Atomstrom vor dem wirtschaftlichen Untergang

Der technische Fortschritt bei den erneuerbaren Energien macht Atomstrom finanziell zunehmend unattraktiv und wird zu dessen Verdrängung führen. Wie lange werden «atomstrom-nahe» Politiker und Lobbyisten die Modernisierung bremsen?

Daniel Häuptli, GLP Kreis 6 und 10

Der Ausstieg aus der Atomkraft wurde vor kurzem noch als linkes Geschwätz abgetan. Mittlerweile sprechen auch Vertreter aus der Wirtschaft davon. In einer Studie der US-Bank Citigroup mit der Überschrift «New Nuclear – The Economics Say No» sind Finanzspezialisten zum Schluss gekommen, dass Nuklear-Investitionen unrentabel sind. Das finanzielle Risiko aus einem Super-Gau musste dabei gar nicht erst in den Analysen berücksichtigt werden, um zu diesem Schluss zu kommen. Auch bestehende Schweizer Atomkraftwerke sind gemäss den Betreibern im jetzigen Preisumfeld mit jeder produzierten Kilowattstunde defizitär. Bekanntlich sind zwar weder die Preise des Solarstroms noch diejenigen des Atomstroms von marktverzerrenden Subventionen befreit. Beim Solarstrom haben die Subventionen jedoch immerhin zu einem starken Innovationsschub geführt. Die Produktionskosten für Solarpanelen sind in den letzten sechs Jahren um mehr als 75 Prozent zurückgegangen und widerspiegeln den grossen technischen Fortschritt. Der technische Fortschritt wird bald ermöglichen, dass Solarstrom auch ohne Subventionen wettbewerbsfähiger sein wird als Atomstrom.
Die aktuellen finanziellen Sorgen der hiesigen AKW-Betreiber sind der Anfang dessen, was der bekannte Ökonom Joseph Schumpeter mit «kreativer Zerstörung» durch Innovation umschrieb: Innovation führt zur Verdrängung und Zerstörung alter Strukturen. Bei der Stromproduktion hat die ökologische Modernisierung längst begonnen und wir werden bald sauberer und vor allem günstiger Strom produzieren können als mit Atomkraftwerken. Typischerweise stehen einer solchen ökologischen Modernisierung jedoch institutionelle Hindernisse im Weg. Im Falle der Atomkraft sind es Politiker, Lobbyisten und Branchenvertreter in Kombination mit einem nicht freien Markt, welche am Alten festhalten und die Modernisierung bremsen. Die Frage lautet nicht ob, sondern wann den Kernkraftwerken der Stecker gezogen wird. In diesem Sinne ist die Abstimmung vom 5. Juni über den «Ausstieg der Stadt Zürich aus der Kernenergie» als einer der ersten Versuche zu werten, sich von den verlustträchtigen Beteiligungen an Kernkraftwerken zu lösen. Die Stadt Zürich wird in Zukunft nicht die einzige Eigentümerin sein mit diesem Versuch. Angesichts der zu tiefen Rückstellungen für die Altlasten von Kernkraftwerken wird es höchstwahrscheinlich eine laute Debatte geben, welche öffentliche Institution die Kosten für den zu billigen Atomstrom der letzten Jahrzehnte bezahlen muss.

Eingesandt von Daniel Häuptli, GLP

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