Elektroauto ohne Kompromisse

Seit 2013 kann man mit dem Model S von Tesla ein Stück Auto-Zukunft fahren. Jetzt kommt das erste Facelifting der Elektro-Limousine auf den Markt. Ein Fahrbericht.

Tesla Model S P90D

Autos, die die Welt verändert haben, kann man an einer Hand abzählen. Ford Model T und VW Käfer etwa. Aber auch solche, die zumindest die Autoindustrie durchgeschüttelt haben, sind dünn gesät: Etwa der Lancia Lambda mit der ersten selbsttragenden Karosserie, oder der Willy’s Jeep, der erste Offroader, und natürlich der Citroën DS mit hydropneumatischer Federung und Kurvenlicht – sie alle haben schon ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. Und auch Toyotas Hybrid-Pionier Prius gibts schon seit fast 20 Jahren. Und heute? Heute gibt es den Tesla. Die Firma des Internet-Milliardärs Elon Musk hat sich nichts Geringeres als die Revolution der Mobilität auf die Fahne geschrieben. Und das ist nicht nur Zukunftsmusik. Das erste Grossserienmodell Model S surrt bereits seit 2013 über Europas Strassen, hat begeisterte Fans gefunden und bei den arrivierten Herstellern von Luxusautos Panik ausgelöst. Jetzt, kurz vor der Einführung des SUV Model X, hat Tesla der Limousine erstmals ein Facelifting gegönnt. Unter dem Blech haben die Amerikaner ihr Auto jedoch schon vorher laufend weiterentwickelt. Es kamen grössere Akkus und stärkere Elektromotoren auf den Markt, und per Software-Update wurde zum Beispiel die Autopilot-Funktion eingeführt.

Wie in der Achterbahn

Und nun sitze ich also hinter dem Steuer des Topmodells, des P90D mit einem Strich unter der Modellbezeichnung und atme tief durch. Der Strich bedeutet nämlich, dass das Auto die «Ludicrous-Beschleunigungs-Option» an Bord hat und somit in drei Sekunden von 0 auf 100 sprintet. Ich drücke das Gaspedal durch, und ohne Verzögerung sucht sich mein Magen einen neuen Platz in der Nähe der Wirbelsäule. Ein Gefühl, das man sonst höchstens von einer Achterbahn kennt. Angenehm ist das nicht, aber sehr eindrücklich. Gut, um an der Ampel teure Sportwagenfahrer zu ärgern oder nichtsahnenden Passagieren einen Schrecken einzujagen, aber sonst nicht wirklich nützlich. Was jedoch im Alltag auch nach zwei Wochen Test noch begeistert, ist die Ruhe und Mühelosigkeit, mit welcher der Tesla beschleunigt. Egal, ob man nun 30 oder 130 fährt. Überhaupt die Alltagstauglichkeit: Wegen geringen Reichweiten ist sie die Achillesferse der Elektromobile. Nicht bei Tesla. Dank eines gigantischen Batteriepakets im Unterboden kommt man mit dem P90D locker 400 Kilometer weit. In der Praxis wohlgemerkt, nicht unter Laborbedingungen. Dann muss der Tesla an die Steckdose. Wenn es sich dabei um einen Tesla Supercharger handelt, dann reicht eine halbe Stunde, um wieder dreihundert Kilometer Reichweite zu tanken. Superchargers sind prinzipiell gratis, und zwischen Skandinavien und Italien an den Hautverkehrsachsen verteilt. In der Schweiz gibt es momentan elf davon. Das reicht nicht, um immer gratis Strom zu tanken, ermöglicht es aber, jeden Ort in der Schweiz elektrisch zu erreichen. Umso besser, wenn ein Pass dazwischen liegt, auf dem der Tesla mit seinen 772 PS und dem erstaunlichen Fahrwerk trumpfen kann. Aber auch lange Autobahnetappen sind dank absolut fehlenden Motorgeräuschen, viel Platz und einer kompletten Komfortausstattung eine angenehme Sache. Der Autopilot, der selbständig die Spur wechselt, ist ein lustiger Gag, bringt aber in seiner jetzigen Evolutionsstufe noch nicht wirklich viel. Denn man muss nach wie vor auf den Verkehr achten und bereit sein, im Notfall einzugreifen. Mehr wert sind da der grosse Kofferraum und eine flache, breite Rückbank, die dafür sorgen, dass der Tesla absolut familienferientauglich ist.

Exklusives Vergnügen

Es gibt eigentlich nur etwas, das einen davon abhält, sofort zum Tesla-Händler zu rennen und einen zu bestellen: der Preis. Über 150‘000 Franken kostet das Testauto. Sehr viel Geld. Allerdings bezahlt man für einen ähnlich ausgestatteten Porsche Panamera, Audi S8 oder eine Mercedes S-Klasse nochmals deutlich mehr. Und gratis Tanken gehört bei keinem von denen zum Lieferumfang.

Technik
Tesla Model S P90D
Treibstoff: Strom
Leistung: 772 PS
Drehmoment: 967 Nm
Gewicht: 2120 kg
Normverbrauch: 24,2 kWh/100 km
Testverbrauch: 19,5 kWh/100 km
Testdistanz: 1205 Kilometer
Reichweite: 509 Kilometer
NCAP-Sterne: 5
Laderaumvolumen: 435 bis 1290 Liter
Grundpreis: 117 900 Franken
Testwagenpreis: 152 200 Franken
Garantieleistungen: vier Jahre, acht Jahre auf Batterie

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