Naturschutzverein siedelt Biber auf der Werdinsel an

Der Natur- und Vogelschutzverein Höngg setzt sich nicht nur für Vögel ein, sondern auch für Biber: Der Verein plant ihre Ansiedlung auf der Werdinsel. In Zukunft soll ein Biberlehrpfad rund um die Insel und im «Spitz» der Insel dem Publikum die grossen Nager näherbringen.

Der Natur- und Vogelschutzverein Höngg siedelt auf der Werdinsel, genauer im Spitz, Biber an.

Die Werdinsel und die Limmatauen sind ein renaturiertes Paradies für Vögel und Säugetiere aller Art – nicht erstaunlich somit, dass sich der Natur- und Vogelschutzverein Höngg, kurz NVV Höngg, für sie einsetzt und ihre Verbreitung fördert. So beschlossen die Vereinsmitglieder an ihrer letzten Generalversammlung, dass das nächste Projekt «Biber auf der Insel» heisse und so bald als möglich, im Sommer 2015, gestartet werde.

Bibern ein Asyl bieten

Der Biber kehrt heute in eine Landschaft zurück, die sich seit seiner Ausrottung vor 200 Jahren dramatisch verändert hat. Siedlungen, Verkehrswege sowie die Intensivierung der Landwirtschaft haben die Biber massiv bedrängt und eingeengt. Viele Gebiete wurden trockengelegt, Bäche eingedolt, begradigt und verbaut. So sind von 65 000 Flusskilometern in der Schweiz rund 14 000 Kilometer stark verbaut: potenziell für den Biber besiedelbares Gewässer ist in einem stark beeinträchtigten, ja gar naturfremden Zustand. Heute gibt es bereits wieder unwillkommene Biber, die Landwirten und Bauherren in die Quere kommen. Diesen unerwünschten «Rittern der Nagezähne» wollen die Höngger Naturschützerinnen und -schützer auf der Werdinsel, insbesondere im Teil «Spitz», ein Asyl bieten: So sollen zumindest einige von den «Landlosen» auf der Werdinsel ein neues Zuhause finden – Familienplanung ist natürlich ebenfalls willkommen.

Biber sind regelrechte Bau-Ingenieure – das freut die Polizei

Dass Biber regelrechte Bautalente sind, ist bekannt. Sie können wie keine andere Art ihren Lebensraum selbständig ihren Bedürfnissen anpassen. Sie stauen Bäche und schaffen so stehende Gewässer. Höhlen werden in Uferböschungen gegraben, und natürlich können die fleissigen Nager Bäume fällen – das wäre im Spitz der Werdinsel sogar ein Vorteil, wie Roman Thür, Kreischef 10 der Quartierwache Höngg, gegenüber dem «Höngger» sagt: «Im Spitz, der ja auch als Homosexuellen-Treffpunkt bekannt ist, macht es nichts, wenn die Biber ein paar Bäume fällen – so können sich die menschlichen Akteure weniger verstecken. Wenn so dem Naturschutz geholfen und der Erregung öffentlichen Ärgernisses ein Riegel geschoben wird, sind alle zufrieden», so der engagierte Kreischef, der vom Natur- und Vogelschutzverein Höngg über das Projekt informiert wurde.

Wichtig für die Biodiversität an Gewässern

Von den Aktivitäten der Biber profitiert eine Vielzahl anderer Tierarten, einige sind sogar direkt davon abhängig: So kommen in Biber-Gebieten bedeutend mehr Amphibien, Vögel, Libellen und Fischarten vor als andernorts. «Dem Biber kommt deshalb eine wichtige Rolle im Naturhaushalt der Gewässer zu. Er fördert die Biodiversität aktiv», erklärt Do Häberling, Co-Präsidentin des NVV Höngg. Die bereits realisierte Renaturierung der Limmatauen kommt der Ansiedlung der Biber auf der Werdinsel natürlich sehr entgegen.

Von den Bussen-Einnahmen werden «Garten-Mundraube» bezahlt

Müssen die Anwohner der Werdinsel und der Winzerhalde nun Angst um ihre Gärten und eventuell angepflanztes Gemüse haben? Was, wenn eine Gartenhecke gefällt wird, oder der gepflanzte Mais fehlt? «Dass die Biber die Winzerhalde überqueren, glauben wir nicht – und auch über die ganze Werdinsel spazieren und sich in den Schrebergärten dort verköstigen, ist eher kein Thema», sagt Do Häberling.
Kreischef Roman Thür erklärt, dass man bei der Polizei darüber nachdenke, mit einem Teil der eingenommenen Werdinsel-Parkbussen sowie mit Bussen infolge Erregung öffentlichen Ärgernisses Vergütungen auszubezahlen: Falls die Biber sich die Bäuche in den Gärten der Hobby-Gärtner vollgeschlagen haben sollten, werden sie mit dem «Bussengeld» entschädigt. So werde das Geld aus einem Ärgernis zu einer Gartenfreude, was doch eine Win-win-Situation sei.

Biberlehrpfad für die ganze Familien inklusive Süssholz raspeln

«Von der Biber-Ansiedlung profitieren die Anwohnerkreise sowie die Erholungssuchenden auf der Werdinsel und darum herum von natürlicher fliessenden Gewässern und mehr Natur. Mit den Biberdämmen schafft der Biber Naturwelten – für Kinder ist dies schön mitzuerleben, deshalb ist auch ein Biberlehrpfad vorgesehen», so Do Häberling.
Auf dem Pfad, der auf der ganzen Werdinsel sowie in den Limmatauen erstellt wird, können Kinder und Erwachsene mehr über Biber erfahren und sich selbst wie ein Biber fühlen und «Holz raspeln»: An sonnigen Samstagen und Sonntagen wird an einer Station des Pfades ein Stand mit Süssholz-Stängeln aufgebaut, die es für wenig Geld zu kaufen gibt – der Erlös fliesst in das Biber-Projekt. Anhand der Stationen auf dem Biberpfad lernt man Nagespuren zu lesen, Fäll- und Frassplätze zu erkennen, Biberdämme auszumachen und eine sogenannte Biberburg auch als diese anzusehen.

Neue Natursujets für Fotografen

Auch für Fotografen gibt es neue Natur-Sujets: Durch das Fällen von Bäumen im Herbst und Winter bringt der Biber Licht und Wärme auf den Boden, wo Neues wachsen kann. Gefällte und entrindete oder in einem Biberteich überflutete und abgestorbene Bäume werden zu Totholz, welches für stimmige, atmosphärische Fotosujets sorgen wird. «Mit seinen Erdbauten und Röhren, die der Biber in die Ufer gräbt, gibt er dem Wasser eine ganz andere Struktur», so der Höngger Fotograf Mike Broom, der die verschiedenen Facetten der Natur vor seiner Linse zu schätzen weiss.
Do Häberling vom NVV Höngg bringt es auf den Punkt: «Den Biber zu schützen bedeutet nicht nur eine Einzelart, sondern ganze Lebensgemeinschaften an Gewässern zu bewahren – dies miterleben zu dürfen, ist ein Privileg!»

Dieser Artikel erschien am 1. April 2015. Alle darin gemachten Aussagen und festgehaltenen Zitate sind den genannten Personen angedichtet und sollten in der Realität nicht mit diesen in Verbindung gebracht werden. Die behandelten Themen sind reine Hirn- oder andere Gespinste der Redaktion der Quartierzeitung «Höngger» – vor einer realen Adaption wird in gewissen Fällen ausdrücklich nicht gewarnt.

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