Licht im Chaos am Meierhofplatz?

Seit der Ausschreibung der Testphase einer neuen Verkehrsführung am und um den Meierhofplatz im «Tagblatt» vom 25. August steht Höngg Kopf. Alle reden mit, doch nicht alle sind richtig informiert. Was ist eigentlich geplant? Was sind die Erwartungen und Befürchtungen? Welche Faktoren beeinflussen das weitere Geschehen und was ist, wenn . . . – ja: wenn was?

Blaue Pfeile: Nur noch Rechtsabbiegen von der Gsteigstrasse und Regensdorferstrasse in die Limmattalstrasse möglich. Grüne Pfeile: Routen zum Umfahren von verbotenen Fahrtrichtungen. Rote Pfeile: Verbotene Fahrtrichtungen. Flankierend zu diesen Verkehrsführungen wird der Verkehr dorfeinwärts bereits an den Lichtsignalanlagen oberhalb der Gsteigstrasse, beim Heizenholz sowie im Frankental und bei der Einmündung Winzerstrasse an den Lichtsignalen gedrosselt. Weitere Massnahmen sind geplant und könnten bei Bedarf rasch umgesetzt werden.

Ziel des Massnahmenpakets ist es, den Durchgangsverkehr durch Hönggs Zentrum zu reduzieren und auf die dafür vorgesehenen Ausweichrouten Winzerstrasse/Am Wasser sowie Emil-Klöti-/Tièchestrasse zu leiten. Zentrales Element ist das generelle Rechtsabbiegegebot in die Limmattalstrasse für den gesamten Verkehr, der von der Regensdorfer- und der Gsteigstrasse her auf den Meierhofplatz gelangt. Ob das Konzept hält, was es verspricht, soll die nun ausgeschriebene Testphase zeigen.

Ein gescheiterter Prozess

Dass es jetzt so weit kam, wird in Höngg nach wie vor von vielen als Affront empfunden. Politisch verantwortlich dafür ist Stadtrat Daniel Leupi, denn jede Verkehrsverfügung muss vor der Publikation vom Polizeivorsteher unterschrieben werden. Heiko Ciceri, Kommunikationsverantwortlicher bei der Dienstabteilung Verkehr (DAV), weist auf Anfrage erneut mit Nachdruck darauf hin, dass die DAV zwei Anläufe zur Bildung von Arbeitsgruppen unternommen habe: «Dieser Prozess verlief teilweise schleppend, da nicht alle zur Meinungsäusserung eingeladenen Organisationen innert der erwarteten Frist zu einer Rückmeldung bereit waren. Überdies stellten einige unverhältnismässige Bedingungen für ihre Teilnahme.» Wer welche Bedingungen stellte, dazu äussert sich Ciceri nicht, doch: «Unter dieser Voraussetzung erachteten wir eine Durchführung von Workshops beziehungsweise das Einsetzen einer Arbeitsgruppe nicht für zielführend.» Was blieb, war, den ursprünglichen Auftrag des Gemeinderats umzusetzen und die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten.

Was sind die Befürchtungen?

Jetzt befürchtet man in verschiedensten Kreisen massive Verkehrsbehinderungen. Handel und Gewerbe weisen auf unnötige Umwegfahrten durch Höngg und drohende Umsatzeinbussen hin, die Reformierte Kirchgemeinde sieht die Zufahrt zu Gemeindehaus und Kirche erschwert und auch der Quartierverein hegt massive Bedenken. Namentlich die Anwohner der Wieslergasse sehen sich aber mit einem drohenden Dauerstau vor ihrer Haustüre konfrontiert – notabene einer engen Tempo-30-Zone. Aber auch an der Imbisbühl-, der Riedhof- und der Singlistrasse rechnet man mit Ausweichverkehr – alles Achsen, die heute bereits häufig unter Missachtung diverser Verbote zur Umfahrung des Meierhofplatzes genutzt werden, ohne dass jemand wirksam dagegen eingeschritten wäre.

Was sind die Chancen?

