«Nicht geeignet» oder «sehr anspruchsvoll»

Der Fussgängerübergang bei der Limmattalstrasse, Einmündung Bauherrenstrasse, ist für Kindergartenkinder alleine «nicht geeignet» und für Erstklässler «sehr anspruchsvoll» – trotzdem müssen ihn wieder mehr Kinder queren. Ihre Eltern beantragen Verbesserungen.

Kurz nach acht Uhr: Noch ist der Übergang in Begleitung der Eltern kein Problem – doch wie sicher ist es dann alleine?

Seit den Sommerferien sind wieder «Grünschnäbel» unterwegs: Kinder, die neu eingeschult wurden und sich nun im Strassenverkehr zurechtfinden müssen. Erstmals überhaupt oder auf einem neuen Schulweg unbekannte Strassen überqueren: Nicht überall ist das auf Anhieb einfach und sicher. Alle sind gefordert: Kinder, Eltern, Schule, Polizei und vor allem auch alle Verkehrsteilnehmer. Ein besonders heikler Fussgängerübergang ist jener an der Limmattalstrasse, dort wo auf der einen Seite die Bauherrenstrasse einmündet und auf der anderen Seite die Schärrergasse weiterführt. Der Übergang ist zwar mit zwei blauen Schildern markiert, doch weitere Signalisationen fehlen, und für eine Mittelinsel ist an dieser neuralgisch engen Stelle kein Platz. Ältere Semester erinnern sich: Früher gab es hier, entlang der bergseitig direkt an die Strasse gebauten Häuser, kaum einen Gehweg. Erst die Neubauten mit den Lauben brachten Abhilfe. Doch der Fussgängerübergang blieb heikel: Oft steht der Verkehr direkt auf den gelben Streifen. Und ist er endlich aus dem Stau befreit, so will er möglichst rasch passiert werden – insbesondere hier, wo sich die Fahrbahn stadteinwärts von einer auf zwei Spuren verbreitert. In die Bauherrenstrasse abbiegender oder von ihr einschwenkender Verkehr macht alles noch unübersichtlicher. Hinzu passieren Busse und Trams fast im Minutentakt, letztere mit generellem Vortritt. Also alles andere als eine einfache Situation, insbesondere für Kinder. «Für Kindergartenkinder stufen wir diesen Übergang, unbegleitet, als nicht geeignet ein und für Erstklässler als sehr anspruchsvoll», sagt Michael Wirz von der Pressestelle der Stadtpolizei, und weiter: «Grundsätzlich muss ein Kind den Entscheid, ob der Übergang sicher ist, immer alleine fällen können, selbst wenn ein Blinklicht installiert wäre». Wobei, ausweichen bringt nichts, denn auch die Übergänge in der Nähe sind nicht ungefährlich: Am Zwielplatz passiert man hinter an der Haltestelle wartenden VBZ-Fahrzeugen und am Meierhofplatz gleichzeitig mit dem von der Regensdorfer- in die Limmattalstrasse einbiegenden Verkehr, der ebenfalls freie Fahrt hat.

Mehr Höngger Schulkinder

Der Kreisschulpflege Waidberg ist die Thematik längst bekannt. «Der Übergang war schon mehrmals Thema bei den regelmässigen Besprechungen der Verkehrskommission der Kreisschulpflege Waidberg mit der Dienstabteilung Verkehr, der Stadtpolizei und dem Tiefbauamt», sagt Kreisschulpflegepräsident Urs Berger auf Anfrage. Die Prüfung von Lösungen durch die beteiligten Fachstellen habe bislang aber noch kein befriedigendes Ergebnis erbracht. Akzentuiert wird die Thematik nun, weil seit diesem Schuljahr mehr Kinder von unterhalb der Limmattalstrasse den oberhalbliegenden Schulhäusern zugeteilt wurden. Dies, weil Höngg allgemein wieder mehr schulpflichtige Kinder hat als in früheren Jahren. Das «Vogtsrain» zum Beispiel führt bereits seit einem Jahr zwei erste Klassen. Von den insgesamt 64 Kindern, die dort oder im «Bläsi» eine erste Klasse besuchen, wohnen insgesamt zehn unterhalb der Limmattalstrasse. «Das sind tatsächlich mehr als in früheren Jahren, wobei der Zuwachs der Kinderzahlen oberhalb der Regensdorferstrasse noch höher ausfällt», präzisiert Berger. Bei der Zuteilung der Kindergartenkinder achte man darauf, dass keine Überquerung der Limmattalstrasse notwendig ist. Und die Erstklässler im Vogtsrain, welche den Hort «Am Wettingertobel» besuchen, werden jeweils zwischen Sommer- und Herbstferien vom Betreuungspersonal begleitet, bis sie mit der Überquerung der Strassen vertraut sind. Unterstützt werden sie dabei auch von Reto Müller, dem Verkehrsinstruktor der Stadtpolizei.

