Luise Beerli: «In Höngg isch öppis los»

Die Hönggerin Luise Beerli ist in der Volksmusikszene international bekannt. Zum 75-Jahre-Jubiläum der Eingemeindung durch Zürich schenkt sie «ihrem» Höngg bereits das zweite Lied. Und wenn sie etwas schenkt, dann richtig. Wer ist diese Frau und wie kam das alles? Der «Höngger» besuchte sie.

Luise Beerli mit dem ersten Exemplar ihrer CD «In Höngg isch öppis los».

Am letzten sonnigen Tag letzter Woche empfing Luise Beerli den «Höngger» zu einem Gespräch, das sich, entgegen der Planung, sehr schnell über vieles mehr als «nur» Musik drehte, denn Musik ist zwar auch, aber nicht nur Luise Beerlis Leben. Da ist noch dieses Höngg, in dem die gebürtige Appenzellerin seit ihrer frühen Kindheit so sehr verwurzelt ist – und das sie nun mit einem neuen Lied, «In Höngg isch öppis los», beschenkt.

Von Höngg in die weite Welt

Luise Beerli ist eine richtige Höngger Bauerstochter. Ihr Elternhaus an der Gsteigstrasse 23 steht noch immer, ist aber längst kein Bauernbetrieb mehr. Als die ETH Hönggerberg gebaut wurde, musste Vater Beerli viel Land an den Bund und die Stadt Zürich abtreten. Was übrig blieb, war zu wenig, um weiter als Bauer ein Einkommen zu haben. Doch bis dahin war Luise Beerli in Höngg als «Traktor-Beerli» bekannt, denn nichts trennte sie von ihrem Liebling, einem Hürlimann-Traktor. Jahrgang 1949, mit spezieller Gangschaltung: «Das war eine Fehlkonstruktion», erzählt sie schmunzelnd, «Schaltung und Bremse waren kombiniert und daran musste man sich gewöhnen. Deswegen passierten immer wieder Unfälle, doch ich hatte meinen Traktor im Griff.» Und so fuhr sie bereits als Minderjährige alleine mit Traktor und Jaucheanhänger nach Altstetten. «Heute nicht mehr denkbar», lacht Beerli und erzählt weiter, wie sie einst mit ausgelegtem Gang die Winzerstrasse runter fuhr und so natürlich viel zu schnell war. Ein Polizist war ihr nachgefahren und stellte sie. Um ihm zu «beweisen», dass ihr Traktor gar nicht so schnell fahren könne, wie der Beamte glaubte gesehen zu haben, fuhr sie vor dem Polizeimotorrad die Strasse nochmals runter – natürlich diesmal mit eingelegtem Gang, womit die Geschwindigkeit dem Wesen eines Traktors auch entsprach. Eine Busse konnte der Polizist keine ausstellen. Diese und viele andere Geschichten aus dem alten Höngg erzählt Luise Beerli auf der Terrasse ihres Hauses in Höngg. Warum aber ist die begeisterte Bauerstochter nie Bäuerin geworden? «Irgendwie war diese Lebensphase vorbei, als wir den Bauernbetrieb aufgeben mussten. Zudem war absehbar, dass es in Höngg bald nicht mehr Platz haben würde für mehrere Betriebe», so die einfache Erklärung. Doch zumindest den Motoren blieb Luise Beerli treu. Nach einer Verkaufslehre schloss sie noch eine kaufmännische Ausbildung ab und wechselte dann in die Automobilbranche.

