Methodistische Kirche verlässt Höngg

Wie viele Kirchen hat Höngg? Zwei, lautet die korrekte Antwort – aber erst ab Ende Juni 2011, wenn die Evangelisch-methodistische Kirchgemeinde ihre «Sonneggkapelle» an der Ecke Bauherrenstrasse 44 und Rebstockweg schliesst.

Steht zum Verkauf: Die «Sonneggkapelle» der Methodisten an der Bauherrenstrasse 44/Ecke Rebstockweg.
V. l. n. r.: Silvio Ponti, Kirchenpflegepräsident Pfarrei Heilig Geist; Isabella Skuljan Gemeindeleiterin Pfarrei Heilig Geist; Max Hablützel, Mitglied des Leitungsteams des Bezirks Zürich Nord, meth. Pfarrer Stefan Werner mit Tochter Zoé; René Maeder, Kassier und Mitglied des Leitungsteams des Bezirks Zürich Nord, meth. Pfarrerin Elsbeth von Känel; ref. Pfarrerin Carola Jost-Franz und Jean E. Bollier, reformierter Kirchenpflegepräsident.
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Es ist nicht gerade alltäglich, dass eine Kirche zu kaufen ist. Doch so steht es derzeit um die kleine «Sonneggkapelle» der Evangelisch-methodistischen Kirche Höngg, die sich per Ende Juni dieses Jahres aus dem Dorf verabschiedet und ihre 35 Gläubigen künftig in der methodistischen Kirche in Oerlikon zum Gottesdienst ruft. Die Geschichte der Methodisten in Höngg geht auf das Jahr 1876 zurück, wie deren Pfarrer Stefan Werner erzählt. Damals, so ist in der «Ortsgeschichte Höngg» von Georg Sibler nachzulesen (Seite 189), versammelten sich die ersten Anhänger dieses reformierten Bekenntnisses bei «Totengräber Jakob Grossmann im Bläsi», später an der Schärrergasse. Die damalige Methodistengemeinde Wipkingen konnte dann 1918 einen Bauplatz in Höngg kaufen und baute darauf eine Kapelle − nach der Strasse, an der sie gebaut wurde, «Sonneggkapelle » genannt. Die Adresse änderte erst mit der Eingemeindung Hönggs durch Zürich 1934 in Bauherrenstrasse 44, der Name «Sonneggkapelle » blieb. «Dort», so gibt die Ortsgeschichte zu den Anfangsjahren der Kirche weiter Auskunft, «versammelte sich jeweils ein Grossteil der damaligen Höngger Jugend zur Sonntagsschule. Die reformierte Kirche war diesbezüglich erst im Anfangsstadium» (siehe Kasten). «Tatsächlich», ergänzt Pfarrer Werner, «1892 zählten die Methodistischen Gemeinden Höngg und Wipkingen bei 76 Mitgliedern 305 Sonntagsschüler – und noch im 20. Jahrhundert zeitweise deren 80.»

Aktiv, aber zu klein

«Klein, aber oho», so umschrieb auch die reformierte Pfarrerin Carola Jost- Franz vergangenen Sonntag im ökumenischen Gottesdienst in der Kirche Heilig Geist ihren Respekt vor der aktiven kleinen Schwesterkirche. Unter dem Motto «zusammen glauben, feiern, beten» hatten sich Katholiken, Reformierte und Methodisten versammelt, um die «Einheit der Christen» zu feiern. Entsprechend gut war die Kirche besetzt, der reformierte Kirchenchor und Mitglieder der Cantata Prima sangen unter der Leitung von Pius Dietschy. Ökumenische Gottesdienste haben in Höngg eine lange, sozusagen «dreifaltige» Tradition, Reformierte, Katholiken und eben Methodisten bekannten sich gemeinsam zum christlichen Glauben. Nun aber, nach über 130 Jahren, wird bald nur noch in Zweierbesetzung gefeiert. Gemeindeleiterin Isabella Skuljan von der Pfarrei Heilig Geist wandte sich letzten Sonntag mit den schlichten Worten «Ihr werdet uns fehlen» an die anwesenden Methodisten. Angesprochen auf die Gründe für die Aufgabe der Kirche in Höngg, die zusammen mit Oerlikon die Evangelisch- methodistische Kirche Zürich Nord bildete, nannte Max Hablützel, Mitglied des betreffenden Bezirksleitungsteams, die weiter rückläufige Mitgliederzahl der an sich bereits kleinen, überalterten Höngger Gemeinde. Auch Pfarrer Stefan Werner hatte in seinen Dankesworten erläutert, dass man sich unter diesen Umständen entschlossen habe, mit der sehr aktiven Kirche in Oerlikon näher zusammenzurücken.

Was geschieht mit der Kapelle?

Die Verkaufsgespräche für das Grundstück an der Bauherrenstrasse 44 laufen bereits. Der «Höngger» wollte wissen, ob im Zusammenhang mit dem Verkauf von kirchlichen Bauten besondere Vorschriften existieren, welche die künftige Nutzung oder bauliche Veränderung − bis hin zu einem Abriss – der «Sonneggkapelle » regeln. «Die Liegenschaft befindet sich im kommunalen Inventar », schrieb Urs Spinner vom Hochbaudepartement der Stadt Zürich, «spezielle Vorschriften für Kirchen gibt es nicht, aber die Denkmalpflege wird bei Umnutzungen mitreden, das heisst, der Bau könnte auch unter Denkmalschutz gestellt werden.» Doch solcherlei Gedanken beschäftigten nach dem Gottesdienst niemanden. Die Vertreterinnen und Vertreter der Methodistengemeinde wurden mit einer Schmuckbibel – mit Bildern von Marc Chagall –, einem grossen Geschenkkorb und einer Spende für gute Zwecke überrascht und man sprach gegenseitig Dankesworte, die alle von einer wahrlich gelebten Ökumene zeugten – und darauf wurde im Foyer der Pfarrei Heilig Geist denn auch noch gemütlich angestossen.

Die Methodisten waren ab 1848 im Kanton Zürich die Ersten, welche Sonntagsschulen einführten. Ab 1860 auch in Zürich. Die reformierte Landeskirche empfahl solche erst 1885. Bis 1911 hatten dies die meisten Gemeinden umgesetzt, Höngg offenbar aber nicht. Erst 1964 führten alle reformierten Zürcher Gemeinden Sonntagsschulen. Die erste katholische Kirche nach der Reformation wurde erst 1939/40 gebaut, die Pfarrei Heilig Geist 1942 errichtet – zu der damals auch beide Engstringen und Weiningen gehörten. Die katholische Kirche erhielt im Kanton Zürich erst 1963, durch eine Änderung der Staatsverfassung, die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft. Die heutige Kirche Heilig Geist steht seit 1975 am Platz ihrer Vorgängerin (Quelle: Ortsgeschichte Höngg von Georg Sibler).