Für einen sozialen Ausgleich

Am 14. Juni 2015 kommen unter anderem einige Vorlagen zur Abstimmung, die den Kern unseres Gesellschaftsverständnisses tangieren.

Judith Stofer

Ist uns eine solidarische, auf Ausgleich bedachte Gesellschaft wichtiger oder setzen wir lieber auf die Mechanismen der Spekulation, deren Spielregeln von einigen wenigen beherrscht und angewandt werden? Setzen wir eher auf die etwas altmodisch angehauchten, langsameren Spielregeln des sozialen Ausgleichs oder auf das schnelle Spiel des «survival of the fittest»?

Stipendien, Erbschaften, Flüchtlinge und Wohnlage

Auf eidgenössischer Ebene kommen die Stipendieninitiative und die Erbschaftsteuerreform zur Abstimmung, auf kantonaler Ebene die Initiative «Keine Härtefallkommission für abgewiesene Asylbewerber und Personen mit ungeregeltem Aufenthaltsstatus» und auf städtischer Ebene der Objektkredit von rund 100 Millionen Franken für die Wohnsiedlung Hornbach im Seefeld.
Man kann sich auf den Standpunkt stellen, diese Vorlagen seien unnötig und deshalb abzulehnen. Der Zugang zur höheren Bildung an ETH, Universität, pädagogische Hochschule und Fachhochschule soll jenen vorbehalten bleiben, die es sich leisten können. Die Erbschaftssteuerreform ist abzulehnen, weil das zu vererbende Vermögen bereits versteuert wurde. Die Härtefallkommission des Kantons Zürich kann abgeschafft werden, weil abgewiesene Flüchtlinge unser Land eh so schnell wie möglich verlassen sollten. Auch die neu geplante Wohnsiedlung Hornbach braucht es nicht, weil es einer luxuriösen Verschwendung gleichkommt, wenn im Seefeld auch Wohnungen für «Normalverdienende», also für jene, die sich keine Mieten von 3000 Franken leisten können, gebaut werden.

Sozialer Ausgleich und Durchmischung

Man kann aber auch die andere Position einnehmen. Und der Stipendieninitiative zustimmen. Diese verlangt, dass das von Kanton zu Kanton unterschiedlich ausgestaltete Stipendienwesen harmonisiert. Mit den Ausbildungsbeiträgen soll es künftig möglich sein, dass die Studierenden damit die Lebenshaltungskosten oder einen guten Teil davon bestreiten können. Man kann aber auch der Erbschaftssteuerinitiative zustimmen und so für einen kleinen Ausgleich zwischen arm und reich sorgen. Die Initiative spricht dem Bund die Kompetenz zu, eine Erbschaftssteuer einzuführen. Erbschaften, die unter dem Freibetrag von zwei Millionen Franken liegen, sind von der Steuer befreit. Zudem soll für KMU eine Sonderlösung geschaffen werden. Zwei Drittel der Steuereinnahmen fliessen in die Kasse der AHV. Man kann die Initiative der SVP ablehnen, die verlangt, dass die Härtefallkommission des Kantons Zürich abgeschafft wird. Damit erhalten Flüchtlinge, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, eine letzte Möglichkeit, ihren Fall von einer Kommission beurteilen zu lassen. Und man kann dem Objektkredit für die Wohnsiedlung Hornbach im Seefeld zustimmen und mit dem Ja dafür sorgen, dass der Anteil der bezahlbaren Wohnungen in der Stadt steigt.
Sozialer Ausgleich und Gerechtigkeit stehen für mich an erster Stelle, dementsprechend werde ich abstimmen – und hoffe auf Mehrheiten.

Judith Stofer, Kantonsrätin AL, Zürich Kreis 10

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