Eltern setzen sich ein

Eine Elterngruppe möchte sich mit der Situation nicht einfach abfinden, auch wenn Neil Stiefel, Vater einer Erstklässlerin, sagt: «Unsere Kinder sind Stadtkinder, sie müssen grundsätzlich mit jeder Gefahrensituation im Verkehr umgehen können» – aber wo man etwas sicherer machen könnte, sollte man dies eben dennoch tun. Am Elterninformationsabend im «Vogtsrain», so Stiefel, sei der Übergang auch Thema gewesen und nach Rücksprache mit der Schulleitung und Abklärungen auf der Kreiswache 10 entschlossen sich die Eltern, bei der Dienstabteilung Verkehr (DAV) einen Antrag einzureichen. Selbst die Schulleitung und die Kreisschulpflege unterstützen das Anliegen der Eltern, dass nach Optimierungsmöglichkeiten gesucht wird, sagt Urs Berger gegenüber dem «Höngger». Nun beantragten die Eltern, man möge doch beidseitig Warnanzeigen mit der Angabe «Achtung Schulweg» sowie Blinklichter anbringen, die während den Schulweg-Zeiten auf die Kinder aufmerksam machen. Unterstützend würden auch «Schulweg»- Warnmarkierung direkt auf dem Fussgängerstreifen helfen. Der Antrag wurde letzte Woche bei der DAV eingereicht. Innert Kürze hatten ihn 74 Personen unterzeichnet und die positiven Reaktionen zeigten, dass es noch viel mehr hätten sein können.

Jährlich 50 Anfragen

Solche oder ähnlich lautende Anregungen, Hinweise und Wünsche erhält die Dienstabteilung Verkehr regelmässig», sagt dessen Kommunikationsverantwortlicher Heiko Ciceri. Rund 50 seien es jährlich, und man nehme diese sehr ernst: «Aufgrund einer solchen Meldung nehmen unsere Mitarbeiter jeweils mindestens einen Augenschein vor Ort. Dabei werden alle relevanten Sicherheitskriterien erfasst und bewertet und in der Folge allfällige Defizite aufgedeckt». Sind Verbesserungen möglich, so biete die Dienstabteilung Verkehr im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, Normen und dem Gebot der Verhältnismässigkeit selbstverständlich Hand. Warnblinkern steht die DAV allgemein skeptisch gegenüber. Sie erachtet den Nutzen einer solchen Anlage als eher gering: «Die Wirkung würde rasch nachlassen und dürfte die Verkehrssicherheit kaum erhöhen», sagt Ciceri, «denn Warnblinker sollten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen verwendet werden, nur dann können sie die Aufmerksamkeit wirksam beeinflussen». Jede weitere Massnahme stelle eine zusätzliche Ablenkungsquelle für den fahrenden Verkehr dar, so die DAV, die das Anliegen der Eltern dennoch prüfen und beantworten wird.

Keine Unfälle in zehn Jahren

Beruhigend darf man festhalten, dass mindestens in den letzten zehn Jahren sowohl am Übergang an der Limmattalstrasse als auch am Meierhofplatz keine Fussgängerunfälle mit Beteiligung von Kindern polizeilich registriert wurden. «Grundsätzlich», so Ciceri, «verzeichnen wir in der Stadt Zürich sehr wenige Kinderunfälle auf dem Schulweg». «Wir Eltern sind uns bewusst, dass unsere Kinder die Herausforderungen im Verkehr zu meistern lernen müssen und wir leisten unseren täglichen Beitrag durch Begleiten und Sensibilisieren», schloss Neil Stiefel das Gespräch mit dem «Höngger», «doch gleichzeitig sollte seitens der Stadt das Bestmögliche unternommen werden, um die Schulwegsicherheit zu erhöhen. Es muss ja nicht zuerst ein Unfall passieren, bevor man reagiert». Der Verkehr im Zentrum von Höngg ist und bleibt wohl oder übel für alle immer wieder eine Herausforderung.

0 Kommentare


Themen entdecken