Buchtipp: Immer ist alles schön

Anais liebt ihre Mutter, sie liebt ihren Bruder Bruno und insgeheim auch Peter aus der Schule.

Die Mutter sagt, das Leben sei eine Wucht, und dass sie gerne noch ein Glas Wein hätte. Denn es hält ihren Sehnsüchten nicht stand, das Leben, und die Männer halten ihrer Liebe nicht stand. Das Tanzen, das sie liebt, ist zum Tanz an der Stange vor den Männern geworden. Es ist nicht einfach, so ein Leben zu leben, sagt die Mutter, darum will sie noch ein Glas. Anais und Bruno versuchen sich und die Mutter zu schützen vor der Aussenwelt, die in Gestalt von Mutters Männern mit Haaren auf der Brust in der Küche steht. Oder in der Gestalt von Peter, der ihre Wohnung seltsam findet und nichts anfangen kann mit den tausend, auf der Strasse zusammen gesammelten Dingen. In Gestalt eines Mannes vom Jugendamt, der viele Fragen stellt, sich Notizen macht, der Anais und Bruno betrachtet wie zu erforschendes Material, und in Gestalt einer Nachbarin, die im Treppenhaus lauscht. Je mehr diese Aussenwelt in ihre eigene eindringt, desto mehr ziehen sich die Kinder in ihre Fantasie zurück. «Immer ist alles schön» ist ein komisch-trauriger Roman, der mit leisem Humor eine eindrückliche Geschichte erzählt: Von scheiternder Lebensfreude in einer geordneten Welt und davon, wie zwei Kinder versuchen, ihre eigene Logik dagegenzusetzen. Mit Anais und Bruno fügt Julia Weber der Literatur ein zutiefst berührendes Geschwisterpaar hinzu.

Julia Weber wurde 1983 in Moshi (Tansania) geboren und wuchs ab 1985 mit ihrer Familie in Höngg auf. Nach Berufslehre und Matura studierte sie 2009 bis 2012 literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. 2012 hat sie den Literaturdienst gegründet, www.literaturdienst.ch, wo man sie plus Schreibmaschine auch mieten kann. Dann kommt sie und schreibt auf, was sie sieht. Julia Weber ist Mitbegründerin der Kunstaktionsgruppe «Literatur für das, was passiert».

«Immer ist alles schön», Roman. Limmat-Verlag. ISBN-Nr. 978-3-85791-823-3. 28 Franken. Erhältlich im «Höngger» Infozentrum, Meierhofplatz 2, 8049 Zürich. Lesung im Canto Verde am Donnerstag, 1. Juni.

0 Kommentare


Themen entdecken