Zu jenen, die im Vorhaben der Stadt eine Chance sehen, gehören neben den Grünliberalen (GLP) – die allerdings den Zeitpunkt für falsch halten – und den Grünen auch die Sozialdemokraten (SP). Deren damaliger Gemeinderat Andreas Ammann sprach sich als Mitglied der Verkehrskommission in der Ratsdebatte vom 19. November 2008 klar dafür aus, den Versuch zu wagen. Im «Höngger» letzter Woche bestätigte Gemeinderätin Andrea Nüssli-Danuser in einem Leserbrief diese Haltung und zweifelte an, dass tatsächlich eine Mehrheit in Höngg gegen den Versuch sei. In der Tat sind im Dorf verschiedene Stimmen zu hören, die unter dem Motto «Es kann nicht mehr als schief gehen» den Versuch wagen würden – Hauptsache, es bewegt sich etwas am Meierhofplatz.

Was geschieht wenn?

Die Verkehrssituation in Höngg wird sich in den nächsten Jahren immer wieder verändern, mit oder ohne Konzept, denn auf verschiedenen Verkehrsachsen sind Sanierungsmassnahmen geplant. So wird die Limmattalstrasse voraussichtlich von Mitte Februar 2012 bis Mitte Dezember 2012 erneuert, Sanierung und Ausbau der Strasse Am Wasser sind ab Mitte März 2012 bis Anfang Januar 2014 geplant und die umfangreichen Arbeiten an der anschliessenden Breitensteinstrasse sollen danach, zwischen Juli 2014 und Ende Juni 2015, umgesetzt werden. Cigdem Ruf, Leiterin Kommunikation beim Tiefbauamt (TBA), weist auf Anfrage des «Hönggers» jedoch explizit darauf hin, dass «zurzeit die Bautermine und -dauer bei der Limmattalstrasse und Am Wasser nochmals überprüft werden». Die Frage drängt sich also auf, was denn geschehen würde, sollten die Testergebnisse einer Versuchsphase am Meierhofplatz positiv ausfallen, denn in Anbetracht der anstehenden Bauprojekte könnten selbst die erfolgversprechendsten Massnahmen wohl erst Jahre später tatsächlich umgesetzt werden. Mit der Limmattalstrasse und der Achse Am Wasser/Breitensteinstrasse als Baustellen wären gleich zwei wichtige Verkehrsadern nicht in der Lage, den Mehrverkehr aufzunehmen.
Die zweite Frage ist, ob und anhand welcher Kriterien die Stadt einen gestarteten Versuch «jederzeit abbrechen» würde, wie sie das mehrfach beteuerte. Dies ist in Höngg eine «Vertrauensfrage» – und mit diesem Vertrauen ist es derzeit, nach allem, was nun geschehen ist, nicht weit her. Heiko Ciceri beruhigt erneut: «Sollte es sich einige Wochen nach Versuchsbeginn zeigen, dass nicht die gewünschte Wirkung erzielt wird, ist es auch in unserem Interesse, den Versuch abzubrechen und nicht an der Maximaldauer von einem Jahr festzuhalten.»

Wird Höngg selbst aktiv?

Aber was, wenn sich in Höngg – ohne dabei die Federführung der Stadt abzuwarten – eine überparteiliche, repräsentative Arbeitsgruppe bilden würde, um Lösungsvorschläge für das Chaos am Meierhofplatz – und darüber hinaus – aufzuzeigen, die dann im Quartier auch getragen würden? Ueli Stahel, Präsident des Quartiervereins, sieht darin einen gangbaren Weg, wie er auf Anfrage des «Hönggers» bestätigt. Bis dahin bleibt wohl nichts anderes, als die Petition der FDP zu unterzeichnen, um so politisch Druck zu machen. Ueli Stahel wie auch André Bolliger, Präsident des Vereins Handel und Gewerbe Höngg, unterstützen dieses Vorgehen, um den Gesamtstadtrat zum Umdenken zu bewegen. Die Chance von Rekursen beurteilt Stahel nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt dagegen skeptisch: «Wir werden dennoch versuchen, Stichworte für eine Rekursschrift zusammenzutragen und auf unserer Website zu platzieren – zusammen mit einem Hinweis betreffend Legimitation und Kosten.»

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