Das Mammutprojekt Verkehrslärmsanierung und der Stadtkreis 10

An einer öffentlichen Informationsveranstaltung hat das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement der Stadt Zürich kürzlich über die technischen Hintergründe der aktuellen Verkehrslärmsanierung im Kreis 10 informiert.

Verhältnismässig wenige Quartierbewohner waren zur Informationsveranstaltung zum Thema Strassenlärm gekommen.

Obwohl das Thema brandaktuell ist und speziell über das Für und Wider von neuen Tempobeschränkungen auf den Strassen und den richtigen Schutz vor Verkehrslärm immer wieder heftig debattiert wird, waren am Informationsanlass des Tiefbaudepartements im reformierten Kirchgemeindehaus Wipkingen zahlreiche Stühle leer geblieben. Involvierte Fachpersonen verschiedener Sparten waren eigens in den Kreis 10 gekommen, um darüber zu informieren, wie die Lärmkarten – sie bilden die Grundlage der nun geplanten Massnahmen gegen den Lärm – erstellt wurden und welche Wege es gibt, um die Quartierbevölkerung vor den akustischen Auswirkungen des Strassenverkehrs zu schützen. «Ich möchte darauf hinweisen, dass dies hier nur eine Informationsveranstaltung ist. Die konkreten Massnahmen, die geplant sind, werden vom 6. Juni an im Tiefbaudepartement ausgehängt sein, und es kann dann nach Paragraf 16 Einsprache erhoben werden, falls dies jemand für nötig erachtet», schickte der Tiefbauamts-Vertreter Rolf Kaspar den Ausführungen seiner Kolleginnen und Kollegen voraus.

Dreierlei Werte machen eine Einstufung des Verkehrslärms möglich

Annette Dalcher von der Rechtsabteilung des Tiefbauamtes erklärte, dass man nicht einfach nach eigenem Gutdünken vorgehe, sondern sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen halte. «Am wichtigsten für uns sind die Immissionsgrenzwerte», erklärte die ausgebildete Rechtsanwältin und fügte an, dass bis zum 31. März 2018 die Sanierungen abgeschlossen sein müssten. Saniert werden müsse überall dort, wo die Grenzwerte überschritten seien und eine Beruhigung technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar sei. Die Anwesenden erfuhren, dass es beim Strassenlärm einen sogenannten Planungswert, einen Immissionsgrenzwert und einen Alarmwert gibt. Wo genau diese Werte angesiedelt sind, ist gemäss Annette Dalcher von der Zonenzuordnung abhängig, wobei eine Einteilung in vier Empfindlichkeitsstufen existiert: Wohnzonen sind zum Beispiel lärmempfindlicher als Gewerbezonen. «Die Stadt Zürich ist bei der Analyse kreisweise vorgegangen», sagte die Juristin abschliessend und verwies auf die Publikation der Verkehrsvorschriften und Lärmsanierungsprojekte, die im «Tagblatt der Stadt Zürich» sowie im Internet erfolgt.

In Zürich müssen 230 Kilometer Strasse lärmsaniert werden

Mit eindrücklichen Zahlen aufwarten konnte im weiteren Verlauf der Veranstaltung Andreas Klöser, der das Lärmschutzprojekt beim Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich, kurz UGZ, begleitet. Nachdem der Spezialist auf den Unterschied zwischen Emission, hergeleitet von «Aussenden», und Immission, also Lärmbelastung am Objekt, eingegangen war, machte er die Dimensionen des laufenden Projekts und der zugrundeliegenden Lärmproblematik deutlich. «Wir haben in der Stadt Zürich ein Strassennetz von 740 Kilometern Länge, wobei auf einer Strecke von etwa 200 Kilometern der Immissionsgrenzwert, kurz IGW, und auf ungefähr 30 Kilometern sogar der Alarmwert überschritten ist», gab Klöser zu bedenken. Alle Strassenabschnitte, bei denen der Lärm über dem IGW liege, müssten saniert werden. Die einfachste Art, den Lärm zu reduzieren, sei eine Verringerung der Fahrgeschwindigkeit. «Tempo 30 bedeutet eine Lärmreduktion um drei Dezibel. Unser Gehör nimmt dies als Halbierung der Fahrzeugmenge wahr», so der Experte. Nur dort, wo eine Geschwindigkeitsverringerung nicht möglich sei, kämen in der Stadt Massnahmen zum Zug, die den Schall auf seinem Ausbreitungsweg bekämpfen – etwa Lärmschutzwände oder Lärmschutzfenster. In Höngg seien an der Emil-Klöti-Strasse, auf drei Teilabschnitten der Winzerstrasse sowie an der Regensdorferstrasse Lärmschutzwände projektiert. Der Meierhofplatz ist von der Planung ausgeschlossen, weil dort noch andere Projekte am Laufen sind.

Zuhörer reagieren mit Unverständnis

Nachdem Olof Kühnholz von der mit der Lärmermittlung beauftragten Firma Pöyry Schweiz AG die Grundlagen der Lärmberechnung mittels 3D-Stadtmodell erklärt und Stefanie Rüttener vom UGZ die Beiträge der Stadt Zürich an die Kosten von Schallschutzfenstern erläutert hatte, ging der Anlass mit einer Fragerunde zu Ende. Mehrere Zuhörer bemängelten, dass der tatsächliche Lärm, dem ihre Liegenschaft ausgesetzt sei, nicht gemessen werde und dass die Berechnung des Lärms ihrer Ansicht nach wenig mit der Realität zu tun habe. Die anwesenden Fachpersonen sagten dazu, dass Messungen und Berechnungen in der Regel gut übereinstimmen würden. Flächendeckende Messungen wären sehr teuer und das Gesetz setze deshalb eine Berechnung mit einer Messung gleich. Bezüglich der Geschwindigkeitsreduktionen auf den Strassen fragte ein Anwesender, wieso im Bereich der ETH Hönggerberg eine Strecke von 60 auf 50 Stundenkilometer heruntergestuft wurde, obwohl seiner Ansicht nach keinerlei Liegenschaften von Lärmimissionen betroffen seien. Die Antwort lautete, dies könne im Einzelfall auch mit Sicherheitsüberlegungen zu tun haben, und innerorts sehe die eidgenössische Signalisationsverordnung im Regelfall maximal 50 km/h vor. Und man wolle die 60er-Strecken in der Stadt ohnehin abschaffen, weil die Tempoabstufung zu gering sei. Diese Aussage erntete Proteste im Saal.

Publikation der Verkehrsvorschriften im Internet: www.stadt-zuerich.ch/planauflagen

0 Kommentare


Themen entdecken