Aus dem Parkhaus auf die Bühne

Gesungen und gejodelt hat Luise Beerli schon immer gerne. Entdeckt wurde sie per Zufall: Ein Mann hörte sie an ihrem Arbeitsort im Parkhaus Utoquai singen, sprach sie an und lud sie zu Harry Bachmann in dessen Restaurant Du Théàtre ein. Als sie dann mit einer Freundin im Publikum sass, kündigte Harry Bachmann eine Überraschung an: Es werde, so sagte er, eine junge Jodlerin zum ersten Mal auftreten – Beerli freute sich, endlich mal jemanden wie sie auftreten zu sehen – die junge Sängerin heisse Luise, fuhr Bachmann fort – Beerli wandte sich an ihre Freundin mit den Worten «und jetzt heisst die auch noch gleich wie ich . . . » – und dann warteten alle auf das junge Talent. Luise Beerli realisierte nicht, dass sie selber gemeint war, doch als sich diese «andere» Luise nicht meldete, sagte sie sich: «Ich heisse ja auch Luise und singen kann ich auch», stand auf und ging unbekümmert, wie sie ist, nach vorne. Als der Orchesterleiter nach der Tonlage fragte, konnte das Naturtalent diese gar nicht nennen, sang sie dem Musiker aber leise ins Ohr. Dieser legte los und Beerlis erster Auftritt wurde ein voller Erfolg. So gross, dass sie sich danach mit ihrer Freundin durch die Hintertüre «französisch» verabschieden musste, weil sie mit dem Rummel nicht umzugehen wusste.

Weltweite Auftritte

«Ich war», so sagt Luise Beerli rückblickend «einfach zur rechten Zeit am richtigen Ort.» Danach gab das eine das andere: Sie wurde von der Ländler-Kapelle Edy Bär als Sängerin engagiert und trat über 15 Jahre im In- und Ausland auf. Immer in der Appenzeller Tracht, weil diese international als so richtig schweizerisch bekannt ist. Heute jedoch trägt sie am liebsten die Höngger Tracht. Auch im weltberühmten Restaurant Kindli an der Pfalzgasse sang sie regelmässig und die Erinnerungen daran berühren sie noch heute. «Da war man jemand, wenn man sagen konnte, ‹ich trete im ‚Kindli‘ auf›». Mehr bedeutet ihr nur noch, dass ihr das Trio Eugster ein eigenes Lied widmete, «s’Beerli-Lied». 1990 nahm sie ihre erste eigene CD auf: «Hüt isch Jodlerfäscht». Nebst Solo-Jodelliedern sang sie mit Alex Eugster auch im Duett und er machte auch die Aufnahmeleitung. Es folgten drei weitere CDs mit Alex Eugster. Ihre Kontakte in der Szene kommen auch in ihrer jüngsten Produktion «In Höngg isch öppis los» voll zum Tragen: Beerli rief mit der Idee zu einem Jubiläumslied Alex Eugster an. Der hatte eigentlich gar keine Zeit, konnte aber doch Charles Lewinsky dafür gewinnen, einen Liedtext zu schreiben – und komponierte dann selber die Melodie dazu. Der Dritte im Bunde der Prominenten ist Carlo Brunner, der Beerli im Studio begleitete. Leider kann er am Wümmetfäscht nicht mit ihr zusammen auftreten und ist nur im Halbplayback zu hören, wenn Luise Beerli das Lied zum ersten Mal vor Publikum singt. «Das Lied hat das Potential zu einem Ohrwurm», sagt Beerli, «es ist auch so aufgebaut: Ich wollte keine Geschichte erzählen über Höngg, sondern einfach allen eine Melodie schenken.» Das Lied läuft bereits auf Radio DRS und als Luise Beerli es dem nicht sehr ländlerkundigen Redaktionsleiter des «Hönggers» ab CD vorgeführt hatte, ertappte sich dieser später, wie er es auf dem Heimweg vor sich hin summte. Ein Ohrwurm, tatsächlich, und ein schönes Jubiläumsgeschenk. «Höngg isch es chlises Juwel» sang Luise Beerli einst in ihrem «Höngger-Liedli». Höngg ist nicht nur ein Juwel, es hat auch – mindestens – eines.

CD ist an verschiedenen Ständen erhältlich
Wenn Luise Beerli «ihrem» Höngg ein Geschenk macht, dann richtig: Sie hat die ganzen CD-Produktionskosten übernommen und finanziert auch den ganzen Folklore-Auftritt am Wümmetfäscht selber. Von der CD «In Höngg isch öppis los» wurden 500 Stück gebrannt, das zweite Lied darauf ist Beerlis legendäres «Höngger-Liedli» aus dem Jahr 1990. Die CD liegt an verschiedenen Ständen am Wümmetfäscht für nur fünf Franken auf, die Einnahmen gehen vollumfänglich an das OK Wümmetfäscht.