Jeden Tag ein Bild gemalt – 365 Tage lang

Die Höngger Künstlerin Ada Ravaioli stellt ihre Werke aus. Das Besondere daran: Sie hat an 365 Tagen je ein Bild gemalt – ein ganzes Jahr lang also. Diese 365 Bilder sind nun zu besichtigen und zu kaufen.

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Ada Ravaioli beim Aufhängen ihrer Bilder. Hund Carlitos bewacht die Arbeit – man weiss ja nie, was passieren kann…

Jeden Tag ein Bild malen und dies ein ganzes Jahr, also 365 Tage, lang? Genau dies hat die Künstlerin Ada Ravaioli, 48, gemacht, von März 2014 bis März 2015. Aber warum? «Ich male seit meinem dritten Lebensjahr, besuchte den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule und lernte Grafikerin. Vor 21 Jahren eröffnete ich meine erste Ausstellung. Aber immer habe ich mir genau überlegt, was ich malen will und soll,  und hatte Zweifel und Ängste, ob das, was ich male, ankommt.»

Selbstzensur aufgegeben und dabei vieles gelernt

Ein Freund sagte ihr, die immer voller Ideen und Tatendrang ist, sie habe einen «Geburtsstau» – und meinte damit, dass viele ihrer Ideen das Licht der Welt gar nicht erblicken würden. So erlegte sich die kreative Frau, welche seit zehn Jahren in Höngg lebt, selbst eine Art Zwang auf: «Ich wollte jeden Tag ein Bild malen. Dies habe ich schliesslich auch getan. Manchmal hatte ich absolut keine Lust dazu, aber es musste nun sein, es gehörte zu meinem Konzept, Punkt», so die aufgestellte Künstlerin. «Es war ein Lernprozess für mich: Ich musste meine innere Selbstzensur aufgeben und einfach ‚alles herauslassen‘, denn am nächsten Tag wollte ja schon ein neues Bild gemalt sein.»
Im besagten Jahr sei viel ins Rollen gekommen: «Ich habe mehr Selbstvertrauen bekommen, und ich habe wieder entdeckt, wie wichtig es ist, manchmal einfach zu machen, und nicht zu studieren.»
Allmählich leerte sich der Ideenvorrat in Ada Ravaiolis Kopf und Herz, sie wurde, wie sie es nennt, «ideenblank». «Dann habe ich einfach nach der Farbe gegriffen, die mich gerade ansprach, und drauflos gemalt – so entstanden oft Bilder mit einem gewissen Witz.»
Wer Ada Ravaioli kennenlernt, der glaubt nicht, dass die aufgestellte, herzliche Hönggerin düstere Bilder malen kann. Doch sie kann und tut. Neben den amüsanten Bildern hat es denn auch viele düstere, die einen beim ersten Betrachten erschrecken. «Die Tagesstimmung fliesst automatisch ein», so die Künstlerin, die sich auch «Ada vo Züri» nennt. Wie kam sie zu diesem ‚Titel‘? «Mit fünf Jahren fragte mich jemand im Zug, wer ich denn sei, und ganz selbstverständlich sagte ich ‹d’Ada vo Züri› – und weil ich das immer noch bin, ist das nun auch mein Künstlername», so die Hönggerin, die am liebsten bei sich zuhause ausstellt: «Da ist man selbst der ‚Tätschmeister‘ und kann von A bis Z alles selber bestimmen.»

«Am Boden bleiben» ist wichtig

Ada Ravaioli arbeitet 30 Prozent als Musiktherapeutin und Betreuerin in einer stationären Drogentherapie: «Das ist der perfekte Ausgleich für mich. Ich neige dazu, den Bezug zur Realität zu verlieren, wenn ich mich nur mit der Kunst beschäftige. Ein zusätzlicher Beruf hält mich ‚am Boden‘, zudem bin ich so weniger einsam, als wenn ich tagein, tagaus alleine im Atelier bin.» Nicht selten kommen ihr kreative Einfälle während der Arbeit.
Wenn sie malt, so kann das zu jeder Tages- und Nachtzeit und unterschiedlich lange sein: «Wenn ich fünf, sechs Stunden am Stück male, dann schmerzt danach der Rücken und man hat einen ‚sturmen Grind‘, dafür ist man dann so schön im Mal-Fluss drin.»
Schon lange findet sie, dass der Kunstmarkt eine absurde Welt sei: «Ist es zu rechtfertigen, dass ein Bild 55 Millionen Franken kostet?», fragt sie und will mit ihrem gemalten Tagebuch, ihren 365 Bildern, alles Ölbilder auf Leinwand sowie teilweise Bleistiftzeichnungen in der Grösse von 30 auf 40 Zentimetern, einen Gegenpunkt setzen: «Das günstigste Bild kostet einen Franken, das teuerste 365 Franken. Ich habe die Preise willkürlich angesetzt: So kostet das Bild von Tag eins nicht einen Franken und das Bild von Tag 365 nicht 365 Franken. Jede Zahl von eins bis 365 ist somit einmal vertreten.» Gut die Hälfte der Bilder trägt einen Namen, bei den anderen sei ihr gerade nichts in den Sinn gekommen, so die Künstlerin mit einem Lachen und dem nächsten Bild unter dem Arm, das noch platziert werden will.

Ausstellung «Ada vo Züris Tagebuch»
Vernissage mit Apéro: Samstag, 24. Oktober, 14 bis 19 Uhr, um 16.30 Uhr Laudatio und kurze Lesung von Klaus Estermann. Öffnungszeiten: Sonntag, 25. Oktober, Samstag, 31. Oktober, und Sonntag, 1. November, jeweils von 14 bis 18 Uhr. Vorhaldenstrasse 23, 8049 Zürich. Weitere Informationen: www.adaravaioli.com, www.facebook.com unter «Ada vo Züri».

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