwand leider in keinem Verhältnis mehr zum Interesse». Dafür amtete er dann ab 1985 sechs Mal als OK-Präsident der Höngger Gewerbeschau im Rahmen des Wümmetfäschts, das damals noch auf dem Pausenplatz des Schulhauses Lachenzelg stattfand. Nachhaltiger als Christinger erahnen konnte, wurde für ihn aber sein Status als Gründungsmitglied des Kiwanis Höngg. Als er im März 1997 nach Brasilien reiste, um in Rio den Karneval zu besuchen, stiess er dort auf den Flyer des ortsansässigen Rotary-Clubs, der dazu aufrief «behind the mask» zu schauen, abseits des Karnevals das Elend der Menschen nicht zu vergessen und mitzuhelfen, in Recife ein Hilfsprojekt für Mütter und ihre Kinder aufzubauen. Christinger wagte den Blick hinter die Maske und wusste, dass er zuhause versuchen musste, seine Kiwanis-Freunde von Spenden zu überzeugen. Das gelang, wenn auch nicht so nachhaltig wie es Christinger lieb gewesen wäre und so führte er das Engagement privat über viele Jahre weiter. Er sammelte und spendete projektbezogen für sanitäre Anlagen, einen neuen Trink-Wassertank, Solaranlagen für Warmwasser in der Küche, Gartenanlagen, Fahrzeuge, Klassenzimmer, Zahnarztpraxis – waren es zuerst 50 Kinder, so konnten bald 300 betreut werden, und sie fanden im «Lar de cáritas» wenigstens zeitweise ein neues Zuhause. Oft, so Christinger, erinnere er sich gerade heute wieder daran, was er schon 2001 gesagt hatte: «Wenn wir dem Elend der Strassenkinder den Rücken kehren, dann kommt das Elend zu uns». Den Carneval, der ihn einst faszinierte, liess er bald links liegen und reiste jeweils in die Schweiz zurück, bevor das bunte Treiben überhaupt losging.

Und das Geschäft?

Zuhause wartet auch nach fast 50 Jahren Selbständigkeit die Arbeit. Aktuell offeriert Christinger einem Architekten die Heizzentrale, Fussbodenheizung inklusive Solarenergie für ein Appartementhotel in Rümlang. Die Lust am Beruf ist dem Mann, durch den Heizungsrohre zu laufen scheinen, noch nicht vergangen. Und auch heute noch holt das HGH-Passivmitglied nach Möglichkeit Höngger Handwerker mit ins Boot. «Ohne Visionen geht gar nichts», sagt er, der ein Erwachsenenleben lang Visionen hatte, von denen er als Junge im Bläsi A noch nichts geahnt hatte. Umgesetzt hat er viele, doch mit mancher scheiterte er auch. Damit lernte er umzugehen. Auch sich von einer Vision zu verabschieden, wenn sie sich in eine Richtung entwickelte, die ihm nicht mehr gefiel.

F. Christinger
Haustechnik
Neubau, Umbau, Solaranlagen, Wärmepumpen
Service, Reparaturen, Heizungs-Optimierung
Telefon: 044 341 72 38
Mail: felix.christinger@gmail.com

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