50 Jahre und noch voll im Schuss

Auf den Tag genau 50 Jahre nach dessen Einweihung wurde im reformierten Kirchgemeindehaus Jubiläum gefeiert. Wie es überhaupt zu diesem Haus der Begegnung kam, erzählte Peter Kraft im Rahmen der Feier.

Luftaufnahme August 1953: die grosse Wiese, rot eingekreist, nahe am Zentrum, eine gute Standortwahl damals wie heute.

Gross war die Aufmerksamkeit im voll besetzten grossen Saal des Kirchgemeindehauses, als Kirchenpfleger und Liegenschaftenverwalter Peter Kraft ans Rednerpult trat. Er erzählte die mit feinen Randbemerkungen gespickte Entstehungsgeschichte, die zurückreicht in den Mai 1933, wo in einem Protokoll der Kirchenpfl ege zu lesen ist, dass ein «Bedürfnis nach weiteren kirchlichen Räumlichkeiten bestehe» – und also machte man sich an die Vorarbeiten.

Von Stolpersteinen zum Aufrichtebaum

1944 wurde ein erstes Landstück beurkundet. Bald schon musste man davon aber einen Streifen von sieben Metern an die Stadt abtreten, weil diese die neue Ackersteinstrasse baute. Somit war das Grundstück bereits wieder zu klein und musste durch einen weiteren Landkauf 1953 vergrössert werden. 78 Franken kostete damals ein Quadratmeter – das scheint heute, bei Landpreisen von 1300 Franken und mehr, günstig, dennoch mahnte der evangelisch-reformierte Stadtverband zur Zurückhaltung und erinnerte zudem daran, dass zuerst noch Oberengstringen, das damals noch zur Kirchgemeinde Höngg zählte, Vorrang beim Bau eines eigenen Kirchgemeindehauses habe. Doch ab Januar 1954 ging es zügig voran: Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben, acht Projekte eingereicht und jenes der Architekten Schwarzenbach, Maurer und Nabold bereits im Juni des selben Jahres als Sieger erkoren. Der Jury gefiel die aufgelockerte Bebauung mit Rücksicht auf die umliegenden Wohnhäuser, der offene Hof mit Sicht auf die Stadt und vor allem die differenzierte Gestaltung mit einfachen Mitteln. Die Kirchgemeindeversammlung genehmigte im März 1956 die Projektpläne und einen Kredit von 1,79 Millionen Franken. Doch kurz vor Baustart verhinderte 1957 eine Kapitalmarktkrise den Beginn und verschob ihn ins Ungewisse. Dank dem Entgegenkommen der Zentralkirchenpflege konnte es im Mai 1958 dann aber doch losgehen. Ein Blick ins Bauprogramm zeigt, dass auch damals verstanden wurde, zügig und doch qualitativ zu bauen, denn bereits am 21. November wurde Aufrichte gefeiert, bis Frühjahr 1959 erfolgte der Innenausbau und eben am 1. November, dem Reformationssonntag, wurde das Haus feierlich eingeweiht.

Erhalten heisst erneuern

«Aus meiner Sicht», sagte Peter Kraft in seiner Jubiläumsrede, «kann ich den Architekten nur posthum gratulieren: Das Konzept hat gehalten, was es versprach und auch heute wirkt das Haus nicht überholt und fügt sich nach wie vor in die Kernzone Hönggs gut ein.» Natürlich musste das Haus den Bedürfnissen der Zeit baulich angepasst werden. So wurden etwa ein Lift und eine Lüftungsanlage eingebaut. Die Küche wurde 2006 vergrössert und hat sich just bewährt, als das Wohnheim Frankental sechs Monate lang in Folge des eigenen Umbaus nicht über eine Küche verfügte und täglich im Kirchgemeindehaus kochte. Die grösste Sanierung in all den Jahren erfuhr aber das sogenannte Schulgebäude mit der Sigristenwohnung: Deren Boden, die Decke zum darunter liegenden Schulzimmer, senkte sich über die Jahre beinahe zehn Zentimeter ab – alle Jahre war der Gipser zu Gast beim Sigristen, um die Risse in den Wänden zu kaschieren. Ein Stahlträger behob das Problem 2003 dauerhaft.

Würdig gefeiert

Nun, vergangenen Sonntag, gedachte man dieser Geschichten, der Geschichte eines Hauses im Zentrum von Höngg, das über die Jahre mehr wurde als «nur» ein Kirchgemeindehaus: Seine vielen Räumlichkeiten, darunter einer der grössten Säle Hönggs, in dem verschiedenste Aktivitäten stattfinden, machten es zu einem beliebten Begegnungszentrum für zahlreiche Vereine und Veranstalter – weit über die reformierte Gemeinde hinaus. Der Gottesdienst wurde musikalisch von Kirchenchor, Orgel und Musikern begleitet, welche zusammen Stücke aus der «Gospel Mass» von Robert Ray präsentierten. Zum Apéro und Mittagessen danach lud die Kirchgemeinde gleich alle Gäste ein. Die Tische waren festlich gedeckt und alle Plätze besetzt. Peter Krafts Schlussworte, «freuen wir uns auf die nächsten 50 Jahre», lösten da und dort Heiterkeit aus, was ihn dazu veranlasste, seinen Satz zu präzisieren: Er wisse, sagte er, dass bei Menschen die Rechnung 50 plus 50 etwas gewagt sei, aber bei einem solchen Haus gehe er, als Architekt, noch immer von einer Lebensdauer von mehr als 100 Jahren aus: sein Wort in Gottes Ohr.

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